Der Feind
stellte sein Glas nieder. »Wie ich schon sagte, ich muss mehr über Sie wissen, bevor ich zu den Details komme.«
Der Mann zögerte kurz, ehe er antwortete. »Mein Geschäft ist es zu töten. Habe ich jemals einen Auftrag abgelehnt?«, fragte er sich selbst. »Ja, schon mehrmals, aber nicht, weil ich ein moralisches Problem damit gehabt hätte, das Leben eines Menschen zu beenden. Ich habe Jobs abgelehnt, wenn ich das Gefühl hatte, dass derjenige, mit dem ich das Geschäft abgeschlossen hätte, nicht ehrlich zu mir war.«
»Wie lange machen Sie das schon?«
»Lange genug.«
»Das reicht mir nicht«, erwiderte Abel kopfschüttelnd. »Ich muss mehr über Sie wissen. Es geht hier um ein siebenstelliges Honorar. Ich werde nicht irgendjemanden engagieren, über dessen Vorgeschichte ich gar nichts weiß.«
Der Mann seufzte und sagte schließlich: »Hören Sie, ich weiß, dass das schwer für Sie zu verstehen ist. Sie sind Deutscher und haben einen übersteigerten Ordnungssinn. Sie haben zehn Jahre für die Stasi gearbeitet und sind es gewohnt, über alles genau Buch zu führen. Aber Sie können mir glauben, dass es in diesem Fall auch in Ihrem Interesse ist, möglichst wenig zu wissen.«
Abel machte ein säuerliches Gesicht. »Ich sehe nicht ein, was es mir nützen soll, nichts über Sie zu wissen.«
Der Mann hob die Pistole und zeigte damit auf Abel. »Dieses Gespräch wird bald zu Ende sein, und ich muss noch einen Punkt klarstellen. Wenn Sie versuchen sollten, herauszufinden, wer ich bin, oder wenn Sie meine Geschäftspartnerin beschatten sollten, dann werde ich Sie töten. Das ist meine erste und letzte Warnung – lassen Sie sich also nicht von Ihrem Informationsbedürfnis verleiten. Sie können das Ganze als einfache mathematische Gleichung betrachten. A plus B ergibt C. A ist Ihre Neugier, B bin ich und C sind Sie, wie Sie am Boden liegen und in den Himmel starren und für einen winzigen Sekundenbruchteil mitbekommen, dass ich soeben Ihr Leben beendet habe.« Er ließ die Waffe sinken. »Zwei plus drei macht fünf, und wenn Sie herauszufinden versuchen, wer ich bin, ergibt das Ihren Tod. Das ist ein mathematisches Gesetz, auf das Sie sich verlassen können.«
Abel griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck. Seine Hand zitterte ein klein wenig, deshalb ließ er das Glas gleich wieder sinken und hielt es mit beiden Händen fest, in der Hoffnung, dass es seinem Besucher nicht auffiel. Er räusperte sich und fragte schließlich: »Wie soll ich Ihnen vertrauen, wenn ich nichts über Sie weiß?«
»Sie sollen mir auch nicht vertrauen«, erwiderte der Mann, ohne zu zögern. »Ich bin ein Auftragskiller … ein Mörder. Sie tun so, als hätten Sie es mit jemandem zu tun, von dem man strenge moralische Prinzipien erwarten kann.«
»Trotzdem … bevor wir uns über die Bedingungen einigen können, müssen wir irgendeine Vertrauensgrundlage haben.«
»Nehmen Sie’s nicht persönlich, aber ich traue Ihnen zum Beispiel nicht. Ich traue den Leuten nie, die mich engagieren, und ich vergesse auch nie, wofür Sie meine Dienste brauchen. Sie wollen jemanden töten lassen. Ich frage nicht, warum. Ich tue es einfach. Aber gleichzeitig bin ich mir schon im Klaren darüber, was für eine Art Mensch für so etwas Geld zahlt. Einige dieser Leute sehen das ganz nüchtern als eine Strategie zur Lösung eines Problems, aber viele haben gravierende psychische Probleme. Sie sind oft Soziopathen, bei denen alles im Leben so laufen muss, wie sie es sich vorstellen. Sie neigen dazu, Ordnung zu schaffen und eventuelle Unsicherheitsfaktoren zu beseitigen; und das bedeutet für manche, dass sie auch den Mann beseitigen wollen, der den Abzug gedrückt hat.« Er richtete die Pistole auf sich selbst. »Das wäre in diesem Fall ich.«
Abel konnte dem Mann in keinem Punkt widersprechen. »Dann gibt es also kein Vertrauen?«
»Nein, nur Professionalität. Sie passen auf sich auf, und ich auf mich.«
Abel hob sein Glas. »Darauf kann ich trinken.«
»Gut. Ich werde Ihnen jetzt meine Bedingungen mitteilen. Sie nennen mir die Zielperson, und ich nenne Ihnen mein Honorar. Wenn Sie einverstanden sind, werden Sie die Hälfte als Anzahlung überweisen und den Rest, sobald der Job erledigt ist.«
»Was ist, wenn Sie den Auftrag ablehnen, sobald ich Ihnen die Person genannt habe?«
Der Mann winkte ab. »Solange Sie mit meinem Honorar einverstanden sind, werde ich den Job nicht ablehnen.«
»Aber Ihre Geschäftspartnerin hat mir heute gesagt,
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