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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Muslim. Bis zum Bürgerkrieg waren die einigermaßen weltlich eingestellt und nahmen den Koran nicht sehr ernst. Das änderte sich erst, als diese arabischen Gotteskrieger kamen. Viele von ihnen sind geblieben und haben geheiratet. Sie wollen Bosnien liebend gern in einen islamischen Staat verwandeln. Aber nicht Markos Vater. Er mag Dänemark, Bier und Slibowitz. Bosnische Muslims sind ziemlich liberal. In Kopenhagen findest du sicher mehr verschleierte Frauen als in Sarajewo.«
    »Gut. Und?«
    Sie gab ihm das dritte Foto. Es war unverkennbar Marko, aber er sah ganz anders aus. Er geht eine verkehrsreiche Straße entlang und trägt eine Dschellaba, und eine dunkle Sonnenbrille. Zwei, drei Schritte hinter ihm folgt eine Frau. Sie sieht schlank und ziemlich jugendlich aus, aber das ist schwer auszumachen. Ihr Haar ist bedeckt und der Körper von einem weiten Umhang verhüllt.
    »Dieses Foto ist kürzlich in London aufgenommen worden. Ich hatte die Kollegen in London gebeten, ein Auge auf ihn zu haben. Interessanterweise hat Marko in London eine Wohnung und ist mit einer Frau verheiratet, die übrigens auch Aischa heißt. Sie leben streng nach dem Koran. Sie sprechen arabisch miteinander. Aischa stammt aus Palästina. Ihr Bruder hat vor vier Jahren ein Selbstmordattentat verübt und gilt jetzt als Märtyrer. Sie wurde vor drei Jahren mit Marko verheiratet, da war sie siebzehn. In den islamistischen Kreisen Londons ist Marko ein geachteter Mann. Er unterrichtet in verschiedenen Moscheen und wirbt, glaube ich, junge frustrierte Männer an, die in der, wie sie finden, rassistischen Gesellschaft keine Chance für sich sehen. In London heißt er nicht Marko, sondern Mohammed Atlev, das ist sein alter Kriegsname aus Afghanistan.«
    »Sehr interessant.«
    »Wird noch besser.« Sie reichte ihm ein paar Seiten.
    »Du brauchst das nicht zu lesen«, sagte sie beruhigend. »Es ist der Abhörbericht der Briten. Das Gespräch wurde aus einer Telefonzelle in der Nähe seines Hauses geführt. Seine Beschatter haben bemerkt, daß er die Zelle öfter benutzt, und haben sie angezapft. Hör zu!«
    Aischa drückte auf die Starttaste des Aufnahmegeräts. Die Tonqualität war nicht die beste. Es hörte sich an, als telefonierte sein Gesprächspartner mit einem Handy. Toftlund konnte erkennen, daß sie sich auf arabisch unterhielten, aber sonst verstand er nur Bahnhof. Irgendwann wurde der andere lauter, er schien wütend zu sein. Aischa drückte auf Pause und sagte: »Sie sprechen über eine Honiglieferung. Klingt alles sehr harmlos, es sei denn, man ersetzt das Wort Honig durch Waffen oder Sprengstoff. Markos Arabisch ist echt gut. Nur hier und da stockt es ein bißchen. Der andere spricht fließend Arabisch. Ein sehr klassisches Arabisch, ich kann nicht heraushören, woher er kommt. Aber wie gesagt, alles sehr harmlos und geschäftsmäßig. Allerdings kommen auch ein paar Sätze des Inhalts vor, daß man ein guter Muslim sein kann, auch wenn man die Gebote des Korans nicht immer befolgt. Weil Allah demjenigen vergibt, der reinen Herzens ist. Es wirkt zwar, als sprächen sie über einen Dritten, aber ich glaube, damit ist Marko gemeint. Irgendwann wird Markos Gesprächspartner ziemlich böse. Er hat Marko zuvor kritisiert, weil der nicht dafür gesorgt hat, daß die erwähnte Honiglieferung rechtzeitig bei ihren gemeinsamen Freunden angelangt ist. Marko entschuldigt sich und sagt, es wird nicht wieder vorkommen, Wali al-ahd « .
    » Wali wie bitte?«
    » Wali al-ahd bedeutet ›Der Thronfolger‹. Der Mann reagiert heftig und sagt, das Wort dürfe er am Telefon nie wieder benutzen.«
    »Der Thronfolger!«
    »Ja, aber wessen Thronfolger? Einiges deutet darauf hin, daß Freund Marko für al-Qaida arbeitet und deshalb ein Doppelleben führt. Ein weltliches Leben als Geschäftsmann im friedlichen Dänemark. Die perfekte Tarnung. Und das richtige Leben in London, von dem er sich Vergebung für sein sündiges Leben in Kopenhagen erhofft.«
    »Also ist Marko ein Maulwurf. Wie im kalten Krieg. Eingeschleust, um zu spionieren oder Dänemark als Ausgangspunkt für den heiligen Krieg in Osamas Namen zu gebrauchen. Fabelhaft, Aischa.«
    »Warte, da ist noch mehr«, sagte sie. »Ich habe das Band nicht übersetzt. Muß einer eurer Externen gewesen sein. An einer Stelle habe ich die Übersetzung nicht verstanden, also habe ich die Kassette angefordert, und da bin ich über etwas gestolpert, das nicht übersetzt wurde.« Sie spulte vor, schaute auf den

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