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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Zauberin ausgebildet. Wer weiß, vielleicht wirst du später sogar eine Hofheilerin, wie deine Großmutter eine gewesen ist.«
    Der Gedanke an ihre Großmutter trieb Mera die Tränen in die Augen, und sie presste Timpo so fest an sich, dass er winselnd protestierte. Gleichzeitig wurde ihr schwindlig, und sie glaubte eine fremde Stimme in ihrem Kopf zu hören, die sie zum Aufbruch mahnte.
    »Ihr könnt hier nicht bleiben. Wenn ihr das tut, wird die Hexe euch über kurz oder lang kriegen. Ihre Leute werden deinen Freund wie einen Hund erschlagen und dich im Magierturm gefangen halten. Dann ist alles verloren.«
    »He, Mera, was ist mit dir?«
    Sie hörte Girdhan rufen und bemerkte, dass sie auf den Moospolstern lag, ohne sich daran erinnern zu können, hingefallen zu sein. Nun ergriff sie Girdhans ausgestreckte Hand und ließ sich aufhelfen. »Jemand hat in meinem Kopf gesprochen, und diesmal konnte ich ihn ganz deutlich verstehen. Er warnte mich eindringlich davor, hierzubleiben. Girdhan, wir müssen Ilyndhir auf eigene Faust verlassen, denn Hannez wird nicht mehr kommen, um uns wegzubringen. Gewiss haben die Leute der Hexe ihn und meine Mutter gefangen genommen. Hoffentlich passiert ihnen nichts!«
    Bei dem Gedanken an den Verlust von Mutter und Großmutter überkam Mera das Gefühl, nun ganz allein auf der Welt zu sein und keine Heimat mehr zu haben, und ihr liefen Tränen über die Wangen. Aber sie hatte keine Zeit, sich ihrem Kummer hinzugeben, denn sie musste nach einem Weg suchen, auf dem sie und Girdhan Ilyndhir verlassen konnten.
    Immer noch weinend stand sie auf und klemmte sich Timpo unterden Arm. Dabei musste sie daran denken, dass ihre Großmutter und dieses Tierchen unzertrennlich gewesen waren. Timpo, hatte die Großmutter gesagt, würde unter allen Umständen versuchen, zu ihr zu gelangen. Bis jetzt hatte sie diese Worte nicht wörtlich genommen, doch als sie Timpo nun betrachtete, war sie sich nicht mehr so sicher. Er schnupperte immer wieder nach Westen und wollte auch jetzt in diese Richtung laufen.
    Mera hob das Tierchen vor ihr Gesicht und sah es durchdringend an. »Witterst du etwas?«
    Kaum hatte sie es gesagt, da wurde ihr erneut schummrig, und sie sah ihre Großmutter vor sich. Merala lag wie zu Stein erstarrt auf einer Unterlage aus geflochtenen Blättern. Neben ihr konnte Mera Torrix erkennen, der ebenfalls in eine Statue verwandelt zu sein schien. Ein von Licht umspielter Umriss beugte sich über die beiden, und als er die Großmutter berührte, erlosch die Illusion. Verzweifelt versuchte Mera, das Bild noch einmal zurückzuholen, doch sie nahm nur Girdhan wahr, der neben ihr kniete und sie schüttelte.
    »Lass das! Du tust mir weh«, stöhnte Mera.
    »Ich habe nur versucht, dich wach zu bekommen! Du bist nämlich schon wieder umgekippt.«
    Mera versuchte, ihre Benommenheit abzustreifen, fühlte sich aber so schwach, dass sie sich auf das Moos setzen musste. Gleichzeitig verspürte sie einen fürchterlichen Durst.
    »Ich brauche Wasser!«, stöhnte sie, ohne zu wissen, wo sie welches herbekommen sollte.
    Da sprang Girdhan auf und wies mit offenem Mund auf eine Quelle, die in ihrer Nähe zu sprudeln begann. »Das geht nicht mit rechten Dingen zu!«
    »Von mir aus! Hauptsache, ich habe etwas zu trinken.«
    Girdhan musste Mera aufhelfen und sie stützen, sonst hätte sie das kühle Nass nicht erreicht. Als sie dann zu trinken begann, konnte sie schier nicht mehr aufhören. Nach einer Weile setztesie sich auf das Moos und massierte sich die Schläfen. Girdhan musterte sie mit einer Mischung aus Furcht und Mutlosigkeit, aber auch mit einem Fünkchen Hoffnung.
    »Hast du ein Traumgesicht gehabt, so wie Magier und Hexen sie bekommen? Ich habe gehört, dass diese Leute hinterher fürchterlich erschöpft sind und dringend essen und trinken müssen.«
    »Ein Traumgesicht war es sicher nicht. Oder doch?« Mera wiegte den Kopf. »Vielleicht war es so eine Art Fingerzeig. Ich habe die Großmutter gesehen und Torrix. Wie es aussieht, befinden sie sich auf einem Schiff, das irgendwo im westlichen Ozean fährt. Es müsste etwa in dieser Richtung sein!« Noch während sie es sagte, glaubte sie einen blauen Faden zu sehen, der von Timpo ausging, sich nach Westen zog und hinter dem Horizont verschwand.
    Sie zeigte darauf. »Wir sollten es tun!«
    »Was tun?«, fragte Girdhan verwirrt.
    »Der Großmutter folgen! Wenn wir herausfinden, wer sie entführt hat, können wir sie vielleicht befreien.«
    »Wir zwei?

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