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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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der Sache nichts zu tun hatte, obwohl er zugleich davon überzeugt war, daß er von den gesetzwidrigen Geschäften der Freunde wußte. Anders konnte es nicht sein. Aber er hatte weggeschaut und sich rausgehalten.
    Marko zündete sich eine neue Zigarette an. Toftlund entschloß sich, die bisherigen Spielchen zu lassen und zum Kern der Sache zu kommen. Denn wenn Marko jetzt aufstand und ging, konnten sie ihn kaum zurückhalten. Natürlich konnten sie ihn festnehmen lassen, aber um ihn in U-Haft zu nehmen, war ihre Ausbeute zu mager, wenn er einen einigermaßen kompetenten Anwalt hatte. Jedenfalls nicht hier und heute. Und wenn er nach einer Beschuldigung erst das Weite suchte, wäre er nach Toftlunds Einschätzung schnell über alle Berge und würde sich nach London oder wahrscheinlicher noch nach Syrien oder Saudi-Arabien absetzen.
    Toftlund lehnte sich zurück und faltete seine Hände im Nacken. Als wäre es nur eine entspannte Unterhaltung am Cafétisch mit einem guten Freund, der von einer kürzlich unternommenen Reise erzählen wollte. Marko richtete sich auf. Er war ein wenig in sich zusammengesunken und nahm jetzt den letzten Schluck aus seinem Becher. Toftlund nickte ihm zu, als er nach der Kanne griff und sich wieder einschenkte. Er schüttete zwei Tütchen Zucker in seinen Kaffee, rührte um, trank und lehnte sich zurück. Er schaute auf seine Uhr. Anscheinend hatte er die Ruhe und Selbstsicherheit wiedergewonnen, die er schon bei seiner Ankunft zur Schau getragen hatte.
    »Ich habe noch einen Termin. Also …?«
    »Sie können jederzeit gehen.«
    »Okay.«
    »Aber nun haben Sie sich eben nachgeschenkt, vielleicht darf ich Ihnen dann doch noch eine Frage stellen, bis Sie ausgetrunken haben.«
    »Wenn’s schnell geht.«
    »Kommt natürlich drauf an …«
    »Auf was?«
    »Auf Ihre Antwort.«
    »Was wollen Sie denn wissen?«
    Der Panzer war dünn, dachte Toftlund und fragte: »Sind Sie ein guter Muslim, Marko?«
    »Wie bitte? Was ist das denn für ’ne Frage? Sind Sie ein guter Christ?«
    »Nee.«
    »Darf ich fragen, was Sie das angeht, ob ich religiös bin oder nicht, he? Das ist ja fast Rassismus, das hier!«
    »Sie sind oft in London, nicht wahr?«
    Marko war erregt, aber er riß sich zusammen und antwortete, als spräche er mit einem begriffsstutzigen Kind.
    »Ja. Ich bin oft in London. Ich habe geschäftlich viel in London zu tun.«
    »Sind Sie auf Ihren Reisen nach London zufällig schon einmal einem Menschen namens Mohammed Atlev begegnet?«
    Bingo. Die Pupillen reagierten, er konnte nichts dagegen tun, und die Hand, die die Zigarette hielt, zitterte ein wenig. Marko drückte sie hastig aus. Seine Stimme war heiser. Er konnte seine Rage nur schwer überspielen.
    »Ich habe nichts mehr zu sagen. Ich gehe jetzt.«
    »Atlev ist ein interessanter Herr. Er ist offensichtlich in einem Übungslager in Afghanistan gewesen, als diese Dunkelmänner von Taliban am Ruder waren. Bis sie von den Amis einen Tritt in den Arsch gekriegt haben. Er ist anders als du, Marko. Oder? Atlev ist verheiratet und läuft in arabischen Klamotten herum und ist Stammgast in der Moschee. Du doch nicht, oder?«
    »Wie gesagt, ich habe nichts mehr zu sagen. Ich kenne keinen Mohammed Atlev.«
    »Ach, nein? Aber Atlev kennt einen Mann, den du vielleicht auch kennst. Er nennt sich ›Der Thronfolger‹. Auf arabisch heißt es wohl – und ich bitte meine Aussprache zu entschuldigen – Wali al-ahd. «
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Und ich kann kein Arabisch.«
    »Komisch. Atlev hat mit dem Thronfolger telefoniert. Auf arabisch.«
    »Kann jeder behaupten. Ich habe keinen blassen Schimmer, wovon Sie reden. Fragen Sie doch diesen mysteriösen Mohammed.«
    »Gute Idee. Werde ich tun. Und übrigens: Ich behaupte es nicht. Ich weiß es.«
    » Good for you. «
    »Atlev ist ein richtig guter Muslim«, sagte Toftlund. »Er befolgt die Gebote des Korans. Im Gegensatz zu dir. Du spielst den Playboy mit schnellen Drinks und flotten Damen und bist ein gern gesehener Gast beim Jetset in der Stadt. Nicht wahr? Atlev ist ganz anders. Führt ein völlig anderes Leben als du, Marko. Oder nicht? Haben wir es etwa mit einem Menschen zu tun, der zwei Leben lebt? Und warum tut ein Mensch das? Im kalten Krieg haben wir solche Typen ›Maulwürfe‹ genannt.«
    Come on, Aischa, dachte Toftlund, dein Auftritt! Das Stichwort ist gefallen. Leg los, Mädchen! Er fürchtete schon, sie sei plötzlich nervös oder nicht ausgeschlafen genug, um ihre verabredete

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