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Der Feind

Titel: Der Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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etwas verwirrenden Tag begann er an sich selbst zu zweifeln. Vielleicht hatte er das Gerät in der Aktentasche gelassen. Er ging ins Wohnzimmer zurück und hatte plötzlich den Eindruck, dass da irgendetwas Ungewöhnliches in der Dunkelheit war. Abel erstarrte, als er ein Paar Schuhe sah, die ganz sicher nicht ihm gehörten. Er hob den Blick und sah zwei Beine, die zu den kaum wahrnehmbaren Umrissen eines Mannes gehörten, der in einem Sessel saß. Aus irgendeinem ihm unerklärlichen Grund schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass es Mitch Rapp war, der ihm da in seinem Hotelzimmer auflauerte. Es war schon das zweite Mal an diesem Tag, dass Abel ganz überraschend von diesem unheilvollen Gefühl heimgesucht wurde.
    »C’est ça que tu cherches?« Ist es das, was du suchst?, fragte eine leise Stimme.
    Eine behandschuhte Hand mit Abels PDA tauchte aus der Dunkelheit auf. Abel blickte an der Hand vorbei auf den Mann dahinter. Seine Augen hatten sich einigermaßen an die Dunkelheit gewöhnt, und er konnte erkennen, dass sein ungebetener Gast irgendetwas trug, um sein Gesicht zu verhüllen. Zu seinem Leidwesen war ihm die Stimme vertraut, und sie ließ ihn an den Geruch von Kaffee und an den heißen Atem in seinem Nacken denken.
    Er bemühte sich, ruhig zu bleiben, und sagte: »Wie ich sehe, gehört ganz gewöhnlicher Diebstahl auch zu Ihrem Repertoire.«
    Die Hand tauchte erneut auf und warf das kleine Gerät quer durch das Zimmer. Es flog durch die Luft und landete mitten auf dem Kingsize-Bett. »Ich habe nichts gestohlen. Ein Mann in Ihrem Geschäft sollte eigentlich wissen, dass man sich nicht auf Hotelsafes verlassen kann.«
    Abel hörte dem Mann aufmerksam zu und kam zu dem Schluss, dass er Amerikaner sein musste, wenngleich er nicht hätte sagen können, welchen Dialekt er sprach. »Sie haben die schlechte Angewohnheit, sich an andere Leute anzuschleichen … vielleicht kann ich mich eines Tages revanchieren.«
    »Das wäre ziemlich dumm«, entgegnete der Mann spöttisch.
    »Und warum, wenn ich fragen darf?« Abel war stolz auf sich, weil er nicht allzu nervös klang.
    »Wenn ich in mein Hotelzimmer zurückkäme und einen Mann sehen würde, der da im Dunkeln sitzt, dann würde ich ihm eine Kugel in den Kopf jagen.«
    Abel hatte schon mit genügend Leuten zu tun gehabt, die man nicht gern zum Feind hatte, aber dieser Kerl übertraf alle. Er flößte Abel allmählich ein Gefühl der Unzulänglichkeit ein. »Was ist, wenn Sie gerade keine Waffe bei sich haben?«
    »Ich habe immer eine bei mir.«
    »Aber wenn es einmal nicht so wäre?«
    »Dann würde ich den Mann trotzdem töten. Es würde nur einen Sekundenbruchteil länger dauern.«
    »Also, was sollte ich Ihrer Meinung nach tun?«, fragte Abel. »Ich bin gerade in mein sehr teures Hotel zurückgekehrt und habe einen Einbrecher in meinem Zimmer ertappt. Soll ich ihn töten?«
    Der Mann kicherte leise. »Unmöglich.«
    »Sagen Sie mir, warum«, forderte Abel ihn auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Zuerst einmal … haben Sie keine Waffe, aber ich schon.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass ich nicht bewaffnet bin?«
    »Ich habe Sie im Restaurant beim Essen gesehen. Sie haben übrigens einen recht einsamen Eindruck gemacht«, fügte der Mann hinzu. »Ich habe Sie beobachtet, wie Sie den Mantel angezogen haben, bevor Sie spazieren gingen. Ich sehe sofort, ob jemand eine Waffe bei sich hat oder nicht. Sie haben keine.«
    Abel gab dem Mann mit einem Kopfnicken recht. »Sprechen Sie weiter.«
    »Ich bin ein ausgebildeter Killer, Sie hingegen nicht, Herr Abel. Ich weiß zwar, dass Ihnen Gewalt nicht fremd ist, aber Sie sehen mir nicht wie jemand aus, der sich die Hände schmutzig macht.«
    »Seien Sie sich da nicht zu sicher«, entgegnete Abel. »Gibt es sonst noch irgendeinen Grund, warum ich es nicht tun würde?«
    »Wenn Sie schon fragen, ja. Ein Grund, der klar auf der Hand liegt. Sie wohnen hier unter Ihrem richtigen Namen. Wenn es Ihnen gelingen sollte, mich zu töten … was nicht der Fall wäre … dann hätten Sie ein schwieriges Problem zu lösen.«
    »Ich habe viele Kontakte …«, erwiderte Abel und hielt inne, weil er nicht wusste, wie er den Mann ansprechen sollte. »Wie nennen Sie sich übrigens?«
    »Dazu kommen wir später.« Der Mann schlug die Beine übereinander und legte beide Hände auf das Knie. »Was wollten Sie noch sagen?«
    Abel bemerkte jetzt erst, dass der Mann eine schallgedämpfte Pistole in der anderen Hand hielt. »Ich habe

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