Der Feuerthron
Menanderah und den Heiligen Baum und damit auch ihr Volk zu beschützen.
Während Sianderilneh neue Pläne schmiedete, schritten Hekerenandil und ihre Tochter, tief in ihre nach außen abgeschirmten Gedanken verstrickt, durch den Wald. Hekendialondilan war so empört über das Gehörte, dass sie nicht einmal die Beeren pflückte, die ihr von den Büschen so einladend hingehalten wurden. Als sie ihren Zorn nicht mehr beherrschen konnte und den Mund auftun wollte, um etwas zu sagen, zischte die Mutter sie leise an.
»Sei still! Hier hören andere mit.« Es war sehr ungewöhnlich, dass sie ihren Mund zum Sprechen benutzte, anstatt zu senden.
Hekendialondilan sah sie erstaunt an. Um die Lippen der Mutter spielte ein eigenartiges Lächeln, und in ihren Augen lag ein Glanz, der einem Feind gewiss Angst eingeflößt hätte.
Hekerenandil entspannte sich ein wenig, als sie ihr eigenes Heim erreichte, und blickte als Erstes in das Blätterzelt, das sie Mera und ihren Freunden zur Verfügung gestellt hatte. Die Menschenkinder schliefen fest. Offensichtlich hatten die Aufregung und die Beeren, die jeden Essenswunsch erfüllten, die jungen Leute müde gemacht. Hekerenandil streichelte das Salasa der jungen Blauen. Es sah genauso aus wie ihr eigenes, doch seine magische Farbe war tatsächlich Blau ohne jeden weißen Funken. Also musste es in dem großen Archipel noch eine andere Insel geben, auf der diese Tiere lebten. Ihr eigenes Salasa hatte sich auf einen Strauch in der Nähe des Eingangs gesetzt, beäugte das fremde misstrauisch und schien nicht so recht zu wissen, was es von ihm halten sollte.
Die Runi hielt sich nicht lange mit ihren Gästen auf, sondern winkte ihrer Tochter, ihr ins Haus zu folgen. Sie stieg leichtfüßig den schwindelerregend steilen Steg empor, öffnete den Eingang mit einem Gedankenbefehl und verschloss ihn sorgfältig hinter sich und Hekendialondilan. Dann prüfte sie ihre Schutzzauber undverstärkte sie, damit niemand ohne ihr Wissen eindringen oder sie belauschen konnte.
Als sie sich sicher fühlte, fasste sie ihre Tochter mit beiden Händen an den Schultern und sah ihr in die Augen. »Du wirst mir jetzt schwören, dass du niemandem, weder Mensch noch Runi noch sonst jemand etwas von dem erzählen wirst, was du heute erfahren hast!«
Hekendialondilan begriff nicht so recht, worauf ihre Mutter hinauswollte. Sie konnte jedoch keine Frage stellen, da Hekerenandil sofort weitersprach. »Wenn es allgemein bekannt wird, dass der neue Herr auf dem Feuerthron ein Runi und noch dazu der Bruder unserer Königin ist, gerät unser Volk tatsächlich in Gefahr. Ein erfahrener Magier wie Torrix oder die Hexe Merala hätten dieses Geheimnis für sich behalten, doch deine Freunde sind Kinder und daher noch unbedacht. Einer von ihnen könnte es anderen erzählen, und dann wäre das Verhängnis da. Unsere Königin wäre vor aller Welt bloßgestellt und hätte keine andere Wahl, als ihre Würde niederzulegen und sich auf den Weg zu Meandirs Seelendom zu begeben, um vielleicht irgendwann einmal in ferner Zukunft wiedergeboren zu werden. Unser Volk aber hätte dann keine Königin mehr. In einer Zeit, in der unser Heiliger Baum noch immer unter den Folgen eines schrecklichen Zaubers leidet, wäre dies unser Ende. Nur die Magie der Königin hält ihn noch am Leben, und wir besitzen keine zweite Frau mit ihren Fähigkeiten.«
»Das habe ich bereits begriffen«, sendete Hekendialondilan, »und ich verstehe auch gut, warum Sianderilneh das Geheimnis mit allen Mitteln hüten will.«
Hekerenandil spürte, dass die Last dieses Wissens beinahe zu groß für ihre Tochter war, aber sie konnte sie ihr nicht nehmen. »Nur sind wir allein nicht in der Lage, dieses Geheimnis zu hüten, denn es gibt noch jemand, der es kennt!«
»Aber wer soll das sein?«, fragte Hekendialondilan verblüfft. Ihre Mutter lächelte bitter. »Er, der auf dem Feuerthron sitzt!Sianderilneh hat Angst, er würde das Geheimnis offenbaren, wenn wir den Menschen zu Hilfe eilen. Doch gerade diese Angst macht uns verwundbar. Der Herr des Feuerthrons wird sich zuerst die Menschen unterwerfen und dann gegen uns wenden. Anders als Sianderilneh glaubt, können wir ihm nicht standhalten. Ich habe lange versucht, die Königin dazu zu bringen, das Unvermeidliche hinzunehmen und dennoch die Hüterin unseres Leben spendenden Baumes zu bleiben. Doch viel zu viele haben Sianderilnehs Einflüsterungen geglaubt und Menanderah in ihrer Haltung bestärkt. Nun stirbt sie
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