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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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hatte schwarzes Haar und braune Augen, Steven war strohblond und hatte strahlend blaue Augen. Es war immer viel gewitzelt worden, dass die beiden unmöglich denselben Vater haben konnten – und selbst Mitch hatte sich oft gefragt, wie zwei so unterschiedliche Menschen dieselben Eltern haben konnten. Ihre Mutter hatte nur darüber gelacht und gemeint, der große Unterschied käme daher, dass Steven fünf Wochen zu früh zur Welt gekommen sei, während Mitch es gar nicht eilig hatte und mit zwei Wochen Verspätung kam.
    Während Mitch mit sehr beachtlichen athletischen Fähigkeiten gesegnet war, hatte Steven eine überragende Intelligenz in die Wiege gelegt bekommen, die ihn unter anderem dazu befähigt hatte, Quantenphysik zu studieren. In den letzten vier Jahren hatte er mit großem Erfolg die Hedge-Fonds-Abteilung von Salomon Brothers in New York geleitet. Mitch hatte ihm in den vergangenen Jahren immer wieder Geld zum Investieren anvertraut, und Steven hatte aus einigen hunderttausend Dollar über vier Millionen gemacht. Er war extrem gut in seinem Job, und Mitch war sehr stolz auf ihn. Er hatte sich stets als Beschützer seines kleinen Bruders gefühlt, sodass ihm seine momentane Position der Schwäche und Hilfsbedürftigkeit ein bisschen peinlich war.
    Schon bevor ihr Vater so unerwartet verstorben war, hatte Mitch auf Steven achtgegeben wie ein Adler, der sein Nest bewacht. Als ihr Vater starb, verprügelte Mitch jeden, der Steven auch nur schief ansah. Es wurde so schlimm, dass selbst Steven ihm nahelegte, sich irgendein anderes Ventil für seinen Kummer zu suchen. Und das von seinem acht Jahre alten kleinen Bruder. Steven war immer schon verblüffend klug gewesen. Als ihre Mutter schließlich an Krebs starb, besuchte Mitch seinen Bruder in New York, um sich zu vergewissern, dass sich Steven in der großen Stadt auch nicht allein fühlte. Steven ging jedoch ganz in seiner Arbeit auf und kam generell sehr gut ohne seinen großen Bruder zurecht.
    Tommy Kennedy kam ins Wohnzimmer und trat sofort an seine Seite. Mitch legte ihm den Arm um die Schulter.
    Tommy blickte zum Fenster hinüber und sagte: »Meine Mom sagt, dein Bruder ist wirklich klug.«
    »Ja.«
    »Meinst du, er möchte mal meinen Game Cube ausprobieren?«
    Rapp lachte amüsiert auf. Steven war ein Meister, was Computerspiele betraf. In seiner Wohnung in Manhattan hatte er ein Zimmer nur zum Spielen eingerichtet, wo er viel Zeit vor dem Fünfzig-Zoll-Plasmabildschirm verbrachte. »Mein Bruder will deinen Game Cube sicher mal ausprobieren«, sagte er.
    Rapp ging zur Haustür hinaus. Die Schmerzen, die er noch verspürt hatte, als er am Vormittag vom Bett aufgestanden war, waren jetzt zum größten Teil weg. Sein rechter Oberschenkel schmerzte noch ein wenig, und auch die Rippen waren noch ziemlich schmerzempfindlich, aber ansonsten fühlte er sich schon recht gut. Er öffnete den Schließriegel aus Titan und drückte die Haustür auf. Hinter ihm im Flur ertönte ein lautes Piepen. Rapp wusste, dass ein CIA-Mann in einem kleinen Sicherheitsraum unter den Pferdeställen saß und mitbekam, dass die Tür offen war.
    Rapp trug die Sachen, die Coleman ihm mitgebracht hatte: Jeans, T-Shirt und Wanderschuhe. Der weiße Gips an seinem rechten Arm war das einzige äußere Zeichen dessen, was er durchgemacht hatte.
    Irene Kennedy wartete an der Tür, dass Steven zu ihr aufschloss. Rapps Bruder trug leichte Halbschuhe, eine Khakihose, ein weißes Hemd und einen blauen Blazer. Dank seiner schwarzen Brille sah er nicht ganz so jung aus. Steven blickte zu Mitch auf, der in der Haustür stand, und schob seine Brille ein Stück hinauf. »Es tut mir leid, Mitch«, sagte er, stieg die Stufen hoch und umarmte seinen Bruder. »Sie war eine wunderbare Frau.«
    »Ja, das war sie.«
    »Es tut mir so leid«, sagte Steven noch einmal und drückte seinen Bruder fest.
    »Ich weiß«, antwortete Mitch, legte den Arm um Steven und küsste ihn auf die Stirn. »Ich bin froh, dass du gekommen bist. Es bedeutet mir wirklich viel.«

54
LEESBURG, VIRGINIA
    Der gestohlene Mercedes ML 500 hatte erst 8456 Meilen auf dem Tacho. Er war schwarz und hatte dunkel getönte Fenster, wie Tayyib es verlangt hatte. Er hatte nicht wenige dieser komfortablen Geländewagen gesehen, seit er hier in Amerika war. Sie waren recht geläufig, aber trotzdem teuer. Tayyib dachte sich, dass man mit diesem Fahrzeug nicht auffiel und kaum Verdacht erregen konnte. Nachdem er die Werkstätte in Alexandria verlassen

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