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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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Blicken dargeboten zu werden.
    Die stationäre Behandlung geht weiter
    Etwa ein Jahr später fand der nächste stationäre psychotherapeutische Behandlungsschritt statt, bei dem gezielter und weitergehender mit den bekannten Innenanteilen geschaut werden konnte, wie das jeweilige Geschehen gesteuert wurde; auch der Anteil „Bastard“ konnte besser einbezogen werden. Der Aufnahme war ein Familienfest vorangegangen, bei dem sie wieder „folgsam“ den Kontaktangeboten ihres Zwillingsbruders und eines anderen Mannes gefolgt war und auch eine Besuchsankündigung hier in der Klinik hatte sie nicht abweisen können. In dieser Situation entstand in der Gestaltungstherapie das Bild einer Figur, die in verschiedene Richtungen zeigt und zielt (Abb. 23).

    Abbildung 23
    Auf diesem Bild wurde sehr gut deutlich, wie zerrissen sie sich innerlich fühlte von den Anforderungen unterschiedlicher Anteile und welche inneren Kämpfe den jeweiligen Entscheidungen vorangingen. Auch in dieser Behandlungsphase war eine vorübergehende Verlegung in die Hautklinik erforderlich geworden, bei der sie sich aufgrund schwerster Hautreaktionen wieder als „interessantes Forschungsobjekt“ erlebte. Alle Laborparameter befanden sich jedoch im höchst kritischen Bereich und die Psychotherapie wurde zu einer Gratwanderung zwischen Überleben-Können, Überleben-Dürfen und Zerstörung. Die schwere Symptomatik der Autoimmunerkrankung wurde zunehmend auch als ein selbstverletzendes Verhalten „von innen“ verstehbar, da früher praktizierte Formen wie Schneiden und mit dem Kopf an die Wand zu schlagen über Therapieverträge ausgeschlossen worden waren. Doch diese Gewaltfreiheit wurde noch nicht von allen Innenanteilen mitgetragen.

    Abbildung 24
    Nachdem sich über die Symptomzuspitzungen der Anteil „Bastard“ in all seiner Macht deutlicher zeigte und sich unter anderem mit „Nackenschlägen“ „einmischte“ (Abb. 24), gelang es auch besser, mit ihm in Kontakt und Verhandlungen zu treten. Er gab zu erkennen, dass er die ansonsten unerträglich schmerzhafte Trennung vom Zwillingsbruder, als die Beziehung anfing gewalttätig zu werden, dadurch habe abmildern können, dass er den Zwillingsbruder „im Innen“ ersetzt hätte. Dies jedoch mit all seinen auch sadistischen und gewalttätigen Aspekten; und vor allem habe er einen Satz des Bruders übernommen, nämlich: „Du gehörst mir!“ Dadurch habe er bislang auch Beziehung zu anderen Menschen und anhaltende Freundschaften weitgehend verhindern können. Es konnte zum Abschluss dieser Behandlungseinheit noch ausgehandelt werden, dass zunächst eine bessere Abgrenzung von der Herkunftsfamilie unbedingt erforderlich war, um dem Innensystem mit vielen jüngeren und verängstigten Anteilen mehr Sicherheit zu geben und vor allem die klare „Entscheidung zum Leben“ auch umzusetzen und sich nicht (mehr) wie „Müll“ zu fühlen.
    Frau K. hat zwischen den stationären Abschnitten jeweils ambulant weiter gearbeitet, es dabei jedoch leider als nicht gut möglich empfunden, die Arbeitsweise der beiden Behandlerinnen in Einklang zu bringen. So war das dazwischen liegende Jahr bis zur Wiederaufnahme zum vierten Behandlungsabschnitt teilweise eher ein Abwarten gewesen, mit einem weiteren schweren Krankheitsschub und zuletzt massiver Überforderungssituation. Sie musste täglich in der Hautklinik zwei bis drei Stunden behandelt werden und im Anschluss daran noch den Anforderungen ihrer Vollzeitarbeitsstelle als technische Zeichnerin nachkommen. Das alles auszubalancieren war für sie sehr schwer (Abb. 25).

    Abbildung 25
    Entsprechend schwer erschöpft trat sie einen vierten Behandlungsabschnitt an und eines der ersten in dieser Zeit entstandenen Bilder (nachts, im Zimmer gemalt) zeigte die beiden Zwillinge, die sich gegenseitig mit Pistolen in Schach halten (siehe  Abb. 36 ). Dadurch wurde deutlicher, dass dieser zentrale Punkt der fast lebensbedrohlichen Bindung an den Zwillingsbruder weiter im Fokus stehen musste.
    Dieser vierte stationäre Behandlungsabschnitt brachte wesentliche und spürbare weitere Entwicklungen. Die verschiedenen Innenanteile zeigten sich deutlicher und klarer, die Kartensammlung zur inneren Landkarte wurde modifiziert und ergänzt. Es durften sich jetzt noch mehrere Anteile zeigen, die sich ebenfalls den früheren Tätern näher fühlten oder zumindest loyal oder neutral und Richter- oder Helferaufgaben für den „Bastard“ und die Umsetzung der von ihm verlangten Normen

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