Der Findling
war, die in verfallenem Zustande befindlichen Gebäude, welche dem Anpralle des Sturmes nicht mehr gewachsen waren, genügend dicht geschlossen zu halten. Auch der Hühnerhof erlitt trotz aller Bemühungen, die man auf ihn verwandte, empfindliche Verluste. Jeden Tag wuchs die Deficitseite in Findlings Notizbuche. Am bedrohlichsten aber erschien es, daß auch das Wohnhaus der Zerstörung durch die Witterung anheimfallen könnte. Martin, Murdock und Sim blieben deshalb auch unausgesetzt thätig, dasselbe auszubessern und widerstandsfähiger zu machen.
Manchmal kamen ganze Tage, an denen kein Mensch einen Fuß ins Freie setzen konnte. Die Wege, auf denen mannshoher Schnee lag, waren völlig ungangbar. Die am Geburtstage Jennys mitten im Hofe gepflanzte Tanne streckte nur noch den vom Rauchfrost weißen Kopf hervor. Um zu den Ställen zu gelangen, mußte ein Gang ausgeschaufelt und dieser täglich zweimal gereinigt werden. Ebenso gelang die Beförderung des Futters von einem Hofgebäude zum andern nur mit größter Mühe.
Ganz unfaßbar schien es, daß die Kälte trotz des fort und fort herabfallenden Schnees nicht nachließ. Freilich rieselte der Schnee nicht in leichten sternförmigen Flocken nieder, sondern stürmte wie ein Platzregen aus kleinen Eiskrystallen einher, die sich in den tollen Luftwirbeln jagten. Hierdurch wurden alle Bäume und Sträucher mit perennierenden Blättern der letzteren vollständig beraubt.
Zwischen den Ufern des Cashen bildete sich allmählich ein Eisschutz von enormem Umfang. Fast glich dieser einem wirklichen Eisberge und legte die Befürchtung weiterer Unfälle bei eintretendem schnellen Thauwetter nahe. Wälzte dann der Fluß seine Wassermassen bis an die Farm heran, so hätten Martin und seine Söhne gewiß nicht mehr gewußt, wie sie die Baulichkeiten derselben schützen sollten.
Für jetzt lagen ihnen jedoch andre Sorgen, die für die Pflege und Ernährung des Viehbestandes, näher. Von der Geißel des Orkans wurden die Strohdächer der Stallungen zerrissen, und diese mußten zunächst ausgebessert werden. Was von den Schafen, den Kühen und Pferden noch übrig war, blieb mehrere Tage der außerordentlichen Kälte ausgesetzt, und mehrere von den Thieren kamen noch vor Frost um. So mußten denn die Dächer trotz des schneidenden Sturmwindes wohl oder übel wiederhergestellt werden, und es machte sich dazu nöthig, den vordern Theil der nach der Straße zu gelegenen Stallungen ganz abzudecken, um mit dem gewonnenen Langstroh andre Lücken zu verschließen.
Das Wohnhaus der Familie Mac Carthy blieb auch nicht verschont. Eines Nachts stürzte die Mansarde ein, und Sim, der sie bewohnte, mußte nach dem großen Zimmer im Erdgeschoß übersiedeln. Da nun aber auch von diesem die Decke bedroht war, weil sich der Schnee immer mehr darüber anhäufte, mußte diese mit rohen Pfählen gestützt werden.
Auch weiterhin verlor der Winter nichts an seiner Strenge. Der Februar blieb noch ebenso kalt, wie der Januar, und die Mitteltemperatur hielt sich auf zwanzig Grad unter Null. Die Insassen der Farm glichen mehr Schiffbrüchigen im Polarmeere, die das Ende des Winters nicht abzusehen vermögen. Leider drohte hier das endliche Thauwetter mit neuen Katastrophen, wenn der Cashen weit aus seinen Ufern trat.
Zum Glück war auf der Farm kein Nahrungsmangel zu fürchten; an Fleisch und Zuspeisen fehlte es nicht; dazu lieferten die nur durch den Frost umgekommenen und jetzt leicht zu conservierenden Thiere einen reichlichen weiteren Vorrath.
Wurde der Hühnerstall decimiert, so ertrugen die Schweine die niedrige Temperatur ganz gut, und schon durch sie allein wäre die Ernährung der Pächterfamilie auf sehr lange Zeit gesichert gewesen. Was das Heizmaterial anging, brauchten sie nur die vom Sturme abgebrochenen Zweige aus dem Schnee aufzulesen, um an Torf zu sparen, der allmählich zur Neige ging.
Kräftig und gesund, von langer Zeit her abgehärtet, erwiesen sich jedoch der Vater und dessen Söhne dem rauhen Klima völlig gewachsen und auch der Findling zeigte eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit. Bisher hatten sich auch die Frauen, Martine und Kitty, ohne sich der allgemeinen Arbeit zu entziehen, recht wohl befunden. Die kleine Jenny, immer im dicht verschlossenen Zimmer gehalten, wuchs wie eine Pflanze im Warmhause auf. Dagegen schien die Großmutter, trotz aller ihr gewidmeten Pflege, ernstlicher angegriffen zu sein. Ihre körperlichen Leiden wurden von der heimlichen Angst, die Zukunft
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