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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Erdbeerbäumen, deren vorzüglichste Arten dieser Insel – der »Insel der Heiligen«, wie Fräulein de Bouret so treffend das Juwel von Killarney genannt hat – anzugehören scheinen?
    Hatte der Graf Ashton es auch abgeschlagen, Ihre Herrlichkeiten während der Stunde, die sie der Besichtigung von Innishallen widmeten, zu begleiten, so darf man nicht glauben, daß er deshalb seine Zeit verloren hätte. Freilich war ihm eine schöne Forelle durch eigne Schuld wiederholt entschlüpft, und sein Mißvergnügen darüber machte sich in ebenso unverdienten, wie maßlosen Vorwürfen gegen seinen Groom Luft. Einige Aale, die an seinem Haken zappelten, galten ihm in der That mehr als jene erbärmlichen Ruinen, um die er sich keinen Pfifferling kümmerte.
    Das erschien ihm als eine so würdige Ausfüllung seiner Muße, daß er nicht einmal die Insel Roß mit durchstreifen wollte, wo das Boot eine Stunde später anlegte. Auch hier vertändelte er die Zeit mit der Angelschnur, und Findling mußte bei ihm bleiben, während Lord und Lady Piborne mit majestätischer Gleichgiltigkeit im Schatten der Wälder des Lord Kenmare lustwandelten.
    Die vierundzwanzig Hektar große Insel gehört nämlich zu dem Besitzthum des Genannten, der sie am Ostufer des Sees durch eine gute Straße mit seinem Schlosse, einer alten Feudalveste aus dem 14. Jahrhundert, in bequeme Verbindung gesetzt hat. Dem Marquis und der Marquise fiel es allerdings auf, daß sowohl die Insel Roß als auch der Schloßpark jedermann offen stehen, dem es beliebt, das grüne, mit Minzen und Goldwurz zwischen Gruppen herrlicher Azaleen und Rhododendrons geschmückte Gelände zu durchstreifen.
    Nach zweistündigem, durch wiederholte Ruhepausen unterbrochenem Besuche kehrten Ihre Herrlichkeiten wieder nach dem kleinen Bootshafen zurück. Der Graf Ashton war gerade dabei, seinen Groom tüchtig abzukanzeln, und der Marquis nebst der Marquise fand das ganz in Ordnung, ohne zu wissen, was dazu Veranlassung gegeben hätte. Das war aber nichts andres, als daß die Fische sich gehütet hatten, an die Angelhaken des jungen Edelmannes anzubeißen, worüber dieser unwillig wurde und es auch bis zum Abend blieb.
    Die Gesellschaft bestieg wieder das Boot. Jetzt steuerte dieses mehr nach der Mitte des Sees, um dann am Westufer noch die murmelnde Cascade von O’Sullivan zu besuchen, ehe man in die Mündung des Lough-Range einfuhr. Nahe derselben liegt die Dinish-Cottage, wo Lord Piborne zu übernachten beabsichtigte.
    Mit trauerndem Herzen über die erlittene Ungerechtigkeit hatte Findling seinen Platz im Vordertheile wieder eingenommen. Bald aber vergaß er seinen Kummer und ließ seine Phantasie unter das schlummernde Wasser schweifen. Im Reiseführer hatte er eine wunderbare Sage über die Seen von Killarney gelesen. Hier lag danach vor Zeiten ein glückliches Thal, das durch ein Schutzwehr gegen Ueberfluthung aus der Umgebung abgeschlossen wurde. Eines Tags hatte das mit dessen Bedienung betraute junge Mädchen aus Unbedachtsamkeit die Schützen dieses Wehres gezogen und sofort stürzte das Wasser in gurgelndem Strome hindurch. Dörfer und Menschen sammt ihrem Vorsteher, dem »Thanist«, gingen dabei zu Grunde. Seitdem sollen jene unten im See fortleben, von woher ein scharfes Ohr sie unter den Fluthen des Lough-Leane ihre Festtage im Reiche der Aale und Forellen feiern hören kann.
    Es war um vier Uhr, als Ihre Herrlichkeiten bei der Dinish-Cottage, nahe der Mündung des Lough-Range und am rechten Ufer der sogenannten Bai von Glenoo, aus Land gingen. Hier fanden sie ziemlich bequeme Unterkunft. Als Findling jedoch um neun Uhr entlassen wurde, erhielt er die bestimmte Anweisung, auf sein Zimmer zu gehen, so daß er also auch jetzt nicht einige Stunden der Freiheit genießen konnte.
    Der nächste Tag galt dem Besuche des Muckroßsees. Dieser zweieinhalb Meilen lange und kaum halb so breite See von regelnläßiger Gestalt bildet eigentlich nur einen großen Teich inmitten eines von den Eigenthümern nicht mehr bewohnten Besitzthums, dessen prächtiger Wald dadurch, daß er in den Naturzustand zurückverfiel, mehr gewonnen als verloren hat.
    Diesmal ließ sich der Graf Ashton herbei, seine hohen Eltern zu begleiten. Auch der Groom, der Flinte und Jagdtasche trug, mußte sich anschließen. Früher hausten hier im Walde zahlreiche Wildschweine. Jetzt trifft man statt derselben noch auf rothes Damwild, das im Vereinigten Königreich sonst dem Aussterben nahe zu sein scheint.
    Der Graf

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