Der Feuerthron
selbst zum Wassersack. Da die drei in die Richtung starrten, aus der sie den Sturm erwarteten, bemerkten sie zunächstnicht, wie das Mädchen den Schlauch öffnete und begann, sich selbst und die Salzränder aus ihrer Kleidung zu waschen. Als Kip darauf aufmerksam wurde und ihr den Verschluss aus den Händen riss, hatte sie bereits mehr als die Hälfte des Wassers vergeudet.
»Bist du verrückt geworden? Da haben wir eh schon verdammt wenig Wasser, und du verschüttest es sinnlos!«
»Es ist nicht sinnlos, denn ich musste mein Gesicht und meine Hände waschen. Eigentlich hätte mir ja jemand die Waschschüssel halten müssen. Übrigens, wie sprichst du mit mir? So einen Ton verbitte ich mir!«, antwortete Careela von oben herab.
Gegen so viel Dickfelligkeit kam auch Kip nicht an. Er hob den arg schlaff wirkenden Wassersack auf, trug ihn in die Kajüte und steckte ihn unter eines der Betten. Als er wieder zurückkam, stemmte er die Hände in die Seiten und sah seine Freunde und die Prinzessin grimmig an.
»Ab jetzt geht keiner mehr ohne meine Erlaubnis an unser Trinkwasser, verstanden? Den Ersten, den ich erwische, werfe ich eigenhändig über Bord.«
»Da dürftest du dich ein wenig schwer tun, Kleiner!« Mera ärgerte sich, weil Kip sich jetzt vor allen aufspielte, obwohl nur Careela so unvernünftig gewesen war, Wasser zu verschwenden.
Girdhan schnaubte missbilligend, denn ihm war genauso klar wie seinen Freunden, dass die Rettung der Prinzessin ihnen wohl noch etliche unangenehme Stunden bereiten würde. Auch Mera dachte seufzend, dass ihre zunächst so gemütliche Fahrt sich in ein Abenteuer mit zweifelhaften Aussichten verwandelt hatte.
Von nun an würden sie nicht nur auf dieses eingebildete Mädchen aufpassen müssen, damit es keinen weiteren Unsinn machte, sondern auch darauf achten, dass sie selbst nicht ins Streiten gerieten. Aus diesem Grund schluckte sie das, was sie hatte sagen wollen, wieder hinunter und setzte sich an den Bug. Fleckchen und Timpo kamen mit ihr und gaben deutlich zu verstehen, dass sie gekrault werden wollten.
6
Die Königin blickte auf dem Hafen hinab und empfand angesichts der einlaufenden Schiffe Unbehagen über die Lücken, die der Kampf mit Gurrland in ihre eigene Flotte gerissen hatte. Zwar wurden weiter oben am Fluss neue Schiffe auf Kiel gelegt, doch nur die wenigsten von ihnen würden rechtzeitig genug fertiggestellt sein, um in den nächsten, womöglich entscheidenden Seeschlachten dieses Krieges eingesetzt werden zu können.
»Wir brauchen mehr Zeit!« Die Stimme Ilnas V. klang brüchig. Zeit, das wusste sie selbst, war das, was sie am wenigsten besaßen. Sie drehte sich zu Yanga um und sah, dass die Zweite Hexe den Ornat einer Hofmagierin angelegt hatte. Unwillkürlich ärgerte die Königin sich darüber. Zwar war Torrix spurlos verschwunden, doch sie hatte seinen Posten noch nicht neu vergeben. Daher war es anmaßend von Yanga, ihre Entscheidung vorwegzunehmen.
Die Hexe bemerkte Ilnas tadelnden Blick und versteifte sich. »Es ist notwendig, Euer Majestät, so aufzutreten. Ihr wollt doch nicht, dass diese Dämonenanbeter unser Reich für schwach halten. Torrix’ Verschwinden muss verschleiert werden, ebenso der Verlust der durch die schwarzen Galeeren versenkten Schiffe.«
Diesen schon unverschämt zu nennenden Ton war Ilna V. von ihrer Zweiten Hexe nicht gewohnt. Auch wenn die Frau zu den wenigen magisch befähigten Menschen in ihrem Reich zählte und sie selbst außer einer gewissen Langlebigkeit keine besonderen Fähigkeiten aufzuweisen hatte, so musste Yanga ihr solche Überlegungen als Vorschläge unterbreiten und nicht als Diktat, insbesondere da die Hexe sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte. Es war ihr weder gelungen herauszubekommen, wohin Torrix verschwunden war, noch hatte sie die magisch begabte Enkelin der einstigen Heilerin Merala finden können. Das Mädchen, dem große Kräfte zu eigen sein sollten, war von einem gurrländischenAgenten und dessen verräterischen Kumpanen auf ein verstecktes Boot verschleppt und entführt worden. Nun befand sich diese Mera auf dem Weg nach Gurrland und würde von dem Herrn des Feuerthrons versklavt werden.
Königin Ilna atmete tief durch, um den Ring, der ihre Brust umschloss, zu sprengen, und blickte wieder auf die ankommenden Schiffe hinab. Das Flaggschiff der Malvoner war fast doppelt so groß wie das ilyndhirische, trug aber Segel in neutralem Grau, und der Kapitän hatte sogar auf den üblichen Wimpel
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