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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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kann Ihnen welche holen lassen.«
    »Nein, danke. Zucker ist wunderbar.« Marko schüttete ein Tütchen in seinen Becher und rührte mit ruhigen Bewegungen um. Falls er nervös war, konnte er es gut verbergen. Seine Hände zitterten nicht im geringsten, am Haaransatz war keinerlei Schweiß zu sehen, und die Augen flackerten nicht. Sein Dänisch war praktisch ohne Akzent. Nur einige Betonungsfehler verrieten, daß es nicht seine Muttersprache war.
    Toftlund drückte die Aufnahmetaste und sagte: »Zeit: 10.40 Uhr. Ort: Polizeipräsidium Kopenhagen. Anwesend sind Marko Cemal, der sich bereit erklärt hat, bezüglich der Festnahme von Suleiman und Bülent Erkaban auszusagen. Ebenfalls anwesend sind die Kriminalkommissare Brian Gislev und Aischa bint Hussein und ich, Kriminaldirektor Per Toftlund.«
    Er wartete auf eine Reaktion, aber es kam keine. Marko drehte sich fast träge um und machte zunächst eine Kopfbewegung in Richtung Aischa, dann nickte er Brian zu. Aischa stand hinter ihm, er konnte sie nicht sehen. Sie hielt eine gelbe Mappe in der Hand. Toftlund stellte das Aufnahmegerät auf den Tisch, so daß das Mikro auf Marko zeigte, und fragte: »Sie sind Marko Cemal, Eigentümer eines Import-Export-Geschäfts, dänischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Kopenhagen?«
    »Korrekt.«
    »Sie kennen Suleiman und Bülent Erkaban?«
    »Korrekt.«
    »Kennen Sie sie gut?«
    »Ich kenne sie praktisch seit eh und je. Bülent ist einer meiner besten Freunde. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Ich glaube nicht, daß sie das getan haben, was Sie ihnen vorwerfen. Es scheint mir reine Schikane zu sein. Nur weil sie Einwanderer sind. Sie arbeiten hart und haben in Dänemark ihr gutes Auskommen, und das ist nicht so einfach, wenn man Ausländer ist, möchte ich nur mal anmerken.«
    »Sicher nicht, aber wir haben in einer Garage eine große Lieferung Haschisch mit ihren Fingerabdrücken gefunden, und wir haben andere eindeutige Indizien. Deshalb hat der Richter Untersuchungshaft verfügt, Marko. Nicht weil sie Einwanderer sind.«
    »Wenn Sie meinen.«
    »Allerdings meine ich das.«
    »Ich glaube nicht daran. Sie sind ehrliche und fleißige Menschen.«
    »Nicht mal ein bißchen Schwindel mit der Mehrwertsteuer? Oder unzureichend deklarierter Import von Limonade für den Kiosk, hmm?«
    Marko lachte. Es war ein kurzes, heiseres Lachen, aber es wirkte ehrlich.
    »Meine Güte, Toftlund«, sagte er, »das weiß ich nicht, aber wenn Sie auf so was aus sind, müssen Sie die Hälfte der dänischen Bevölkerung einsperren. Denn es gibt eine Sache, die man als Neubürger in diesem Land sehr schnell kapiert, daß nämlich die Prozentrechnung nicht zu den Stärken der Dänen gehört. Herrgott noch mal!«
    »Darauf sind wir nicht aus.«
    »Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Es sind ehrliche und fleißige Menschen, und ich bin stolz darauf, daß sie meine Freunde sind.«
    »Haben Sie Geschäfte mit ihnen gemacht?«
    »Das ist ein paar Jahre her. Wir haben uns im Import echter Orientteppiche versucht, aber das klappte nicht so recht. Sonst sind wir einfach Freunde. Und ich bin Patenonkel von einem von Bülents Kindern.«
    »Sie leben gut, nicht?«
    »Sie arbeiten hart.«
    »Und Sie, Marko, Sie leben auch gut.«
    »Ich arbeite auch hart.«
    Toftlund lehnte sich zurück und betrachtete ihn. Marko saß ruhig auf seinem Stuhl und umfaßte den Kaffeebecher mit beiden Händen. Gislev scharrte mit den Füßen, und außer dem leisen Summen des Kassettengeräts hörte man auch Aischas Atemzüge. Sie war gespannter, als sie zeigen wollte. Sie sah Toftlund an und blickte dann auf Markos Nacken hinunter. Sie wirkte ruhig und ausgeglichen und hatte einen konzentrierten Blick. Sie ist bei der Sache, dachte Toftlund. Sie ist aufmerksam. Das ist gut und notwendig.
    »Und was arbeiten Sie?« fragte Toftlund, als er die Pause genug in die Länge gezogen hatte.
    »Ich bin Honighändler. Internationaler Honighändler, der fast auf der ganzen Welt kauft und verkauft, aber vor allem im Nahen Osten. Sie müssen wissen, Honig ist in den arabischen Ländern sehr gefragt, und Dänemark produziert hervorragenden Honig, aber viele Menschen, die heute in Dänemark leben, wollen trotzdem gern den Honig aus ihren alten Heimatländern essen. Ich importiere und exportiere Honig. Das ist meine Arbeit.«
    »Und das läuft gut?«
    »Sie können es gerne bei der Handelsverwaltung nachprüfen, dann werden Sie sehen, daß meine Geschäfte in der Tat glänzend laufen.«
    »Das

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