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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Polizei reden. Hab’s versprochen. Er hat mich
telefonieren lassen.«
    »Wo bist du?«
    »Krankenhaus.«
    »Gib her!«
    Hase sah nach oben in die Augen des
Mannes. Die Hand nahm ihm den Hörer weg.
    »Kommissar Nogees.«
    Ein feiner Bursche. Vernünftig. Kein
sturer Hund.
    Der Kommissar hatte den Hörer am Ohr.
Er sah aus dem Fenster, aber sein Gesicht war gespannt. Jakob hörte die
scharfen Worte des Chefs, er verstand sie nicht.
    Barbara. Vielleicht hab’ ich mich
geirrt und kann sie weiterlieben. Aber wenn Fuchs,...
    Der Meister sprach lange. Der Kommissar
fragte nichts. Die beiden würden ein gutes Gespann abgeben.
    Plötzlich war der Hörer wieder vor
seinem Gesicht.
    »Sie sollen ran!«
    Der Feigling nickte ihm dankbar zu.
»Ja?«
    »Soll ich erst alles in der Zeitung
lesen? Warum ruft keiner an?«
    »Die Sache ist geplatzt, Meister. Die
anderen waren schon da. Fuchs hat sie erledigt. Walter und Sebastian sind
ausgeschieden. Mich haben sie ins Spital geschleift.«
    »Wo ist Fuchs?«
    Hase umklammerte den Hörer. Der Schweiß
lief dran herunter.
    »Ich... ich hab’ gedacht, die... kleine
Bärbel... die wäre von der anderen Fakultät... ich hab’ den Kleinen
hingeschickt... er soll sie... zu Walter bringen... und zu Seb...«
    »Du bist ein Riesenidiot!« schrie der
Meister mit einer Stimme, wie sie Jakob noch niemals gehört hatte. »Seid ihr
engagiert, um zu denken! Wo ist sie?«
    »In meiner Wohnung«, sagte Jakob. Vor
seinen Augen fielen Schneeflocken, weich, zart, immer dichter. »Er wartet dort
auf sie.«
    »In deiner Wohnung! Wie habt ihr euch
das vorgestellt? Sollen wir sie nachträglich bei uns aufnehmen, wenn sie dort
gefunden wird?«
    Der Feigling konnte nicht antworten. Es
war auch nicht nötig.
    »Jakob«, sagte der Meister leise.
»Gnade dir Gott, wenn ich das nicht noch ausbügeln kann!«
    Er war weg. Alles war weg.
    Der Kommissar sah, daß der Verwundete
nicht mehr sprach. Der Hörer lag auf der Decke. Das Gesicht war genauso weiß
wie der Verband am Hals.
    Der Feigling lag ohne Bewußtsein.
     
    *
     
    Der kleine Fuchs rauchte. Im
allgemeinen konnte er nicht klagen über sein Nervensystem. Aber ein bißchen
Erholung brauchte er jetzt. Diese Nacht und das, was noch bevorstand... Neben
ihm, auf dem Schreibtisch von Jakob, klingelte das Telefon. Zum vierten oder
fünften Male. Er hob nicht ab.
    Diese Wohnung war leer.
    Er dachte an Jakob. Hoffentlich war er
nicht verblutet da draußen. Ziemlich hohe Verluste. Aber sicher hatte sich die
ganze Gegend nach der Schießerei alsbald dort versammelt, und außerdem hatte er
von einer Zelle aus das Rote Kreuz alarmiert. Große Augen würden die machen,
wenn sie die Bescherung sahen. Und irgendwo saß der Chef und wartete und
fluchte und konnte der Zentrale nichts melden. Es war nicht zu ändern.
    Das Mädchen.
    Es mußte sein. Jakob hatte recht. Nur
Barbara konnte die Landpartie verpfiffen haben. Nur sie. Jakob war
reingeflogen. Pech, jedem hätte das passieren können. Ihm selbst auch. Und
Willy war schließlich auch in irgendeine Falle gerannt, Willy, von dem sie es am
allerwenigsten gedacht hatten. So war die ganze Geschichte noch einigermaßen
erfolgreich gewesen, trotz Walter und Sebastian. Die Herren von der anderen
Fakultät lagen auf der Wiese oder schon im Leichenschauhaus, sie konnten nichts
mehr tun für ihren Paradiesstaat. Schöne Pleite, wenn sie durchgekommen wären.
    Blieb nur das Mädchen. Vielleicht hatte
sie gelacht, aber sie würde aufhören, ganz bestimmt würde sie aufhören damit.
Er faßte nach dem Messer in seiner Tasche. Es war ein gefährliches Ding. Eine
Klinge mit einem glatten Metallgriff, die blitzartig herausschnellte. Er konnte
damit umgehen, auf Hautnähe und auf ein paar Meter. Die Knarre hatte er im
Mantel, draußen auf dem Flur, sie war zu laut, außerdem konnte das Mädchen sie
sehen unter der Achsel. Das Messer war richtig. Mund zuhalten und fertig.
    Fuchs sah auf die Uhr. Konnte langsam
kommen, die Kleine. Es mußte bald erledigt sein. Das verfluchte Telefon machte
ihn kribbelig.
    Er merkte, wie müde er war.
    Was mochte aus Sebastians Wagen
geworden sein? Auch weg wahrscheinlich. Totalschaden. Es war hohe Zeit, daß die
ganze Geschichte ein Ende hatte. Man war nicht mehr der Jüngste. Im Krieg muß
man jung sein, hatte Walter Schulz immer gesagt. Er hatte es hinter sich, der
alte Poet. Krieg! Was sie hier machten, war Krieg, aber ein schmutziger, ohne
Orden und Rangabzeichen. Ach, man müßte wieder am Wannsee

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