Der Feuerthron
aus und zitterte, als würde er die Flammen bereits am eigenen Leib spüren.
Der alte Edelmann, der trotz der kritischen Lage höfische Kleidung angelegt hatte und dazu Perücke und Schönheitspflästerchen trug, wandte sich mit einer verächtlichen Handbewegung ab. »Abjetzt übernehme ich das Kommando. Ich sage, wir schießen zurück!«
Er wollte den Thronsaal verlassen, als ihm Yanga entgegenkam. Ihr Gesicht war verzerrt, und aus ihren Augen schlugen schwarze Flammen. »Du wirst gar nichts übernehmen! Wachen, schafft den Mann in den Kerker!«
Die Männer schwankten zwischen ihrer Angst vor der Zweiten Hexe und ihrer Empörung, denn sie standen innerlich auf Seiten des Edelmannes und wünschten trotz aller Beeinflussung durch die schwarze Kraft, ihre Stadt zu verteidigen. Ein magischer Stoß aus den schwarz leuchtenden Augen der Hexe brach schließlich ihren Willen, und sie zogen die Waffen gegen den Alten. »Ihr habt gehört, was Yanga befohlen hat, Hoheit. Bitte folgt uns ohne Widerstand!«
Der Edelmann schien nicht fassen zu können, was ihm widerfuhr, und schrie mit überschnappender Stimme, dass dies übelster Verrat sei und die Große Blaue Göttin sie dafür bestrafen würde.
»Hinaus mit ihm!«, befahl Yanga, trat dann ans Fenster und blickte auf die brennende Stadt hinab. Eigentlich hätte sie dieses Bild als Niederlage empfinden müssen, doch ihr war, als sei sie auf dem Weg zu ihrem größten Triumph. Zum ersten Mal trug sie ihren Talisman offen und genoss die Macht, die er ihr verlieh. Nun war sie stärker als jemals zuvor. Ihre Kräfte übertrafen Torrix’ bei Weitem und auch die jener sagenhaften Hexe, die einst Ilyndhir gegründet haben soll.
Als sie dem Geschehen in der Stadt den Rücken kehrte, überzog ein höhnischer Ausdruck ihr Gesicht. Sie trat auf Berrell zu, der sich ehrerbietig vor ihr verneigte. »Wolltest du nicht den Gurrländern die Kapitulation anbieten? Warum zögerst du, es zu tun?«
»Glaubt Ihr, das sei richtig, Herrin?«
»Ich kenne die Macht Gurrlands besser als du, denn ich habe sie lange erforscht. Sich dem Kaiser zu widersetzen ist sinnlos und würde nur harte Strafen nach sich ziehen. Geh jetzt! Ich befehle es dir!«
Eine schwarze Flamme schoss auf Berrell zu und hüllte ihn für einen Augenblick ein. Als das Licht wieder erlosch, schlurfte der Stadtkommandant mit müden Schritten davon.
»Etwas schneller, wenn ich bitten darf!«, rief ihm die Hexe nach. Dann trat sie erneut ans Fenster. Was sie sah, gefiel ihr. Die Stadt sollte niederbrennen, damit die unmöglichen Fachwerkhäuser und mit ihnen die schmalen, krummen Gassen verschwanden. All das würde durch gerade Straßen, Kasernen und Sklavenquartiere ersetzt werden. Diesen würden Manufakturen folgen, in denen die Arbeitskraft der Bevölkerung so gut ausgenutzt werden konnte, wie es nur ging. Auch der Palast würde abgerissen werden, denn er war nutzlos geworden. Der Magierturm hingegen musste bis auf den untersten Keller abgetragen und alle Hexen und Adepten vernichtet werden.
Irgendetwas in Yanga wunderte sich über diese Gedanken und kämpfte dagegen an. Das Leuchten in ihren Augen wurde wieder heller, und der schwarze Schein darin erlosch. Verwirrt schaute sie sich um. Die Feuer in der Stadt zeichneten flackernde Schatten an die Wände, und während sie aus dem Fenster starrte, stiegen vom jenseitigen Flussufer erneut Feuerkugeln auf und stürzten auf die Dächer der noch unversehrten Häuser.
Mit einem Mal fror Yanga, und sie versuchte zu begreifen, was hier geschah. Es gelang ihr jedoch nur mühsam, sich zu erinnern. Torrix war entführt worden. War das gestern passiert oder schon länger her? Nun fielen ihr die Zauberspruchrollen ein, die sie für die Hexen geschrieben hatte, die mit dem Heer nach Gelonda gezogen waren. Sie erinnerte sich an die Schriftzeichen, die sie dafür verwendet hatte, und sie erschrak. Es waren keine Kriegszauber, sondern Spruchrollen des Todes gewesen.
Die Königin hatte ihr die Stadt anvertraut. Aber sie hatte ihre Einwohner wehrlos gemacht und dem Feind ausgeliefert. Yangas Blick fiel auf ihren Talisman. Seine Kraft durchströmte sie und hatte ihr Macht verliehen. Nun spürte sie auch die Bosheit, diedem Kristall innewohnte. Vor ihrem inneren Auge tauchte nun eine schwarz gekleidete Gestalt auf einem brennenden Thron auf, und sie vernahm ein höhnisches Lachen.
»Du hast mir gut gedient, Närrin. Jetzt brauche ich dich nicht mehr. Ilyndhir ist mein!« Ein schwarzer Blitz
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