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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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wir gestern gesehen haben,auch nicht. Vielleicht handelte es sich sogar um dieselben Schiffe, die den Ardhunier versenkt haben.«
    »Dann können wir nur hoffen, dass wir ihnen nicht begegnen.« Mera schüttelte sich fröstelnd. Der Zwischenfall mit dem treibenden Schiffsrumpf hatte ihr gezeigt, wie gefährlich ihre Reise war.
5
    Als der Morgen endlich anbrach, war vo n dem Wrack nichts mehr zu sehen. Mera seufzte erleichtert, denn sie wurde das Gefühl nicht los, gepackt und auf den Grund des Meeres gezerrt zu werden. Die Sonne vertrieb langsam ihre Angst, und sie entschloss sich, ins Bett zu gehen. Müde genug war sie dafür. Doch kaum lag sie auf der Matratze, da trieb eine innere Unruhe sie wieder hoch. Sie schlüpfte, da sie nicht im Hemdchen herumlaufen wollte, in die alten Hosen und das Fischerhemd, die Kip sonst für die Arbeit am Boot benützt hatte, und eilte hinaus.
    »Ich dachte, du wolltest schlafen?«, fragte Kip überrascht.
    »Ich hab’s ja versucht, aber es geht nicht. Ich habe so ein komisches Gefühl.« Mera lehnte sich an den Mast und blickte aufs Meer hinaus. Zuerst war nichts weiter zu sehen als Wellen und Gischt. Dann aber tauchte seitlich vom Kurs der »Seeschäumer« plötzlich etwas auf einem Wellenkamm auf und verschwand sofort wieder aus ihrem Blickfeld.
    »He, Kip, schau mal dorthin! Was kann das sein?« Mera zeigte in die Richtung, wo sie etwas vermutete, doch der Junge entdeckte zunächst nichts.
    »Das kann ein springender Delfin oder treibendes Seegras gewesen sein«, meinte er, übergab aber auf Meras Drängen Girdhan das Steuer und kletterte den Mast hoch.
    »Jetzt sehe ich es auch! Das könnte das Wrack von heute Nacht sein. Nein – dafür ist es zu klein. Sieht eher aus wie ein paar Planken, die von einem Schiff übrig geblieben sind.« Er verstummte für einen Augenblick, wischte sich dann über die Augen und rief fassungslos: »Da ist ja jemand drauf!«
    Sein Blick traf Mera. »Glaubst du, du kannst mir die Richtung zeigen, damit ich darauf zusteuern kann?«
    »Ich will es versuchen.« Mera wartete, bis Kip wieder herab geklettert war, und stieg jetzt selbst hinauf. Zum Glück war der Mast eines Fischerbootes nicht allzu hoch, dafür musste sie sich oben aber auf die Segelstenge setzen und mit den Händen an der Mastspitze festhalten.
    »Jetzt kann ich es auch sehen. Es ist ein ziemlich großes Wrackteil, und darauf liegt eine Person. Sie scheint noch am Leben zu sein, denn sie winkt zu uns herüber.«
    »In welche Richtung muss ich steuern?«, fragte Kip ärgerlich. »Nach links!«
    »Das heißt nach backbord, du Landratte!«
    »Angeber!«
    Trotz der kleinen Auseinandersetzung lotste Mera Kip zu dem Wrackteil, während Girdhan den Bootshaken nahm, um es im richtigen Augenblick festhalten zu können.
    Es handelte sich um ein Stück eines Verdecks, gerade so groß, dass es einen Menschen tragen konnte. Da es immer wieder in einem Wellental versank, konnte Mera nicht genau erkennen, um wen es sich bei dem Schiffbrüchigen handelte. Der Kleidung nach war es wahrscheinlich eine Frau und wohl auch eine eher fremdartige, denn in der Sonne leuchtete ihr Gewand in einem hellen Violett.
    Als die »Seeschäumer« näher kam, konnte Mera sehen, dass die Haare der Fremden ebenfalls violett gefärbt waren. Da diese Farbe nur auf den Ardhunischen Inseln gebräuchlich war, musste die Frau von dort stammen oder zu Flüchtlingen gehören, die auf Gelonda Zuflucht gesucht hatten.
    »He, hallo! Kannst du uns hören?«, rief Mera, so laut sie konnte. Die Fremde versuchte aufzustehen, doch ihre Planke wackelte so stark, dass sie sich sofort wieder hinsetzte.
    »Gleich sind wir da!«, schrie Mera hinüber und gab Girdhan ein Zeichen, wo sie auf das Wrackteil treffen würden. Er lief ein Stück weiter nach vorne, packte das Holz so geschickt mit dem Bootshaken, dass es nicht aus dem Gleichgewicht geriet, und zog es an die »Seeschäumer« heran. Aber als er der Fremden die Hand hinstreckte, um sie an Bord zu holen, wich diese schreiend vor ihm zurück.
    »Ein gurrländisches Ungeheuer!«
    Nun erkannte Mera, dass sie keine Frau vor sich hatten, sondern ein Mädchen, das nur wenig älter sein konnte als sie selbst. Wütend, weil die Fremde so hysterisch auf ihren Freund reagierte, brüllte sie sie an. »Willst du jetzt gerettet werden oder nicht? Dann zick gefälligst nicht so rum!«
    Vor die Wahl gestellt, weiter auf dem Meer herumzutreiben oder an Bord des Fischerbootes genommen zu werden, entschied

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