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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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Selbsterfahrung über den eigenen bildhaften Ausdruck. Das gefiel mir schon sehr und vor allem beeindruckt mich die Erfahrung, was während der Gestaltungsprozesse innerlich geschieht. Es war wie ein Eintauchen in eine Welt, zu der ich lange keinen Zugang hatte. Ich konnte mich zum Teil wie ein Kind über meine Bilder freuen, erlebte aber auch, wie störanfällig das Malen war, wenn es um Konflikthaftes ging.
    MH: Da erging es dir wie vielen von uns Profis: Wir wenden das gern an, das wir selbst „getestet und für gut befunden“ haben?
    RS: Genau. Seitdem habe ich auch mit meinen PatientInnen die Erfahrung gemacht, dass das Einbeziehen von Bildern und Gestaltungsprozessen unsere gemeinsamen Möglichkeiten deutlich erweitert. Gleichzeitig wird die therapeutische Beziehung oftmals entlastet, da über gemeinsames Fantasieren über die Bilder oder auch über ein gemeinsames Lachen über gekonnt humorvolle Darstellungen die oft vorhandene Grundschwere der Arbeit etwas abgemildert werden kann. Außerdem habe ich festgestellt, dass eigentlich alle Traumatisierten über das Kreative gut erreichbar sind und in diesem Bereich Ressourcen haben. Das Malen war oft schon früh für sie eine Ausdrucksmöglichkeit für Dinge, für die es keine Worte gab und die kaum in Worte zu fassen sind.
    MH: Wie unterscheidet sich deiner Beobachtung nach die psychotherapeutische Arbeit mit oder ohne kunsttherapeutische Mittel?
    RS: Ohne kunsttherapeutische Mittel arbeite ich mittlerweile gar nicht mehr, in irgendeiner Form beziehe ich sie immer mit ein. Dies kann – was ich derzeit optimal finde – so geschehen, dass ich die PatientInnen einzeltherapeutisch behandle und sie bei mir in einer kunsttherapeutischen Gruppe sind. Sie können aber auch außerhalb der Therapiestunden Gestaltetes mitbringen. Letzteres wäre dann auf jedes therapeutische Setting zu übertragen. Gemalt werden kann eigentlich immer und überall. In unserer Klinik fördern wir das noch dadurch, dass außerhalb der therapeutischen Gruppenzeiten abends und an den Wochenenden der Gestaltungsraum für „freies Gestalten“ zur Verfügung steht.
    MH: Habt ihr nicht die Befürchtung, dass die PatientInnen sich während des Malens oder Gestaltens – selbst in Begleitung – in traumatischen Szenen „verlieren“ könnten?
    RS: Auch wenn die Bilder traumaassoziierte oder täterintrojekt-bezogene Inhalte haben: Traumatherapie mithilfe und begleitet von Bildern hat immer etwas Kreatives, Farbiges, Angereichertes. Sich solche Inhalte zunächst auf der Bildebene anzuschauen ist allemal leichter, als sie sich im direkten Gespräch mitzuteilen. Wir können dann beide miteinander auf das vor uns liegende Bild als etwas „Drittes“ schauen und haben damit von vorneherein eine Beobachterposition, was ich vor dem gemeinsamen Betrachten auch explizit vorschlage. Wir haben auch Möglichkeiten des Probehandelns, die ich auf rein verbaler Ebene so nicht habe. Wir können Bilder verschieben, umdrehen, unter- oder übereinanderlegen, abdecken, näher zueinander oder weiter voneinander weg legen und so weiter. Inzwischen nehme ich auch den Einstieg für traumaexponierende Einheiten regelhaft über Bilder, da sie direkt in das traumaassoziierte Belastungsmaterial hineinführen und – wenn es gleichzeitig entsprechend hilfreiche Bilder gibt – auch wieder heraus. Mir persönlich fällt die Begleitung der PatientIn über Bilder, die ich auch vor mir liegen habe, leichter als über imaginative Elemente, die diese Funktion natürlich auch erfüllen können.
    MH: Noch einmal: Viele KollegInnen zögern, PatientInnen zum Malen oder Gestalten einzuladen, weil sie fürchten, diese würden dann vor allem schlimme Dinge, etwa traumatische Szenen, malen. Was sagst du dazu?
    RS: Das Zögern halte ich für berechtigt und wir sollten die PatientIn auch nicht auffordern, unkontrolliert alles innere Material auf die Bildebene zu übersetzen. Ich spreche mit meinen PatientInnen in der Regel sehr genau ab, was gestaltet werden soll, passend zum therapeutischen Prozess, also z. B. Bilder, die eine innere Landkarte besser verstehbar machen, oder Bilder, die eine therapeutische Stunde im Hinblick auf das Hin- und Hergehen zwischen Ressourcen- und Belastungsmaterial strukturieren helfen. Natürlich geschieht es immer wieder, dass den PatientInnen das Malen „entgleitet“ und neben dem bewussten Vorhaben etwas ganz anderes entsteht. Dies ist sogar fast regelhaft der Fall. Ich biete dann immer an, dieses so

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