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Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)

Titel: Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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Mütter.
    Sexualisiert misshandelnde Mütter
    Ein Schlaglicht auf das Thema warf die ARD-Sendung „Mama hör auf damit“, eine Reportage über sexuelle Gewalt durch Mütter von Stephanie Linke im ARD-Abendprogramm (2012). Hier einige Aussagen aus der Sendung, die ich bemerkenswert fand („Andrea“ und „Axel“ – so wurden sie in der Sendung genannt – sind zwei heute Erwachsene, die über ihre Erfahrungen berichten):
    Andrea: „ Meine Mutter hat immer gesagt: Alle Männer sind schlecht – sie wollen nur das eine, wollen dir nur ein Kind andrehen.“ [Anm. MH: „Andreas“ Vater machte sich schon vor ihrer Geburt aus dem Staub.]
    Axel: „Meine Mutter war auch eine liebe Mutter, fürsorglich, mit Geburtstagstorte etc. ... Dann hat sie komplett das Gesicht gewechselt, mich angeschrien ... Das war nicht stabil.“
    Axel selbst hat dann im Kindergarten anderen Kindern „an die Scham gefasst“ und war verwirrt, weil das dort als etwas Schlimmes betrachtet wurde, während es daheim vollkommen normal war. Beide, Axel und Andrea, betonen: Die Gewalt der Mütter hat sich gesteigert.
    Axel: „Im Alter von acht hat sie mich dann gezwungen, sie zu befriedigen, und zwar mit Schlägen gezwungen, ich wollte das nicht.“ Überrascht war er immer wieder von den Wechseln der Zustände bei der Mutter: „Die Mutter ist ein anderes Wesen geworden ... Es war eine Spaltung in zwei Welten: Die böse Mutter – die gute Mutter, ich musste immer umschalten.“
    Beide Betroffenen betonen auch, dass die Mütter an ihnen wiederholten, was sie selbst erlebt und erlitten hatten.
    Axel: „Sie hat gesagt, sie musste das bei ihrer Mutter auch tun.“
    Beide Kinder gaben sich die Schuld, weil sie die Nähe zur Mutter wollten.
    Axel berichtet, dass ihn auch die Großmutter (Mutter der Mutter) missbraucht hat. „Dann war das ganz komisch: Da hat die Mutter meine Partei ergriffen und die Oma bedroht. Es war ein ständiger Wechsel bei ihr zwischen Täter- und Opferidentifikation.“
    Aus den Schilderungen der beiden heute Erwachsenen ergibt sich, dass sie ihre Situation bis zum Auszug aus dem Elternhaus für aussichtlos, ihre Gegenwehr für zwecklos gehalten haben.
    Andrea: „Ich wollte, dass sie mich totschlägt, damit ich nicht bei ihr bleiben muss. Ab 16 habe ich zurückgeschlagen. Und dann wusste ich, ich muss gehen, sonst hätte ich sie noch umgebracht.“
    Axel hat viele Jahre Psychotherapie hinter sich, nachdem – als seine eigenen Kinder klein waren – ihm vermehrt Erinnerungen an die fast vollständig dissoziierten Ereignisse kamen. Er wollte ein guter Vater sein und hat sich offensiv auch mit seinen Eltern über das Thema auseinandergesetzt. Inzwischen hat er sich vollständig von seinen Eltern zurückgezogen, weil auch der Vater nicht zu ihm, sondern stets zur Mutter gehalten hat (die im Übrigen die sexualisierten Misshandlungen gar nicht leugnet, sie allerdings bagatellisiert – ebenso wie der Vater).
    Andrea hat heute noch Kontakt zur Mutter und zahlreiche körperliche und seelische Probleme. Ein großes Problem ist ihr Ekel, auch ihr Selbsthass. Ein besonderes Problem von Frauen, die von der Mutter als Mädchen missbraucht wurden, ist nämlich: Je älter sie werden, desto ähnlicher sehen sie ihren Müttern. Viele weibliche Opfer von Misshandlungen durch die Mutter, auch Andrea, finden das besonders schlimm.
    Beide Mütter benahmen sich wie „typische“ Täter, die Kinder quälen. Sie
hatten Zugriff auf das Kind,
machten es sich gefügig,
umwarben es,
begannen mit „leichteren“ Übergriffen (Streicheln etc.),
steigerten ihre Übergriffe immer mehr ins Aggressive, benutzten dabei immer mehr Zwang,
trieben es schließlich so weit, dass sie dem Kind das Gefühl gaben, es könne von ihnen vernichtet, also getötet werden.
    Wie die meisten Sexualtäter luden auch sie den Hass, den sie auf ihre eigenen übergriffigen Eltern empfanden, auf ihr Kind. Beide Kinder fühlten genau, dass die sexuellen Übergriffe nichts mit Liebe zu tun hatten. Beide empfanden und empfinden bis heute enormen Ekel, dass sie zu den Handlungen gezwungen wurden.
    Die Erfahrung vieler Kinder, dass ihre Mutter verschiedene Selbst-Zustände hat, beschreibt auch die die Journalistin Ingrid Müller-Münch in ihrem sorgfältig recherchierten Buch „Die geprügelte Generation“ (2012). Unter anderem zitiert sie Monika, eine von ihr interviewte Frau Ende 50: „Monika hatte als Kind immer die Vorstellung, zwei Mütter zu haben ... ‚Die eine Mutter,

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