Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)
noch gerecht werden zu wollen;
von den inneren Auseinandersetzungen, jedem da innen verständlich zu machen, dass er / sie nicht 24 Stunden beanspruchen kann, sondern teilen lernen muss;
und auch davon, ein für alle erträgliches Miteinander im Innen zu schaffen, alle ins Boot zu holen und von der Wichtigkeit einer Demokratie zu überzeugen;
vom Ringen um Hoffnung und gegen Perspektivlosigkeit.
MH: Was hilft euch, wenn ihr diese inneren Auseinandersetzungen verstehen wollt?
Frau K.: Es hilft,
die Zusammenhänge, Hintergründe und das Woher dieses verrückten Systems erklärt zu bekommen;
ernst genommen zu werden, vertrauen zu können (Menschen im Außen);
innerlich gegenseitigen Respekt anzustreben;
dass in der Therapie jeder – ob gut oder böse – willkommen geheißen wird, keiner muss wegbleiben oder wird ausgestoßen;
diejenigen, die gesehen und gehört werden wollen, zu Wort kommen zu lassen;
möglichst alle zu ermutigen, sich zu beteiligen (das geht ohne therapeutische Hilfe nicht);
ein runder Tisch – kein wildes Durcheinander und kein „Nur der Schnelle hat eine Chance“;
Tagebuch, Bilder malen (lassen);
eine Therapeutin als Begleitung und Unterstützung, zu der man unbedingtes Vertrauen aufbauen kann bzw. konnte.
MH: Was möchtet ihr anderen Menschen sagen, die sich auch mit so heftigen inneren Kämpfen beschäftigen müssen?
Frau K.: Nicht aufgeben! Weder sich noch die Hoffnung. Das klingt vielleicht platt, ist aber lebenswichtig. Ein Spruch durfte bei uns mit Einverständnis aller aufgehängt werden: „Höre nie auf anzufangen! Fange nie an aufzuhören!“ Das ist Ermutigung für die Willigen, die andern fühlen sich davon nicht angegriffen.
Hilfe suchen und wagen, sie anzunehmen. Aber genau prüfen, ob die Person auch wirklich versteht, worum es geht, das erspart viel Enttäuschung und Chaos. Die – wenn auch mitunter lange – Suche nach guten Therapeuten und / oder Kliniken lohnt sich trotzdem, denn es gibt sie. Ich hab solche gefunden.
Nichts erzwingen wollen im Prozess, sich und allen Zeit lassen.
Verträge können helfen.
MH: Was wünscht ihr euch von den helfenden äußeren Personen?
Frau K.: Bitte kein „Reißen Sie sich zusammen, Frau K.“!
Vertrauen nicht missbrauchen oder leichtfertig damit umgehen;
ernst genommen werden, verstehen wollen (nichts ist schlimmer als das Gefühl, zu viel zu sein bzw. zu nerven);
gegenseitiger Respekt;
von ihnen aufmerksam gemacht werden auf das, was grad passiert oder passiert ist. Aber Vorsicht: Das darf nur eine absolute Vertrauensperson!
Ehrlichkeit, auch mal Mut, zu sagen: „Ich weiß es nicht“ oder: „Das versteh ich nicht“, kein auswendig gelerntes, lösungsorientiertes Geblubber;
Hilfestellung, um eventuell neue Abwehrmechanismen zu erlernen, zur Spannungsregulierung und Ressourcenverstärkung. Ich meine wirkliche Begleitung beim Erlernen dessen, was Leben heißt.
Anerkennung dessen, was schon gut läuft, damit man nicht nur auf das fixiert ist, was noch nicht funktioniert.
MH: Möchtet ihr noch etwas hinzufügen?
Frau K.: Es vergingen verschiedene Klinikaufenthalte (seit 2000), Diagnosen (Schizophrenie, paranoide Angststörung) wurden gestellt und wieder verändert. Jahrelang wurden starke Psychopharmaka verabreicht, bis ich 2009 in Bad Mergentheim zum ersten Mal das Gefühl hatte, dem wirklichen Grund für all die verstörenden Dinge in meinem Kopf und meinem Empfinden nahezukommen, was sich dann im Intervall zwischen den Behandlungen bestätigt hat. Damit ging zwar ein anderes Chaos los, aber es ist, als hätte sich über allem eine Spannung gelöst, die schier unerträglich zu werden und im Suizid zu enden drohte.
Interview 5: „Die Bilder waren vor den Worten da“
Ein Gespräch mit der Psychologin und Kunsttherapeutin Renate Stachetzki
Michaela Huber: Renate, du arbeitest seit vielen Jahren als Stationspsychologin, inzwischen in leitender Funktion. Und ich kenne kaum jemanden, der so wie du als psychologische Psychotherapeutin ganz stark auf die Arbeit mit kunsttherapeutischen Methoden setzt. Warum tust du das?
Renate Stachetzki: Weil ich es aus eigener Anschauung ein wunderbares Mittel finde, sich selbst kennenzulernen. Ich habe neben meinen Ausbildungen als psychologische Psychotherapeutin, die tiefenpsychologisch und traumaadaptiert ausgerichtet waren, vor über 20 Jahren noch eine Ausbildung zur klinischen Kunst- und Gestaltungstherapeutin gemacht. Und diese Ausbildung enthielt unter anderem viel
Weitere Kostenlose Bücher