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Der Feuerstein

Der Feuerstein

Titel: Der Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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Dschungelfieber genommen wurde.
Ich brauche deinen Rat. Alejandro hat nicht die Absicht, mich als seine Frau vorzustellen. Er sagt, die Zeit sei nicht reif dafür. Auch wünscht er nicht, dass ich bekannt gebe, dass ich den Feuerstein trage. Wusstest du, dass das geschehen wird? Soll ich ihm trotzdem weiter vertrauen?
Du erhältst mit der Post einen ausführlicheren Brief, aber ich erwarte nicht, dass er dich allzu bald erreicht. Bitte lass mich schnellstmöglichst deine Gedanken wissen.
Grüße Papá von mir.
Elisa
    Ich schreibe den Brief dreimal und hoffe, dass meine Schwester an meinen harschen Federstrichen den Zorn und die Enttäuschung erkennen wird, die in mir brennen. »Aneaxi wurde uns von einem Dschungelfieber genommen.« So eine große und schreckliche Sache, reduziert auf einen einzelnen, lächerlichen Satz, aber ich kann nur ein winziges Stück Pergament am Bein der Brieftauben befestigen und muss mich daher beschränken. Ich rolle die Streifen zusammen, bis sie in kleine Behälter passen, nicht länger als das erste Glied
meines Zeigefingers. Ximena nimmt sie an sich und macht sich, die drei Röhrchen in ihrer Handfläche verborgen, auf den Weg zum Taubenschlag. Schnell schicke ich ein Dankesgebet zu Gott, dass die Brieftauben meiner Schwester die harte Reise durch den Dschungel überstanden haben.
    Unwillkürlich lache ich auf. Wie rasch und ungewollt kam dieses Gebet. Gewohnheitsmäßig schreibe ich alle guten Dinge im Leben Gott zu. Aber nun frage ich mich zum ersten Mal ganz bewusst, ob es vielleicht jemand anderen gibt, dem ich dafür danken sollte. Alejandros Soldaten vielleicht. Oder sogar mir selbst. Wir waren es schließlich, die an diesem schrecklichen Tag den Sieg errungen haben, nicht Gott.
    Vorsichtig taste ich mit den Fingerspitzen über meinen Bauch. Der Stein fühlt sich selbst durch den Baumwollstoff meines Rocks glatt und warm an, und schon allein das ist ein Beweis dafür, dass Gott – oder sonst irgendjemand – existiert. Jemand hat dieses Ding in meinen Nabel eingepflanzt, und von dort sendet es nun seine warme Zuversicht oder seine eisigen Warnungen aus. Durch diesen Stein reagiert jemand auf meine Gebete, indem ich ein spürbares Gefühl der Beruhigung erfahre.
    Aber dieser Jemand hat meine Gebete nicht erhört und zugelassen, dass meine Kammerzofe stirbt. Es ist geradezu widersinnig, dass es ausgerechnet Aneaxis letzter Wunsch gewesen ist, ich möge unbedingt an meinem Glauben festhalten. Es gibt einige Leute, denen ich blind vertraue. Meiner Schwester, Ximena, Alejandro – und auch Gott selbst. Ich werde mehr brauchen als nur das, oh Gott. Wenn du mich so sehr liebst, wie Aneaxi gesagt hat, dann schick mir bitte ein Zeichen. Bald. Zarte Wärme blüht in meinem Bauch auf, breitet sich
in meine Brust und in meine Arme aus, bis sie angenehm kribbeln. Es fühlt sich genauso an wie in jener Nacht an Aneaxis Bett, als ich Gott darum anflehte, ihr Leben zu verschonen, weshalb ich fürchte, dass es nichts zu bedeuten hat.
     
    Cosmé erscheint, noch bevor Ximena zurückkehrt. Sie knickst, aber ich sehe ihren schmollenden Blick, und ich lasse sie nicht wieder aufstehen, bis ich sicher bin, dass die kniende Haltung für sie unbequem wird.
    »Hallo, Cosmé.«
    Sie erhebt sich. »Hoheit, die Condesa sagte, Ihr hättet nach mir verlangt.« Ihr kurzes schwarzes Haar ringelt sich unglaublich gewinnend unter ihrer Dienerinnenhaube hervor, und ihre großen schwarzen Augen wirken tugendhaft. Ich würde sie am liebsten kneifen.
    Schuldbewusst schlucke ich angestrengt. »Ja. Ich brauche während meines Aufenthaltes hier eine Zofe, und ich habe Gefallen an dir gefunden.« Kurz frage ich mich, ob das in ihren Ohren genauso wenig glaubhaft klingt wie in meinen. »Ariña war so freundlich, dich auszuleihen.«
    »Was kann ich für Euch tun?«
    So weit habe ich noch gar nicht gedacht. Cosmé wird Aufgaben brauchen, Aufgaben, die sie ausreichend beschäftigen, damit ihr keine Zeit für Schnüffelei oder Klatsch bleibt.
    »Äh …« Nachdenklich sehe ich mich um. Wie alle Räume, die ich in diesem monströsen Palast bisher gesehen habe, ist auch meine Suite viel zu gewaltig für die wenigen Möbel, die sich darin befinden, und dadurch wirken die Zimmer leer, offen und alles andere als anheimelnd. »Ich brauche einen Stuhl. Zwei Stühle. Wenn du keine auftreiben kannst, dann
beauftrage bitte jemanden damit, sie anzufertigen. Und ich brauche Pflanzen. Große Pflanzen in Kübeln. Irgendetwas

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