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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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geschehen. Ich glaube nicht, dass Sianderilneh lange zögern wird.«
    »Das glaube ich auch nicht. Dein Boot liegt bereit, und deine Freunde hatten ein wenig Zeit, sich auszuruhen. Geh jetzt und wecke sie. Fahrt mit Meandirs Segen und auch mit dem der Blauen Göttin Ilyna!«
    Die Mutter umarmte Hekendialondilan noch einmal, schob sie auf den Ausgang zu und verschloss diesen wieder hinter ihr. Während das Mädchen den schmalen Steg hinuntereilte, setzte Hekerenandil sich auf einen Stuhl, der sich aus Zweigen bildete, und verbarg ihr Gesicht mit den Händen. Sie wusste, dass sie das Richtige getan hatte, doch sie hatte Angst vor den Folgen, die ihre Handlungsweise nach sich ziehen würde.
13
    Hannez umklammerte den Spieß, den man ihm in die Hand gedrückt hatte, und starrte auf den Feind. Angesichts der massigen Gestalten in ihren schwarzen Rüstungen und Visieren, die Fratzen aus schlimmen Albträumen glichen, kroch die Angst wie lähmendes Gift in ihm hoch. Die Piken der Gurrländer maßen mehr als zwei Manneslängen. Ein Ilyndhirer wie er hätte eine dieser Waffen gerade mal mit beiden Händen festhalten, aber niemals damit kämpfen können. Die Gurrländer hingegen hantierten mit ihnen, als bestünden die Schäfte aus Schilfrohr. Andere Gurrländer hielten große Doppeläxte in den Händen und drohten damit zu den eigenen Reihen herüber, und zwischen den Nahkämpfern standen Pulks von schwarz gewappneten Armbrustschützen, von denen jeder kräftig genug war, die Waffe mit der Hand spannen zu können.
    »Es wird mehr Bolzen hageln, als wir uns vorstellen können!« Der Soldat links von Hannez, ein graubärtiger Bauer aus Gelonda, den man zum letzten Aufgebot des Reiches geholt hatte, spie aus und sah sich dann um, als suche er nach einem Fluchtweg.
    Hannez ertappte sich dabei, dass er ebenfalls an Flucht dachte. Dabei standen er und sein gelondanischer Kamerad nicht in den vorderen Reihen, sondern gehörten zur Reserve, die erst dann eingreifen sollte, wenn der Feind die eigenen Linien an einer Stelle durchbrochen hatte.
    Er versuchte sich Mut zu machen, indem er die Krieger betrachtete, welche die Könige und Königinnen der Menschen hier versammelt hatten. Da gab es große, schlanke Malvoner mit leuchtend grünen Helmbüschen und Schilden, die mit gezogenen Schwertern auf den Ansturm des Feindes warteten, und die noch größer und wuchtiger wirkenden Gelondaner, die ihre Rüstungen zu Ehren ihres Gottes gelb bemalt hatten. Neben ihnen stand am linken Flügeldas Aufgebot der Girdanier, die noch immer davon träumten, ihre Heimat befreien zu können.
    Bei ihrem Anblick musste Hannez an Girdhan denken. Er fragte sich, wie es ihm und Mera wohl gehen würde. Er hatte schon so lange nichts mehr von ihnen gehört, dass er sie für tot halten musste. Vermutlich ruhten ihre Leiber bereits auf dem Grund des Meeres. Es mochte auch sein, dass die Gurrländer sie aufgespürt und gefangen genommen hatten: Dann erwartete sie ein Schicksal, das noch schlimmer war als der Tod.
    Hannez erinnerte sich an Girdhans Vater, der vor vierzehn Jahren mit seiner schwangeren Frau nach Ilynrah gekommen war und die Insel noch vor der Geburt seines Sohnes wieder verlassen hatte. Jetzt ärgerte er sich, dass er nicht die Gelegenheit wahrgenommen hatte, zu den Girdaniern zu gehen und sich nach ihm zu erkundigen. Er schüttelte diesen Gedanken jedoch rasch wieder ab und setzte die Musterung der eigenen Truppen fort. Rechts von den Malvonern stand das Aufgebot Herzog Lenghils von Teren. Jeder der Männer war mindestens einen Kopf kleiner als die Leute von Malvone, aber sie galten als zäh und beharrlich, und sie waren die geschworenen Todfeinde der Gurrländer. Sie würden gewiss als Letzte vom Schlachtfeld weichen. An die Leute von Teren schlossen sich die eigenen Leute an, Ilyndhirer und Wardanier mit ihren wehenden blauen Fahnen, jeder mit Wurfspeeren und einem armlangen Schwert bewaffnet.
    Hannez fand es bedauerlich, dass die Königin kein Amazonenkorps mitgeschickt hatte. Die Langbögen der Ilyndhirerinnen hätten hier viel bewirken können. Die Rüstungen der Gurrländer sahen zwar fest aus, doch ein ilyndhirischer Pfeil würde auch sie durchschlagen, und die Bögen reichten mehr als doppelt so weit wie die gurrländischen Armbrüste.
    Ein schallender Hornstoß auf der anderen Seite, dem etliche wuchtige Trommelschläge folgten, riss Hannez aus seinen Gedanken. Er starrte schaudernd zu den Gurrländern hinüber, doch dierückten noch nicht

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