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Der Feind meines Vaters - Roman

Der Feind meines Vaters - Roman

Titel: Der Feind meines Vaters - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Almudena Grandes
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das hatte mir gerade noch gefehlt. Ich sagte, es wäre gelogen, ich hätte Putisanto nirgendwo getroffen, ich sei wohl verwechselt worden, und sie, aber doch, doch, ich hätte mich ja sogar von ihm verabschiedet, und ich, natürlich hätte der andere den Gruß von Putisanto erwidert, was hätte er sonst machen sollen? Ich aber wäre nicht dort gewesen, ich wüsste von nichts, nein, nein und abermals nein.« Dann zeigte er auf mich, als wollte er das, was er gleich sagen würde, unterstreichen. »Du darfst den Frauen nicht nachgeben, Nino. Du musst alles abstreiten, alles, immer, merk dir das, und selbst wenn sie dich auf frischer Tat ertappen, streite es ab, und wenn dir eine sagt, sie hätte dich aber gesehen, antworte, unmöglich, du wärst gar nicht dort gewesen … Das hat mir der kleine Bruder meines Vaters beigebracht, als ich so alt war wie du, und ich bin immer gut damit gefahren. Alles abstreiten, schon deswegen, weil sie dir dankbar dafür sind. Klar, Paula ist ein harter Brocken, sie ist halt, wie sie ist, und dann ist sie ja ohne Vater aufgewachsen, ohne einen Mann im Haus, genau wie ihre Schwestern. Sie war erst vierzehn, als Rubio umkam, und wenn man das bedenkt das und den Charakter ihrer Mutter, dass sie also nie jemand an die Kandare genommen hat, versteht man auch, warum sie so wild ist. Aber ehrlich gesagt, so gefällt sie mir am besten, so macht sie mich verrückt. Und deshalb habe ich sie an diesem Tag gepackt, noch ehe sie mit ihrer Tirade fertig war, habe sie geküsst und ihr gesagt, dass mir noch keine Frau auch nur halb so gut gefallen hätte wie sie, doch sie war außer sich vor Wut. Als sie sich nicht aus meiner Umarmung befreien konnte, schrie sie: Chica, bring mir die Fischschere, ich schneide dem Kerl den Schwanz ab! Spinnst du, Paula, sagte ich, was hast du davon, wenn du mir den Schwanz abschneidest, aber es nutzte nichts, sie war nicht zu bändigen. Besser ich warte ein paar Tage ab, bis sie sich beruhigt, dachte ich. Als ich nach drei Tagen wiederauftauchte, kam Chica zur Tür, stemmte die Hände in die Hüften und sagte, ich an deiner Stelle würde da nicht reingehen, Pepe, ich habe dich gewarnt. Ich ging trotzdem und … na ja, wie gehabt, was soll ich sagen? Dann passierte das mit ihrem Bruder, und ich glaubte, dass sie in all dem Kummer Putisanto vergessen hätte. Wie auch immer, heute Morgen bin ich wieder hoch, um ihr Zigaretten zu bringen. Paula raucht nämlich gern, hast du das gewusst? Auch wenn ihre Mutter es streng verboten hat. Wenn ich Zigaretten für mich kaufe, nehme ich auch immer welche für sie mit, aber diesmal zog sie die Schere aus der Schürzentasche hervor, kaum dass sie mich sah. ›Was?‹, fragte sie, ließ sie auf und zu schnappen und machte einen auf gute Manieren. ›Wolltest du was Bestimmtes?‹ Ich versuchte, vernünftig mit ihr zu reden. Wir wüssten doch beide, dass sie mir früher oder später verzeihen würde, es wäre Unsinn, wenn sie mich so zappeln ließe, aber sie schrie mich nur an, und dann gesellte sich auch sofort Catalina hinzu und jagte mich fort. In diesem Haus herrsche Trauer, schrie sie mir hinterher. Und sie hatte ja recht. Tja …« Er steckte die Hand in die Tasche und nahm eine Packung Zigaretten heraus. »Hier habe ich sie noch, und wahrscheinlich werde ich sie jetzt früher oder später selber rauchen.«
    Wir waren bereits an der Kreuzung angekommen, und ich wäre auch dort geblieben und hätte dem Portugiesen so lange zugehört, wie er weitersprechen wollte, doch die Schachtel in seiner Hand hatte einen Schlussstrich unter die letzte Geschichte an diesem Nachmittag gezogen.
    »Gib schon her«, sagte ich und streckte die Hand aus. »Ich nehme sie morgen mit zu Doña Elena, sie kann sie dann in deinem Auftrag Paula geben.«
    »Ja.« Plötzlich funkelten seine Augen arglistig. »Und sag ihr, sie soll Paula berichten, dass es mir dreckig geht, ich wäre blass, würde nicht reden, nicht essen, mich dahinschleppen … Sag ihr, du hättest den Eindruck, ich wäre auf dem besten Weg, krank zu werden. Kannst du dir das merken?«
    »Ja.« Ich steckte die Schachtel in die Tasche und machte mich lachend auf den Weg.
    »Ich warte morgen hier an der Kreuzung auf dich, und dann erzählst du mir, wie es war, abgemacht?« Der Portugiese stand immer noch an der Kreuzung und zeigte lächelnd seine strahlend weißen Zähne. »Hauptsache, du übertreibst ordentlich.«
    »Ja.« Ich drehte mich um und ging rückwärts, um ihn nicht aus dem Auge zu

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