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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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machen Sie also. Sie kaufen und verkaufen Honig.«
    »Korrekt.«
    »Man kann im Honig auch das ein oder andere schmuggeln, nicht wahr?«
    »Was wollen Sie denn damit sagen?«
    »Na ja, eine klebrige, dickflüssige Masse …«
    »Ich mag Ihre Andeutungen nicht. Und Ihren Ton auch nicht.«
    »Das brauchen Sie auch nicht. Ich stelle nur ein paar Fragen.«
    »Ich dachte, Sie hätten mich eingeladen, damit ich Ihnen etwas über meine Freunde erzähle. Und das geht sehr schnell. Es sind ehrliche und fleißige Leute, und Sie befinden sich in einer Sackgasse. Es sind gute Menschen.«
    Markos Stimme klang nach wie vor ruhig, aber Toftlund hatte den Eindruck, daß etwas in den dunklen, schmalen Augen vor sich ging. Es war so etwas wie Wut darin zu erkennen, die, wie Toftlund hoffte, in ihm brannte und die er mit seinem feinen Anzug und der sorgfältig gebundenen Krawatte unter allen Umständen unter Kontrolle zu halten versuchte. Diese Wut mußte herausgekitzelt werden. Toftlund mußte versuchen, die passenden Worte zu finden.
    Er beugte sich vor, blickte ihm in die Augen und fragte: »Marko, wissen Sie, was ein Hawaladar ist?«
    Sein Blick flackerte, nur einen Moment, aber Toftlund spürte die erste Unsicherheit.
    »Darf man rauchen?«
    »Bitte sehr.«
    Marko angelte sich eine Packung Zigaretten und ein altes Einwegfeuerzeug aus der Tasche, steckte sich eine an, inhalierte tief und blies den Rauch aus. Toftlund ließ ihn noch ein paar Sekunden schmoren, dann stellte er die Frage erneut.
    »Natürlich weiß ich das«, sagte Marko. »Ein Hawaladar ist jemand, der eine Art Einmannbank führt. Eine vollkommen legale Beschäftigung.«
    »Sie wissen es, weil Sie selber ein Hawaladar sind, nicht wahr?«
    »Ich war der Meinung, dies sei ein freundliches Gespräch. Aber es erinnert mich eher an ein Verhör. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß ich freiwillig hier bin.«
    »Wofür wir auch außerordentlich dankbar sind, Marko. Aber das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Ja, ich habe das eine oder andere Hawalar-Geschäft gemacht. Das ist korrekt. Aber es ist nicht meine Haupttätigkeit. Ich helfe nur, wo ich kann. Es ist nicht immer leicht, Neubürger in diesem Land zu sein.«
    »So, so. Aber Ihre Tätigkeit ist bei den Steuerbehörden nicht registriert.«
    Nun erschienen die ersten Schweißperlen auf seiner Stirn. Er zog heftig an seiner Zigarette, seine Augen flackerten, der Blick suchte ein Ziel irgendwo links unten. Vermutlich begriff er langsam, daß Toftlund wußte, daß er log.
    »Dazu möchte ich mich nicht weiter äußern. Nicht ohne meinen Anwalt.«
    »Na, klar. Das ist ohnehin ziemlich bedeutungslos. Es würde sich höchstens um eine Nachzahlung und eine Geldstrafe handeln. Nichts Besonderes …«
    »Das ist eine andere Firma. Die ist in Dänemark überhaupt nicht eingetragen.«
    »Eine Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung. Damit können wir alle leben. Es sei denn …«
    »Es sei denn was?«
    »… Ihre Hawalar-Tätigkeiten finanzieren den Drogenhandel. Dann reden wir nicht mehr über eine Geldstrafe, Marko.«
    »Das ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Wollen Sie behaupten, ich finanziere Bülent …?«
    »Tun Sie das denn?«
    »Natürlich nicht! Wie oft soll ich denn noch sagen, daß Bülent mein Freund ist, daß er ein ehrlicher Mann ist und daß wir keine gemeinsamen Geschäfte machen?«
    »Sie sind oft auf Reisen.«
    »Ich bin internationaler Honighändler. Reisen gehören zu meinem Job. Ich bin bestimmt mehr als hundert Tage im Jahr nicht zu Hause. Ich fördere den Export, der dazu beiträgt, daß einer wie Sie sein Gehalt bekommt.«
    Toftlund fand es prima, wie sich das Gespräch entwickelte. Marko hatte vergessen, daß Gislev und Aischa auch noch anwesend waren. Sie befanden sich beide in einer Machtprobe, bei der Toftlund ihn absichtlich zappeln ließ. Und ihn darüber im ungewissen ließ, was sie über ihn wußten. Marko hatte ein schlechtes Gewissen, aber wenn Toftlund recht hatte, dann nicht weil er mit Drogen handelte, sondern weil er den Terrorismus unterstützte. Marko mußte befürchten, daß sie sein Doppelleben kannten, aber sicher konnte er sich nicht sein. Er mußte jetzt grübeln, ob er überwacht worden war und was sie dabei wohl entdeckt hatten. Er konnte nicht sicher sein, obwohl er immer Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte. Er hoffte, es handelte sich bloß um Erkabans Drogenhandel. Wenn es dabei bliebe, konnte er beruhigt sein. Denn auch Toftlund war davon überzeugt, daß Marko mit

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