Der Feuerstein
Erschöpfung stolpern. Und in diesem harten Land voller tiefer Schluchten und zerklüfteter Felsen kann schon ein kleiner falscher Schritt den Tod bedeuten, so wie es Damián dem Schafhirten geschah.
Also beschließe ich, so lange weiterzugehen, bis ich an einen Wasserlauf komme, und mir dann ein Versteck zu suchen, in dem ich eine Weile schlafen kann. Aber wie soll ich hier Wasser finden? Ich schließe die Augen und denke an Humberto; wie sehr wünschte ich, er wäre hier, um mich zu führen. Dann muss ich an unseren Kuss denken, wie seine Lippen sich gegen meine drückten. Der Gedanke, dass ich ihn vielleicht niemals wiedersehen werde, tut furchtbar weh.
Doch dann öffnen sich meine Augen ruckartig, und ich denke an unsere gemeinsame Reise. Was würde Humberto jetzt machen? Ich suche den Horizont nach Schluchten ab, in denen das bisschen Grün, das es hier gibt, dichter und höher aussieht als anderswo. Vor mir, ein wenig in südlicher
Richtung, sieht es einigermaßen vielversprechend aus. Mit neuer Energie marschiere ich weiter.
Es ist eine trockene Rinne, die von den Sturzbächen im Frühling ausgewaschen und von der Hitze zerklüftet ist. Aber sie ist an den Rändern dicht bewachsen, und ich weiß, dass ich hier auf der richtigen Spur bin. Ich klettere einen Geröllhang empor, um mich erneut umzusehen, und versuche es noch einmal.
Schließlich entdecke ich eine kleine, von dichten Kiefern umringte Senke. Dass sie noch weiter südlich liegt, ist zwar nicht gut, aber ich brauche unbedingt Wasser. Meine Knöchel zittern, als ich darauf zuhalte, und meine Zunge ist vor Trockenheit schon ganz geschwollen. Als ich näher komme, sind die Bäume zu dicht, als dass ich etwas sehen könnte, doch ich höre ein Gluckern und Gurgeln. Vielleicht ist das aber nur der Wind, der in die Zweige fährt. Ich halte mich an Stämmen fest, an wucherndem Gebüsch, und rutsche mehr, als dass ich in die trockene, staubige Senke hinuntersteige. Dann teilen sich die Zweige. Ein winziger Bach schlängelt sich über den Grund, nicht breiter als mein Schenkel, aber kristallklar. Mit einem Aufseufzen lasse ich mich auf den Bauch fallen und trinke, trinke und trinke, bis mein Magen nichts mehr aufnehmen kann.
Nichts wünsche ich mir jetzt mehr als ein bisschen Schlaf, aber ich zwinge mich noch, meine Stiefel und das Höschen auszuziehen, um den eingetrockneten Urin herauszuwaschen. Mit dem Saum meines Wüstengewands wische ich mir die Beine ab. Sie sind rot und voller Schwellungen, und selbst das Wasser brennt darauf, auch wenn es die Haut ein wenig kühlt. Dann hänge ich das Höschen zum Trocknen
über ein paar Zweige, blicke mich aber vorsichtig um und prüfe, ob es auch nicht von oben zu sehen ist. Unter den schattigen Ästen einer breiten Kiefer rolle ich mich dann zusammen, ziehe die nackten Beine unter mein Gewand und bette den Kopf auf ein Kissen aus Kiefernnadeln. Der Schlaf übermannt mich sofort.
Als ich wieder aufwache, steht die Sonne schon tief. Zwar tun mir vom Klettern die Arme und Beine weh, aber ich springe trotzdem sofort auf, um das schwindende Licht noch so lange wie möglich auszunutzen. Zwar habe ich nichts, um Wasser darin mitzunehmen, aber ich muss weiter, muss mich so weit von Inviernes Heer entfernen wie nur möglich, und von daher wage ich es nicht, an dem kleinen Bach entlangzuwandern, der leider nach Süden fließt. Ich trinke so viel ich kann, und das drängt auch den Hunger ein wenig zurück. Mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht ziehe ich die blutige Binde von meinem Unterarm ab, wasche sie aus und wickele sie dann wieder fest um die Wunde. Die angeschwollenen Kratzer brennen, und ich weiß, dass ich ein Dorf erreichen muss, bevor sie sich entzünden. Die Verletzung an meinem Finger ist nicht ganz so schlimm. Nur der halbe Nagel ist abgerissen, und die Stelle ist bereits gut verschorft. Trotzdem reiße ich noch einen Streifen Stoff von meinem Gewand und mache mir einen Verband daraus. In der Erinnerung an unsere Reise durch die Wüste von Brisadulce tränke ich meine Kleider, bevor ich weitergehe, um meinen Körper vor der Hitze zu schützen.
Kleine Eidechsen huschen eilends davon, wenn ich mich nähere, ein Truthahngeier kreist schreiend weiter nördlich
vor den heraufziehenden Wolken. Ich schreite mit neu erwachter Energie aus. Die Kratzer an meinem Unterarm brennen, und mein Finger pocht, aber ich muss trotzdem unwillkürlich lächeln. Ich bin dem Heer Inviernes entkommen. Ich habe Gefangenschaft,
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