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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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zuckte aus dem Kristall. Wie von einem heftigen Schlag getroffen, wurde Yanga gegen die Wand geschleudert und blieb wie eine zerbrochene Puppe liegen.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis die Hexe wieder zu sich kam. Ihre Heilfähigkeiten waren gering, doch sie reichten aus, um die Schmerzen zu mildern, die sie durchzogen. Als sie ihren Körper in Gedanken abtastete, stellte sie fest, dass fünf Rippen und ihr rechter Arm gebrochen waren. Außerdem hatte sie sich die Hüfte so stark geprellt, dass sie nur mit Mühe aufstehen konnte.
    Sie rief nach der Dienerschaft. Da niemand antwortete oder erschien, humpelte sie zur Tür. Ihr Blick fiel durch eines der Fenster, und sie sah, dass die Gurrländer den Palast unter Beschuss genommen hatten. Teile der Anlage brannten bereits, und es würde nicht lange dauern, bis das Feuer auch den Audienzsaal erreichte. Normales Feuer hätte sie selbst in ihrem angeschlagenen Zustand nicht gefürchtet, doch dieses hier wurde durch Magie erzeugt und genährt.
    Nun packte sie die Angst vor einem viel zu frühen Tod, und das verlieh ihr einen Funken Kraft. So rasch sie es vermochte, verließ sie den Palast und quälte sich zum Magierturm. Als sie ihn betreten hatte, rief sie nach den noch übrig gebliebenen Bewohnern. Doch auch hier antwortete ihr niemand.
    Hinter der nächsten Tür fand sie Ethrul, den Hofmagier von Malvone. Er lag wie in einer Bewegung erstarrt auf dem Boden, und in seinen Augen war noch das Erstaunen über den Zauber zu erkennen, der ihn überraschend getroffen hatte. Auch die anderen Hexen und Adepten lagen zu Stein erstarrt in den Aufenthaltsräumen oder ihren Kammern und würden, wie ihr eine hämischeStimme verriet, ihr Ende unter den Hämmern und Äxten der Gurrländer finden. In ihrem eigenen Zimmer entdeckte sie die Überreste einer Spruchrolle mit einem Versteinerungszauber, den sie selbst niedergeschrieben und mit dem sie alle anderen Hexen und Magier ausgeschaltet hatte.
    Langsam begriff Yanga, dass ihr geliebter Talisman nicht mehr gewesen war als ein Artefakt, mit dem der Kaiser auf dem Feuerthron sie beeinflusst und sich ihrer bedient hatte, als wäre sie eine seiner versklavten Hexen.
    »Nein! Nein! Nein! Ilyna, hilf mir, das wieder gutzumachen!«, schrie sie und zerrte in aller Eile einen Bogen magischen Papiers aus einem Stapel. Dann nahm sie ihre Feder in die Linke und begann zu schreiben. Sie würde die anderen Magier wieder aufwecken, damit sie gemeinsam versuchen konnten, zu retten, was noch zu retten war. Aber bevor sie die erste Schriftrolle versiegeln konnte, erklangen schwere Schritte im Korridor. Trotz ihres Schutzzaubers wurde die Tür aufgebrochen, und drei Gurrländer stampften herein.
    Derjenige, den seine Abzeichen als Offizier auswiesen, deutete auf sie. »Nehmt die Hexe gefangen!«
    Yanga ließ die Schriftrolle fallen und griff mit der Linken zu dem Messer, mit dem sie ihre Schreibstifte zurechtschnitt. Eine andere Waffe besaß sie nicht. Gleichzeitig schleuderte sie einen Fluch gegen die Männer, der sie eigentlich hätte verwirren müssen. Doch die Gurrländer trugen Schutzamulette, gegen die ihre gesprochenen Zauber nicht wirkten, und so hing sie im nächsten Augenblick hilflos in den Fäusten der beiden Soldaten. Die Männer bogen ihr die Arme auf den Rücken und fesselten sie mit silbernen Handschellen. Gleichzeitig streifte der Offizier ihr eine Art Sack aus Silbergeflecht über den Kopf und band ihn sorgfältig fest. Das kapuzenähnliche Ding besaß keine Augenschlitze, sondern nur ein Loch in Höhe des Mundes, durch das sie atmen konnte. Da Silber als einziges Material Magie abschirmen konnte, war Yangaauch magisch blind und hörte außerdem kaum noch etwas. Wie aus weiter Ferne vernahm sie, wie der Offizier den Soldaten befahl, sie auf ein Schiff zu bringen und dort in einen sicheren Raum einzusperren.
    Dann versetzte der Gurrländer ihr einen Fußtritt und lachte höhnisch. »Bald wirst du Seiner glorreichen Majestät gegenüberstehen und den dir gebührenden Dank für deine Hilfe erhalten!«
10
    Hekerenandil haderte mit ihrem Gewissen. Es gehörte sich einfach nicht, das Heim einer anderen Runi während deren Abwesenheit zu betreten. Zu einer anderen Zeit hätte sie niemals in Erwägung gezogen, in Sianderilnehs Baumhaus einzudringen, doch die Sorge um ihre Tochter machte sie so krank, dass keine Heilmagie ihr half.
    Sie war von der Königin harsch getadelt worden, weil sie Hekendialondilan mit den fremden Kindern fortgeschickt

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