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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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2010.
    Literaturempfehlungen
    Boon, S., Steele, K., & Van der Hart, O. (2011); Van der Hart, O., Nijenhuis, E. R. S., & Steele, K. (2006); Van der Hart, O., Nijenhuis, E. R. S., & Steele, K. (2010)

15. Psychotherapeutin Renate Stachetzki berichtet über Frau K.
    Anmerkung MH: Um das Interview mit Frau K. und auch die Ausschnitte aus der Live-Arbeit mit ihr besser einordnen zu können, habe ich ihre stationäre Psychotherapeutin, Renate Stachetzki, gebeten, mit Frau Ks Einverständnis und ihren wirklich großartigen illustrativen Bildern – herzlichen Dank an Frau K.! – einen Kurzbericht für das Buch zur Verfügung zu stellen. Hier ist er:
    15.1 Die Geschichte von Frau K.
    Kindheit
    Frau K. wuchs unter schwierigen familiären Bedingungen mit einem Zwillingsbruder und fünf älteren Halbgeschwistern bei einer alleinerziehenden Mutter auf. Sie fühlte sich von dieser oft für das Familienschicksal verantwortlich gemacht und bestraft und hatte eine enge Bindung an den Zwillingsbruder. Eine einjährige Trennungszeit von ihm im Vorschulalter erlebte sie als traumatisch und reagierte mit schwerer Erkrankung.
    Bereits zu dieser Zeit war ein hilfreicher Innenanteil entstanden in Form eines damals noch kindhaft ausgestalteten Indianers, der das kleine Mädchen trösten und in eine visionäre Welt entführen konnte. Dieser innere Helfer besteht bis heute und kümmert sich um die verängstigten Innenkinder und berät in reiferer erwachsenerer Form die heutige Erwachsene.
    Aufgrund ihrer Geburt als Kinder ohne ehelichen Vater habe man sie, in einer ländlichen Gemeinde im Norden der ehemaligen DDR aufgewachsen, als „Bastarde“ bezeichnet und Frau K. war als Kind sehr bemüht, unauffällig, angepasst und freundlich zu sein. Vor dem Hintergrund eines damals schon entstehenden Selbstbildes, weniger wert zu sein als andere, sei es ihr auch immer sehr schwergefallen, Kontakt zu anderen Gleichaltrigen zu haben, und sie blieb eng an den Zwillingsbruder gebunden. So hatte ab dem zehnten Lebensjahr ein Lehrer leichtes Spiel, der seine sexuellen Übergriffe als Belohnung und Schutz bezeichnete. Dies hatte sie zwar verwirrt, sie konnte sich jedoch nicht widersetzen.

    Abbildung 12: „Rubbish Feeling“
    Veränderungen ab dem zwölften Lebensjahr
    Ab dem zwölften Lebensjahr kippte auch die bis dahin vertrauensvolle und körperlich enge Beziehung zum Bruder und er wurde ebenfalls sexuell gewalttätig. Offenkundig selbst zunächst irritiert über den Wechsel der Beziehungsebene, veränderte der Bruder das Beziehungsgefüge radikal und begegnete ihr ab da nur noch auf erniedrigende und sadistisch quälende Weise und sexuell gewalttätig. Dies führte später auch dazu, dass er mit anderen Männern gemeinsam Täter wurde. Ab dem zwölften Lebensjahr habe sie sich verändert, habe versucht, genau der „Bastard“ zu sein, als den man sie ohnehin bezeichnete, und das Liebenswürdige abzulegen. Damit kam es zu heftigen inneren Kämpfen (s. Abb. 13 und 14).

    Abbildung 13: „Bastard“

    Abbildung 14
    Nach der Schulzeit
    Eine aufgeschlossene, wissbegierige und lernwillige Seite blieb jedoch in Frau K. bestehen, die trotz aller Schwierigkeiten die Schule gut abschließen konnte. Da sie sich jedoch immer geweigert hatte, der SED beizutreten, habe sie Schwierigkeiten mit der Stasi gehabt. Sie wurde mehrfach verhört und terrorisiert und es sei ihr nicht gestattet worden, das von ihr angestrebte Studium zu beginnen. Sie begann dann eine Lehre zur technischen Zeichnerin, arrangierte sich mit den Gegebenheiten dieses Berufes und übt ihn bis heute aus. Für Frau K. war zunächst kaum verständlich, dass sie sich, trotz eines selbstständigen Lebens fern von ihrer Herkunftsfamilie, dieser fast bedingungslos verbunden und zu Gehorsam verpflichtet fühlte. Die sexuelle Gewalt durch den Bruder und andere Männer fand fortgesetzt regelmäßig statt, bis über das 30. Lebensjahr hinaus. Noch nach einer Klinikbehandlung suchte der Bruder sie auf und versuchte sie unter Faustschlägen einzuschüchtern und zum Schweigen innerhalb der Therapie zu verpflichten.

    Abbildung 15: „Judgement“
    Krankheitsgeschichte
    Die Krankheitsgeschichte von Frau K. durchlief viele Stationen und Diagnosen über Borderline, Angststörungen, Schizophrenie (wegen der inneren Stimmen) sowie Depression. Neben einem schon lange vorliegenden Asthma bronchiale und einer Neurodermitis wurde eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert, die rasch ein schwerwiegendes Krankheitsbild

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