Der Feind meines Vaters - Roman
enthielt immer Aufschnitt, Brot und, wenn man Glück hatte, ein paar reife Tomaten. Alter Junggesellentrick. Mit diesen Zutaten und ein bisschen Olivenöl zauberte er vorzügliche bocadillos mit Tomaten oder was auch immer gerade da war, nach einem Rezept, das ihm ein katalanischer Hauptmann während seines Wehrdienstes beigebracht hatte. An diesem Nachmittag waren sie mit reifem Käse belegt und schmeckten so gut, dass ich meins und auch noch die Hälfte von seinem verdrückte. Danach lehnte ich den Kopf an die Rückenlehne des Sofas, das Pepe aus dem Gerümpel der Pfarrei gerettet hatte. Eine Feder sprang aus der Mitte hervor, aber die beiden Plätze neben den Lehnen waren noch intakt, und er lebte ja sowieso allein. Gerade als ich in einer süßen Benommenheit versinken wollte, holte mich ein aufdringliches Klopfen am Fenster wieder in die Realität zurück.
»Wer zum Teufel …?« Die schläfrige Stimme des Portugiesen erwachte schlagartig zum Leben, als er Sanchís sah, Vaters Kollegen, der hinter dem Fenster stand und militärisch grüßte. »Verdammter Mist! Was will der denn hier?«
Er hob die Hand, Sanchís sollte einen Augenblick warten, ging in die Küche, um sich das Gesicht zu waschen, und zog ein Hemd an, das möglicherweise schon tagelang über einem Stuhl hing, aber noch nicht ganz schmutzig war.
»Der Kerl gefällt mir nicht«, murmelte er bei sich, während er sich das Hemd zuknöpfte.
»Mir auch nicht.« Doch das war nur die halbe Wahrheit. Dass ich mich dermaßen vor ihm fürchtete, dass ich kein Wort herausgebracht hätte, wenn ich ihn weiter hinter dem Fenster hätte stehen sehen, behielt ich für mich.
»Bleib du hier.« Bevor er aus dem Haus ging, sah er mich an, als wüsste er es. »Wahrscheinlich will er uns nur den Tag vermiesen.«
Ich nickte, obwohl er sich schon abgewandt hatte, denn auch darin waren wir uns beide einig.
Miguel Sanchís war Sohn eines Guardia-Civil-Beamten und in der Kaserne aufgewachsen, hatte jedoch keine Ähnlichkeit mit seinen Kollegen. Mit einunddreißig war er bereits Feldwebel, und wir alle waren überzeugt, dass er es noch viel weiter bringen würde. Er hatte keine Akademie besucht, besaß aber eine beeindruckende Personalakte, zwei rote und einen weißen Militärorden, die Medaille für Kriegsgefangene und einen Spitznamen, »Engel der Frauen«, den er sich in Madrid erworben hatte, wo er viele gerettet hatte, als er während des Krieges für die fünfte Kolonne arbeitete. Er war größer als Vater, sah besser aus als alle seine Kollegen und war der attraktivste Mann in ganz Fuensanta de Martos.
Vielleicht weil Paquita Miracielos und ihre Freundinnen die Vorstellung nicht ertrugen, dass der bestaussehende Mann im ganzen Dorf zur Guardia Civil gehörte, ging das Gerücht vom schönen Antonio um, einem Freischärler, der Ende des Sommers aus Madrid gekommen war, nachdem eine Flamenco-Tänzerin, in die er sich unsterblich verliebt hatte, ihn jahrelang in einem Flamenco-Lokal versteckt hatte, direkt neben der Puerta del Sol, wo auch der Kommissar mit den Segelohren arbeitete. Als Dulce mir das erzählte, dachte ich, dass Vater recht hatte, es war, als hätten sie einen Saloon in Wichita gegen ein Flamenco-Lokal in Madrid ausgetauscht, denn alles, was man sich über diesen Mann erzählte, schien aus einem Western zu stammen. »Es heißt, man bräuchte ihn nur anzusehen und schon bliebe einem die Luft weg«, sagte meine dämliche Schwester und umarmte das Kopfkissen, als wollte sie es ersticken. »Ich will nicht einmal daran denken, was passieren könnte, wenn ich ihm nachts da draußen begegne, mit seinem Gewehr. Uiiii! Kannst du dir das vorstellen? Wie schrecklich! Gruselig, nicht?« Das alberne Lächeln in ihrem Gesicht war nur damit zu erklären, dass nicht einmal sie, die in der Kaserne lebte, sich darüber freuen konnte, dass der schönste Mann von Fuensanta de Martos gleichzeitig der niederträchtigste war und der einzige, der trotz seines legendären Heldentums aus der Nähe zu dem furchterregenden Ruf passte, den die Guardia Civil aus der Ferne auf ihn projizierte.
Ich, der immer unter ihnen gelebt hatte, kannte die Schwächen und Widersprüche derjenigen, die Angst unter den Menschen verbreiteten, so wie ein Bäcker sein Brot backt oder ein Bauer Kartoffeln anbaut, um sie später zu ernten. Ich wusste, dass sich Curro nach den nächtlichen Verhören unter meinem Fenster erbrach, bevor er ins Bett ging, und dass Vater den Kopf senkte, wenn Mutter ihn
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