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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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der ich gerechnet hatte.
    »Könntest du bitte auf dem Heimweg bei Sanchís vorbeischauen und ihm von mir bestellen, dass es keinen Honig gibt, wenn es dir nichts ausmacht?« Das einzig Seltsame war ihre Höflichkeit.
    »Dass es keinen Honig gibt«, wiederholte ich. »Das sage ich ihm, nicht?«
    »Genau. Dass der Mann, von dem mir Pepe erzählt hatte, keinen mehr hatte, alle Töpfe waren schon verkauft, kannst du dir das merken?«
    »Klar.« Und ich dachte, dies wäre kein schlechter Moment, um als Kuppler aufzutreten. »Aber warum sagst du es ihm nicht?«
    »Wem? Pepe?« Ich nickte. Sie lächelte und machte ein Gesicht, in dem sich mehr Befriedigung als alles andere spiegelte. »Weil der Schlappschwanz sich nicht traut, hier raufzukommen.«
    »Paula, bitte!« Doch Doña Elenas Tadel klang halbherzig, und sie musste über diesen Beweis für das Liebesunglück des Portugiesen lachen. »So spricht man nicht!«
    »Warum nicht? Ich sage nur die Wahrheit, nicht mehr und nicht weniger. Er hat keine Eier.«
    »Mag sein«, mischte ich mich ein und hob zwei leicht gespreizte Finger an die Lippen, als hielte ich eine Zigarette, »aber ich habe ein Geschenk für dich.«
    Sie hob fragend die Augenbrauen, und ich nickte. Als ich mich von Doña Elena verabschiedete und den hinteren Weg einschlug, folgte sie mir lammfromm.
    »Guck mal.« Als ich sicher war, dass uns meine Lehrerin nicht mehr sehen konnte, zog ich die Schachtel aus der Tasche und streckte sie ihr entgegen.
    »Klasse!«, sagte sie und riss sie mir aus Hand, ehe ich sie ihr geben konnte. »Was für eine Überraschung!«
    »Er war gestern Morgen schon einmal da, um sie dir zu bringen, aber da du so böse auf ihn warst …«
    Ich war nicht sicher, ob sie überhaupt zuhörte, während sie die Packung öffnete, eine Zigarette herausnahm und sie mit einem Streichholz aus der Schachtel, die sie im BH versteckte, hastig anzündete. Ich hatte noch nie eine Frau rauchen sehen und dachte, es müsse ein seltsamer, eher unangenehmer Anblick sein, doch Paula sog den Rauch gierig in die Lungen und stieß ihn dann so genüsslich wieder aus, dass ich unbewusst lachen musste und weitersprach, ohne darauf zu achten, was ich sagte.
    »Du gefällst ihm am besten, wenn du wütend bist, weißt du das? Er hat es mir gesagt, aber …«
    »Soso, ich gefalle ihm also, wenn ich wütend bin.« Sie konnte gleichzeitig rauchen und mich unterbrechen. »Dann bestell ihm von mir, dass er keine Ahnung hat, wie viel Glück er hat.«
    »Es geht ihm aber sehr dreckig, Paula, wirklich, er fühlt sich elend, er isst nicht, spricht nicht, ich glaube …«
    »Dass er krank wird, stimmt’s?«
    »Ja, genau«, nickte ich, aus dem Konzept gebracht durch ihren offensichtlichen Scharfsinn. »Na ja, es geht ihm mies, aber … woher weißt du das?«
    »Junge, Junge!« Sie packte mich am Schlafittchen und schüttelte mich, aber nur im Spaß, nicht um mir wehzutun. »Schämst du dich nicht, so ein kleiner Knirps und schon so ein großer Lügner? Da hast du dich aber weiß Gott mit dem Richtigen zusammengetan! Ihr seid alle gleich, von klein an, euch ist wirklich nicht zu helfen. So, jetzt gehe ich.« Sie nahm einen letzten Zug und drückte die Zigarette auf dem Boden aus. »Vergiss das nicht mit dem Honig, ja?«
    »Ja, aber …« Als sie aufbrach, machte ich noch einen letzten Versuch. »Und was soll ich dem Portugiesen sagen?«
    Während ich den Hang hinunterlief, dachte ich, für Pepe wäre es besser, wenn er nicht zu der Verabredung käme, doch als ich zur Kreuzung gelangte, saß er dort auf einem Felsen und wartete schon auf mich.
    »Und?« Er lächelte, als erwartete er weiß Gott was.
    Trotzdem blieb mir nichts anderes übrig, als ihm Paulas Botschaft auszurichten. »Wenn du die Dicken so magst, sollst du dafür bezahlen.«
    »Scheiße!« Er stand auf und klopfte sich wütend die Hose ab. »Hat sie das gesagt?«
    »Wortwörtlich. Ach ja, und wenn sie dir so sehr gefällt, wenn sie wütend ist, dann weißt du nicht, was für ein Glück du hast, weil es noch lange so bleiben wird.«
    »Tja, sieht nicht gut aus!« Er dachte kurz nach und blickte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. »Aber du hast sie gesehen …«
    »Klar.«
    Ich erzählte ihm alles, auch wie sehr sich Paula über sein Geschenk gefreut und wie genüsslich sie die Zigarette geraucht hatte. Ich wollte ihn aufheitern, ihm Mut machen, doch er achtete kaum auf meinen Bericht.
    »Es gibt also keinen Honig, hm?«, sagte er und wiederholte es noch

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