Der Feuerstein
Grünes, Lebendiges. Zwei für den Balkon, mindestens zwei fürs Schlafzimmer und eine für Ximenas Gemach.«
Cosmé starrt mich an, als hätte ich einen Skorpion verschluckt. Es gelingt mir, kein allzu selbstgefälliges Gesicht zu machen. Diese Aufgabe wird sie in diesem unfruchtbaren, verdorrten Land mindestens den ganzen Tag beschäftigen, und mehr noch, es ist eine harmlose Sache, die sie gern überall herumerzählen kann.
Innerlich gratuliere ich mir noch immer zu meiner Idee, als Ximena zurückkehrt.
»Es ist schön, dich wieder lächeln zu sehen«, sagt sie.
Über die Dinge, die mir dieses Lächeln in der letzten Zeit geraubt haben, möchte ich nicht reden. »Hast du die Brieftauben fliegen lassen?«
Sie nickt. »Der Knecht am Taubenschlag war sehr neugierig. Es war weise, in der Lengua Classica zu schreiben.« In der heiligen Sprache. Ximena hat jahrelang Schriften kopiert und spricht sie vermutlich ebenso fließend wie ich, wenn nicht sogar besser.
»Wenn Lord Hector kommt«, sage ich und versuche, gelassen zu klingen, »dann wollen wir ihn fragen, ob er uns zum Kloster bringen kann.«
Ein sehnsüchtiger Blick tritt in Ximenas Augen. »Das wäre sehr schön«, haucht sie.
Wir müssen nicht lange warten. Lord Hector trägt nur eine leichte Rüstung – Leder anstelle von Stahl und einen braunen Reisemantel anstelle des karmesinroten Umhangs der Königlichen Leibgarde. Er verbeugt sich aus der Hüfte.
»Seid Ihr bereit, Hoheit?« Ich nehme den angebotenen Arm und gefolgt von Ximena verlasse ich meine Suite.
Lord Hectors Wissen über den Palast und seine Geschichte erstaunt mich. Er führt uns durch die Waffenschmiede, die Empfangshalle, den großen Ballsaal, die Bibliothek. Lerne deine Umgebung kennen, heißt es in der Belleza Guerra. Also konzentriere ich mich sorgsam auf alles, was Lord Hector uns erzählt. Innerlich wiederhole ich Worte und Phrasen und verbinde sie mit Bildern, so wie es Meister Geraldo mir beigebracht hat. Morgen werde ich denselben Weg noch einmal allein gehen und versuchen, mich an alles zu erinnern, was ich erfahren habe. Es wird nicht schwer sein; Lord Hectors Begeisterung ist ansteckend.
Im Porträtzimmer zeigt er uns Alejandros Vater, eine untersetzte und ergraute Version meines Ehemannes. König Nicolao, so sagt der Gardist, schlug die Heere von Invierne zurück und rettete so die Bergdörfer östlich der Wüste. Bis ihn während einer Schlacht ein verirrter Pfeil traf.
Da ist etwas mit Nicolao oder aber vielleicht auch mit dem letzten Krieg gegen Invierne, das unseren Führer verstummen lässt.
»Habt Ihr Alejandros Vater gedient?«
Er nickt, die Augen auf das Bild gerichtet. »Indirekt. Mit zwölf Jahren wurde ich Prinz Alejandros Page. Wir verbrachten viel Zeit in der Gesellschaft des Königs. Er war ein guter Mann.« Ich kenne Lord Hector nicht gut genug, um mit Sicherheit sagen zu können, ob da Wehmut in seiner Stimme mitschwingt.
Aber dann drängt sich mir eine Frage auf: »Und Alejandro?«
Endlich löst sich sein Blick vom Gesicht König Nicolaos und wendet sich mir zu. »Seine Majestät ist … anders als sein Vater. Aber auch er ist ein guter Mann.«
»Ihr seid sehr jung für einen solchen Posten in der Königlichen Leibwache.«
»Ich wuchs hier im Palast auf, und Alejandro war mir wie ein älterer Bruder. Als eine Stellung frei wurde, war es ihm eine Beruhigung, sie mir zu übertragen.«
Es fällt schwer, unter seinem Blick ruhig zu bleiben. Lord Hector steht respektheischend neben mir, aber gleichzeitig erscheint er so um mich bemüht, dass ich mich frage, ob er möglicherweise gar nicht so streng wahrgenommen werden möchte. Er wirkt wie jemand mit mächtigem Verstand, dessen Gedanken sich unter einer reglosen Oberfläche bewegen.
Meister Geraldo würde ihn mögen.
Der Gardist hebt eine Augenbraue, und ich merke, dass sich meine Lippen zu einem weiten Lächeln verzogen haben. »Ihr erinnert mich an jemanden«, erkläre ich.
Er lächelt zurück. Die langen Jahre im Kriegsdienst verschwinden plötzlich aus seinem Gesicht, und mir wird klar, dass er sogar noch jünger ist, als ich dachte. Seine Zähne sind beeindruckend, weiß blitzen sie unter seinem Schnurrbart hervor, und es ist offensichtlich, dass dies nicht allzu oft geschieht. »Jemand, in dessen Gesellschaft Ihr Euch wohlfühlt, wie ich hoffe.«
Die Worte klingen seltsam unpassend aus seinem Mund. »Natürlich«, bringe ich heraus.
Aber ich merke, dass er kurz erstarrt, und eine seltsame
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