Der Feind meines Vaters - Roman
Guardia-Civil-Beamte Antonino Pérez. Kurz danach erschoss er einen hageren, kahlköpfigen und unbewaffneten Mann, der zum Sterben stets dasselbe karierte Hemd trug. Die Dunkelheit wollte nicht meine Verbündete sein, sondern schlug sich auf ihre Seite, brachte sie jede Nacht an mein Bett und warf sie auf mich, noch lebendig, als könnte nur ich sie retten, sie von den vielen Toden erlösen, die sie in mir sterben mussten, weil man sie nur meinetwegen und für mich in dieser und in vielen anderen rot gefärbten Nächten töten würde.
Dennoch, während ich sie immer wieder sterben und wieder aufstehen sah, dachte ich nach. Ich erinnerte mich daran, was Pepe gesagt hatte, und daran, was ich wusste und schon immer gewusst hatte, die Schreie, die aus der Zelle drangen, Laureanos Stimme, die in die Stille einer beliebigen Nacht hineinbrach, Fernandas Angst hinter der Wand, die Lastwagen, die durch die alte Straße kamen, Mutters Angst, Vaters Angst und sein trauriges, von der Kälte verschrumpeltes Gesicht, wenn er im Morgengrauen in die Küche kam, der Umhang steif vom Frost eines weiteren fruchtlosen Morgens. Und während sich mein Kopf mit Worten, Gründen und Argumenten füllte, wurde das Blut blasser, versiegte schließlich und überzeugte mich, dass sich in Wahrheit nicht allzu viel verändert hatte. Ich hatte das, wovor ich mich fürchtete, schon immer gewusst und niemals Fragen gestellt, um nicht Gefahr zu laufen, es zu entdecken. Jetzt hatte ich noch einiges mehr erfahren: dass Regalito auf dem Dachboden seines Hauses Waffen versteckte, dass Vater es nicht rechtzeitig geschafft hatte, seinen eigenen Vater zu retten, und warum die Mütter der Kinder, die mir in Almería die Schuhe gestohlen hatten, Witwen waren. Doch das änderte nicht viel, ich lebte im Fuensanta de Martos des Jahres 1948, ich hatte Augen, Ohren, Neugier, Phantasie und ein beschissenes Leben, in dem zwei mal zwei immer vier ergab und die Guardia Civil im Schutz der Nacht auf unbewaffnete Menschen schoss. Ich war nicht wie Paquito, nicht wie Alfredo und auch nicht wie Miguel, und ich wusste nicht, warum, aber nachdem ich mit Pepe gesprochen hatte, fing ich an, selbständig zu denken, und das machte mich zu einem etwas weniger großen Idioten als sie. Das Denken hatte Vorteile, weil es die Leichen vertrieb, die Mörder und ihre Opfer in Wörter und Nummern verwandelte und mich zwang, an mich zu denken, nicht an die anderen. Es nötigte mir das Versprechen ab, niemals, unter keinen Umständen, egal was käme, weder direkt noch indirekt mit Leid, Schmerz, Gefängnis oder Tod zu kollaborieren.
Dieses Versprechen beruhigte mich, flößte mir Wärme und Zuversicht ein, und so gelang es mir in jener Nacht, endlich einzuschlafen, ohne zu ahnen, dass nicht viel Zeit vergehen würde, bis es mehr wäre als sentimentale, hochtrabende Floskeln. Ich wachte sehr spät auf, gegen elf. Die Sonne hinter den Scheiben brannte bereits, und die schwarze, düstere Landschaft lebloser Körper, die vor einer Wand zusammengebrochen waren, erschien mir als ein leeres, hohles Trugbild, die dramatische Hülle eines Albtraums, der mit der Realität eines Sommermorgens nicht vereinbar war. Solange die Sonne über den Himmel zog, waren wir in Sicherheit, deshalb stand ich auf, zog mich an, verdrückte hastig zwei Scheiben Brot mit Butter und ging zu Paquito. So begann ein ganz gewöhnlicher Tag: eine Tüte Sonnenblumenkerne, ein Bad im Fluss, ein Fußballspiel und die übliche Sorglosigkeit, die uns dann fast täglich zwang, plötzlich nach Hause zu laufen, wo unsere Mütter bereits dabei waren, das Mittagessen aufzutischen. Doch noch nie war mir der Aufstieg zum alten Häuschen so schwer vorgekommen wie an diesem Tag.
Als ich oben angelangt war, wurde mir klar, warum. Die Tür stand wie üblich offen, und Doña Elena saß am Tisch und wartete auf mich. Auch dort schien sich nichts verändert zu haben, und doch kamen mir die Dinge in diesem vertrauten Ambiente so vollkommen arrangiert vor, dass sie wie auf eine Leinwand gemalt wirkten.
Die gemusterte Decke, mit der Doña Elena den lackierten Holztisch schützte, lag so perfekt darauf, als hätte sie den Abstand auf jeder Seite mit dem Zentimetermaß abgemessen, und denselben Eindruck erweckte die Schreibmaschine, die genau in der Mitte der Blumengirlande auf dem Tisch stand. Links davon lagen drei frisch gespitzte Bleistifte auf einem Heft, drei parallele Linien in einem perfekten Rechteck. Rechts waren die Schreibblätter
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