Der Findling
der herrlichen Baumarten, die das Thal von Killarney beschatten. So bezaubernd der Anblick dieses Sees auch war, schenkten Ihre Herrlichkeiten ihm doch nur eine sehr geringe Beachtung, und außer Findling hatte wohl niemand einen besondern Genuß von diesem Ausfluge. Lord Piborne ließ wenigstens sofort nach der Mündung des Geanhmeen zusteuern, um nach Brandons-Cottage zu gelangen, wo vor dem Besuche des Ufergeländes ordentlich Rast gehalten werden sollte.
Nach so ungewohnten Anstrengungen bedurften Ihre Herrlichkeiten natürlich der Ruhe. Für sie war diese Spazierfahrt auf den Seen gleich einer Reise über das Weltmeer gewesen. Die beiden Diener mußten mit dem Groom im Hôtel bleiben, und wenn letzterer nicht zwanzig sich widersprechende Befehle erhielt, kam das nur daher, daß der Graf Ashton beim neunzehnten fest eingeschlafen war.
Am nächsten Tage mußte frühzeitig aufgestanden werden, denn es galt jetzt, eine ziemlich lange Wegstrecke zurückzulegen. Die Marquise ließ sich sehr bitten. Marion fand sie ziemlich blaß und angegriffen, so daß man unschlüssig wurde, ob man die Fahrt fortsetzen oder unmittelbar nach Trelingarcastle zurückkehren sollte. Lady Piborne stimmte für das letztere; Lord Piborne aber erinnerte daran, daß ihre intimsten Freunde, der Herzog von Francastar und die Herzogin von Wersgalber, ihren Ausflug bis nach Valentia ausgedehnt hätten, und daraufhin wurde beschlossen, es diesen nachzuthun – zur großen Freude Findlings, der vor allem fürchtete, nach dem Schlosse heimkehren zu müssen, ohne das Meer gesehen zu haben.
Ein Fährdampfer unterhielt den Verkehr. (S. 261.)
Um neun Uhr des Morgens stand der Landauer bereit. Der Marquis und die Marquise nahmen den hinteren Sitz, der Graf Ashton den vorderen ein. John und Marion saßen nebeneinander hinter dem Wagen und der Groom auf dem Bocke neben dem Kutscher. Der Landauer, der ja im Nothfalle leicht zu schließen war, blieb vorläufig offen. Endlich brachen die vornehmen Reisenden auf. nachdem sich das Personal der Brandons-Cottage ehrerbietig von ihnen verabschiedet hatte.
Eine Viertelmeile weit folgten die beiden muthigen Pferde dem linken Ufer des Doogary, einem der Zuflüsse des Oberen Sees, dann bogen sie nach den oft steilen Wegen der Kette der Gillyenddy-Reeks ein, wo der Wagen nur im Schritt vorwärts kam. Jede Straßenbiegung entrollte hier ein neues Bild. Findling war aber wohl der einzige, der es bewunderte. Hier befand man sich im bergigsten Theile der Grafschaft Kerry und damit von ganz Irland. Neun Meilen im Südosten, jenseits der Gillyenddy-Reeks, tauchte die in den Wolken halb verlorne Spitze des Carrantuohill empor. Unten an den Bergen lagen zerstreute Moränen, ein Chaos erratischer Blöcke, die das langsame, aber unausgesetzte Fortschreiten der Gletscher hier abgelagert hatte.
Gegen Mittag gelangte der Landauer, den Tomie und den Purpurberg zur Rechten lassend, nach einer schmalen, in die Gillyenddy-Reeks eingeschnittenen Rampe. Dieser Durchbruch von Dunloe ist weit und breit berühmt, und der kraftvolle Roland hat die Pyrenäenkette wohl kaum mit einem mächtigeren Hiebe gespalten. Da und dort glitzern kleine Seen in der wilden Landschaft, und Findling hätte, so wenig das Ihre Herrlichkeiten interessierte, hier manche Sage erzählen können, denn er befleißigte sich stets, vor dem Aufbruch seinen Reiseführer zu studieren. Es hätte ihm aber doch keiner zugehört.
Jenseits dieses Durchbruchs rollte der Landauer schneller die Abhänge nach Nordwesten hinunter. Binnen drei Stunden erreichte er das Ufer der Lawne, deren Bett das überschüssige Wasser der Seen von Killarney nach der Bai Dingle abführt. Diesem Flusse folgte man vier Meilen weit, und es war sechs Uhr geworden, als die Reisenden, ermüdet von einer Fahrt über neun Meilen, in dem kleinen Flecken Kilgobinet Halt machten.
Im dortigen Gasthaus, wo man die mangelnde Bequemlichkeit durch unterwürfige Höflichkeit vergessen zu machen suchte, verbrachte man eine ungestörte Nacht. Zur großen Beunruhigung Findlings entstand aber am nächsten Morgen wieder eine Verhandlung darüber, ob der Wagen nach rechts abschwenken und unmittelbar nach Killarney zurückkehren, oder sich nach links wenden sollte, um nach Valentia zu gelangen. Da der Hôtelwirth aber versicherte, daß vor zwei bis drei Monaten der Fürst und die Fürstin von Kardigan denselben Weg genommen hätten, gab der Lord Piborne der Lady Piborne zu verstehen, daß sie doch nicht
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