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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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muss so schnell wie möglich zu mir gebracht werden. Was diesen Gurrlandbastard betrifft, so tötet ihn, sobald ihr ihn seht!« Yangas Stimme klang bei diesen Worten seltsam verzerrt und wies einen Akzent auf, den noch nie jemand von ihr vernommen hatte. Im nächsten Moment schüttelte sie sich und schien nicht mehr zu wissen, was sie eben gesagt hatte.
10
    Mera wurde vom Knurren ihres Magens geweckt und wunderte sich im ersten Augenblick. Hatte sie die Mutter gestern so verärgert, dass sie ohne Abendessen ins Bett geschickt worden war? Erst als sie das Rauschen des Windes in den Zweigen vernahm, begriff sie, dass sie sich nicht im »Blauen Fisch« befand, sondern mitten im Hexenwald. Dieser Ort mochte für ihre seltsamen Träume verantwortlich gewesen sein, in denen sie die Königin und deren Zweite Hexe zu sehen geglaubt hatte. Sie schüttelte sich und richtete sich auf.
    Es war bereits Tag. Das blaue Licht, das die Pflanzen ausstrahlten,hatte sich zu einem sanften Glimmen gemildert, und die leuchtenden Spuren, die sie auf dem Moos hinterlassen hatte, waren verblasst.
    »Wir leben noch!« Girdhan hörte sich an, als könne er es kaum glauben.
    Im ersten Augenblick wollte Mera ihn auslachen, aber dann erinnerte sie sich an die Geschichten, die über diesen Wald im Umlauf waren, und spreizte abwehrend die Finger. Hier gab es Geheimnisse, an denen sie nicht rühren wollte. »Ich hoffe, Hannez bleibt nicht zu lange aus. Ich habe nämlich Hunger, und ich glaube nicht, dass wir hier etwas Essbares finden werden.«
    »Ich könnte einen ganzen Stachelfisch vertragen.« Girdhan seufzte und sah Mera auffordernd an. »Wir sollten an den Waldrand zurückkehren und auf Hannez warten.«
    Das Mädchen nickte und wollte aufstehen, als Timpo in ihren Armen unruhig wurde und ihr sogar in die Hand biss.
    »Was soll das?«, rief sie ärgerlich und starrte auf den Abdruck seiner Zähne in ihrer Haut.
    Da zeigte Girdhan auf einen Busch, der am Abend mit Sicherheit noch nicht an dieser Stelle gestanden hatte und dicht mit den größten Blaubeeren bedeckt war, die Mera je gesehen hatte. Dabei wurden Früchte dieser Art erst in zwei oder drei Monaten reif.
    Timpo, der Blaubeeren über alles liebte, entwand sich jetzt ihrem Griff und rannte zu dem Busch. Als er zu fressen begann, folgte Mera ihm, probierte vorsichtig und pflückte die Früchte dann schneller, als sie sie schlucken konnte. Mit vollen Backen kauend, forderte sie Girdhan auf, ebenfalls zuzugreifen.
    »Die Dinger schmecken einfach herrlich!«
    Girdhan kam so vorsichtig näher, als erwartete er, jeden Augenblick von dem Busch verschluckt zu werden, und kostete zögernd. Aber als die erste Beere auf seiner Zunge zergangen war, begann er, die Früchte in sich hineinzuschaufeln, als habe er mindestens drei Tage hungern müssen.
    Als alle drei satt waren, nahm Mera Timpo wieder auf den Arm, und sie wanderten zurück zum Waldrand. Dabei kam ihnen zugute, dass Mera ihre Spuren vom Vortag noch schwach erkennen konnte, denn der Wald sah in allen Richtungen gleich aus.
    An der Stelle, an der sie sich von Hannez getrennt hatten, stellten sie enttäuscht fest, dass er nicht zurückgekommen war. Das mochte an den vielen Patrouillen liegen, die an diesem Morgen das Land durchstreiften und Spürhunde mit sich führten.
    »Da kommen wir niemals durch.« Niedergeschlagen und sichtlich verängstigt, zog Girdhan sich hinter ein paar Büsche zurück, deren Zweige mit fingerlangen Dornen bedeckt waren.
    »Vorsicht! Das sind Pfeilbüsche! Wenn du ihnen zu nahe kommst, verwandeln sie dich in einen Igel«, rief Mera entsetzt. Sie hatte schon einige Schauergeschichten über diese verhexten Pflanzen gehört, die angeblich auf ihren Wurzeln laufen konnten.
    Doch zu ihrer beider Überraschung schossen die Büsche ihre Dornen nicht ab, obwohl Girdhan einen Zweig gestreift hatte. Als sie genauer hinschauten, sahen sie, dass die metallisch schimmernden Spitzen sich langsam auf den Rand des Waldes richteten, so als wollten sie das beschützen, was sich in seinem Innern befand.
    »Irgendetwas geht hier vor, aber ich weiß nicht, was.« Mera sah sich um und spitzte die Ohren.
    Der ganze Wald war von einer seltsamen Unruhe erfüllt, und je länger sie die Büsche betrachtete, desto mehr schienen es zu werden. Sie bewegten sich, rückten zusammen und schoben sich nach vorne, so als wollten sie einen Wall bilden. Nun kam es Mera vor, als spräche jemand zu ihr. Die Stimme erklang in ihrem Kopf, doch sie wisperte

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