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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Seite.
    Der kleine Fuchs war schon bei ihnen.
    Der erste hatte die Schlüssel nicht.
Die vielen Taschen, es dauerte endlos. Wie sollte man die Hände beruhigen, die
eben noch ruhig gewesen waren? Drinnen lagen seine Freunde. Gib die Schlüssel
her, toter Mann, was willst du noch damit, Himmel, Arsch und Zwirn.
    Der zweite hatte sie.
    Wie bei uns, dachte Fuchs, als er auf
das Haus zulief, sie arbeiten wie wir, na klar, alle Geheimdienste der Welt
scheinen nach den gleichen Systemen zu arbeiten. Er lud zweimal durch, ließ die
Patronen in die Hand fallen, nahm ein neues Magazin. Sechs Schuß waren raus,
neue mußten rein.
    Dann war er am Haus und schloß auf.
    Die Tür flog zurück unter seinem
Fußtritt. Er warf sich nach vorn. Seine Ellenbogen schlugen hart auf den
Holzboden. Er rollte sich nach links, zweimal um die eigene Achse. Seine
Stablampe fuhr grell durch den Raum. Nichts war da außer den drei Körpern.
    Er kniete neben Carls und Walter
Schulz.
    Kein Puls. Nichts mehr. Kein
Frühschoppen.
    Der kleine Fuchs wollte weinen, aber er
vergaß es. Jakob Hase stöhnte.
    Er drehte ihn auf den Rücken, heraus
aus der Blutlache.
    Gott sei Dank. Jakob lebte. Wenigstens
einer. Er, Fuchs, war nicht ganz allein in diesem Haus und auf dieser Welt.
    Der Feigling hatte drei Einschüsse,
alle links oben. Einer durch den Hals, Weichteile, nur die Vene zerfetzt
offenbar, nicht die Schlagader. Der zweite saß in der Schulter, der dritte
etwas tiefer. Er konnte die Lunge erwischt haben.
    Der Kleine holte alle Verbandspäckchen
zusammen, seine, die von Jakob, die von den Toten. Sie gaben sie sicher gern.
Er knöpfte auf, vorsichtig, wickelte, es schlug durch die Gaze, aber es schien
zu versiegen. Der Puls ging schnell und flach, allzuviel hatte das Herz nicht
mehr zu pumpen. Noch machte es mit.
    Der Feigling blinzelte.
    Fuchs klopfte sanft an seine Hüfte.
»Wie ist es, alter Sack?«
    Hase atmete schwer. Er hustete ein
bißchen. Es kam kein Blut zwischen den Lippen heraus. Vielleicht doch nicht die
Lunge. Die Stimme des Verwundeten kroch am Boden entlang. »Was ist mit...
Walter und...?«
    »Aus.«
    »Wo sind die anderen?«
    »Bei Lenin.«
    Hase schloß die Augen. »Es ist schiefgegangen.«
    »Sieht so aus.«
    »Es hat uns einer verpfiffen,
Füchslein. Ich weiß auch, wer.«
    »Red nicht so viel.«
    Hase sah ihn wieder an. »Das ist
wichtig«, sagte er. »Das war die Barbara. Du mußt sie umbringen. Hörst du? Du
mußt.«
    »Ich höre«, sagte Fuchs. »Bloß nicht
aufregen.«
    »Es ist kein Quatsch, Füchslein«, sagte
der Feigling mühsam.
    »Vorhin, als es losknallte, da wußte
ich es. Sie haben sie gestartet auf mich, verstehst du? Vor der Uni, da war
sie. Zweimal... zweimal hat sie ihr Verzeichnis fallen lassen... dann hat sie
auf Liebe gemacht... hör zu... hat mich hochbringen wollen mit dem Heiraten und
mit dem Jens in der Kneipe. Du hast es doch gesehen.«
    »Ich hab’s gesehen.«
    »Sie hat in meiner Wohnung
rumgeschnüffelt, hat das Kreuz gefunden. Ich Idiot. Ich dummer Idiot.«
    »Mach dir nichts draus.«
    Der Feigling sprach weiter, als hätte
er nichts gehört. »Sie hat rumgeschnüffelt nach euren Telefonnummern,
Füchslein. Sie war bei Zahmeis und bei Meise. Der Chef hat es mir gesagt. Dann
ist sie wiedergekommen, gleich nach der Keilerei, wieder auf Liebe. Hat wissen
wollen, was mit unserem Ausflug ist. Wollte alles rauskriegen aus mir, alles.
Ich hatte sie in Verdacht, es kam mir komisch vor, aber der Meister hat es mir
ausgeredet, er hat gesagt, sie wäre harmlos, ganz harmlos, er wäre sicher.«
    Er sprach schneller, er fürchtete,
nicht fertig zu werden.
    Fuchs sah ihm scharf ins Gesicht, mit
finsteren Augen.
    »Er hat sich geirrt, Füchslein. Auch er
kann sich irren. Ich weiß es.«
    Hase griff nach Fuchsens Hand, es
machte ihm Anstrengung, aber er hielt sie fest. Auf seiner Stirn glitzerte
Schweiß. »Walter und Sebastian sind tot«, sagte er. »Ich hab’ unser Unternehmen
aufs Spiel gesetzt, Füchslein. Alles versaut! Alles meine Schuld. Du mußt sie
umbringen! Versprich es mir. Ich würde es machen, wenn ich noch könnte. Ich
kann nicht. Vielleicht kratze ich auch ab, es wäre gut. Du mußt! Sie darf nicht
leben und rumlaufen und über uns lachen. Sie macht so weiter, sie geht zum
nächsten. Sie soll nicht, hörst du! Du mußt!«
    »Ich mache es«, sagte Fuchs.
    Der Feigling atmete tief. Wieder schloß
er die Augen. Er ließ die Hand los.
    »Ich mach’s«, sagte Fuchs.
    Die Stimme war ganz

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