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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Explosion ließ die kühle Abendluft erzittern. Tayyib sperrte den Mercedes auf, stieg ein und fuhr los. Er folgte der Plaza Street und blieb an einer roten Ampel stehen. Als es grün wurde, fuhr er am Polizeirevier vorbei aus der Stadt hinaus, wobei er darauf achtete, die erlaubte Geschwindigkeit nicht zu überschreiten.
    Tayyib rief sich in Erinnerung, dass es nun vor allem darum ging, ruhig zu bleiben. Er zog Handschuhe an und nahm eine schwarze Skimaske vom Beifahrersitz. Wenige Minuten später kam er beim Sheriff’s Department an, wo er anhielt. Es hatte sich nichts verändert; dieselben Fahrzeuge standen an denselben Plätzen wie vorher. Tayyib zog sich die Skimaske über den Kopf, stieg in aller Ruhe aus und trat ans Heck des Wagens. Er nahm eine raketengetriebene Granate chinesischer Bauart heraus, schulterte die Waffe und zielte auf die Eingangstür, als zwei Sheriff-Stellvertreter herausgestürmt kamen. Tayyib stellte sich etwas breiter hin, verlagerte das Gewicht auf den hinteren Fuß und drückte den Abzug. Das 40-mm-Geschoss erreichte eine Geschwindigkeit von rund 120 Metern pro Sekunde, und Tayyib war höchstens fünfundzwanzig Meter von dem Gebäude entfernt. Die Granate jagte mit einem Rauschen davon und detonierte nur einen winzigen Sekundenbruchteil später.
    Tausende von Glassplittern flogen in alle Richtungen. Tayyib ließ die Waffe sinken und blickte zu den beiden Deputies hinüber. Sie lagen beide regungslos am Boden. Tayyib versuchte den Schaden abzuschätzen, den die raketengetriebene Granate verursacht hatte. Rauch quoll aus dem Haus hervor, und er hörte drinnen Leute schreien. Er ließ den Granatwerfer fallen, holte seine letzte Handgranate aus der Tasche, zog den Stift und warf sie durch die zertrümmerte Eingangstür ins Haus. Dann ging er zum Wagen, schloss die Hecktür und trat zur Fahrertür, als die Granate detonierte. Er zuckte nicht einmal zusammen. Ganz ruhig setzte er sich ans Lenkrad und fuhr los.
    Tayyib nahm die Skimaske ab und blickte auf die Uhr. Castillo und seine Männer würden jeden Augenblick ihren Angriff starten. Er hätte sich gewünscht, die Operation überwachen zu können, doch es war ihm klar, dass er den Wagen so schnell wie möglich loswerden musste. Er trat aufs Gaspedal und fuhr in südlicher Richtung zum Dulles International Airport.

55
CIA-SAFE-HOUSE, VIRGINIA
    Es war vor allem Steven, der während des Abendessens sprach; er heiterte Irene und Tommy mit Geschichten aus seiner und Mitchs Kindheit auf. Die launige Art und Weise, wie er sich vor allem selbst auf die Schaufel nahm, half allen Anwesenden, wenigstens für einige Minuten nicht an die Tragödie denken zu müssen. Trotzdem hatte es auch beim Essen Momente gegeben, wo Rapps Blick in die Ferne schweifte. Sein Bruder wusste, dass er in diesen Augenblicken an Anna dachte. »Erinnerst du dich noch, als wir …«, begann Steven dann mit einer neuen Geschichte, um Mitch ein wenig von seinem Schmerz abzulenken.
    Als das Essen verzehrt und die Weingläser geleert waren, gähnte der kleine Tommy herzhaft. Irene ergriff die Gelegenheit, um die beiden Brüder ein paar Minuten allein zu lassen. Da es Samstagabend war, hatte sie gefunden, dass es das Beste war, wenn sie alle hier übernachteten. Steven hatte zugestimmt. »Ich glaube fast, da ist jemand reif fürs Bett«, sagte Irene, zu ihrem Jungen gewandt.
    Tommy schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe doch morgen keine Schule.«
    »Trotzdem ist es schon spät.«
    »Aber ich habe Steven noch gar nicht meinen Game Cube gezeigt.«
    Kennedy blickte auf die Standuhr in der Ecke des Esszimmers. Es war noch nicht ganz halb zehn. »Du hast einen Game Cube?«, fragte Steven, bevor Irene etwas sagen konnte.
    »Ja!«, antwortete Tommy begeistert.
    »Was denn für Spiele?«
    »Tony Hawk Pro Skater Four, Star Wars …«, rasselte Tommy etwa ein halbes Dutzend Titel herunter.
    »Wie viel Geld hast du bei dir?«
    Tommy sah ihn verwirrt an; er verstand nicht, was Steven mit der Frage bezweckte.
    »Hundert Dollar pro Spiel. Du und ich.«
    Tommy machte große Augen und sah Mitch an, der nur den Kopf schüttelte. Mitch wandte sich seinem Bruder zu und fragte: »Misst du dich gern mit Achtjährigen?«
    »Du hattest jedenfalls kein Problem damit, als ich in seinem Alter war.«
    Mitch schüttelte nur den Kopf und verzichtete darauf, wieder mit diesem Thema anzufangen.
    »Also gut«, sagte Steven, »ein Dollar pro Spiel, und ich gebe dir so viele Punkte vor, wie du

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