Der Flammenengel
gewisse Sicherheitsanlagen, und diese Anlage hatte reagiert. Der automatische Alarm war bei der nächstliegenden Feuerwache ausgelöst worden, die zum Glück nur einige Blocks weiter lag.
Vor dem Bau hatten sich Schaulustige versammelt, die nicht ahnten, in welch einer Gefahr sie schwebten. Jeden Augenblick konnten die Flammen aus den Fenstern schlagen oder das Dach zur Explosion bringen.
Und das geschah. In unzähligen Stücken flog das Dach davon. Da wirbelten die Schindeln und Pfannen in den düsteren Dezemberhimmel, als wollten sie sich hinter den Wolken verstecken. Begleitet wurden sie von einer gewaltigen Feuersbrunst. Eine Lohe, breit und groß wie fast das gesamte Theaterdach, eingerahmt von dicken, trägen Rauchwolken und mit einer Kraft ausgestattet, die auch Mauern zerreißen konnte. Noch bevor die Feuerwehrleute versuchten, das Haus zu löschen, krachte es zusammen. Die Mauern konnten dem Druck und der Hitze nicht mehr standhalten.
Plötzlich wurde die gesamte Vorderfront weggefegt. Steine als glühende Geschosse rasten quer über die Straße und verletzten einige Zuschauer. Die Männer der Feuerwehr nahmen hinter ihren Fahrzeugen Deckung, die ebenfalls nicht verschont blieben. Hart dröhnten die glühenden Steine gegen die Karosserie und kamen den Leuten vor wie gefährliche Meteore.
Die Brandschützer hatten schon viel erlebt. Eine solche Flammenhölle noch nicht, denn das Feuer blieb nicht auf das Theater beschränkt, es breitete sich wie eine lodernde Sturmflut aus und erfasste als nächstes einen an der linken Seite stehenden Lagerschuppen.
»Großalarm!« Der Einsatzleiter brüllte gegen das Fauchen der Flammen an, bevor er in den ersten Wagen kroch und zum Telefon griff. Er bekam die Verbindung, während die ersten schwarzen Rauchschwaden auch seinen Wagen einhüllten.
Die Männer erlebten eine wahre Hölle! Und sie wurden noch erstaunter, als sie plötzlich über den Flammen eine gewaltige Gestalt schweben sahen.
Es war ein Engel mit feurigem Schwert!
***
Was noch nie passiert war, geschah in den nächsten Augenblicken. Mir gelang es nicht mehr, das Kreuz festzuhalten. Eine ungeheuer starke Kraft sorgte dafür, dass es mir aus der Hand gerissen wurde und raketenartig durch die Luft schoss.
Für einen Moment sah es so aus, als wollte es mit all seiner Wucht der Feuerleiche den Kopf abschlagen, doch kurz bevor es die Gestalt erreichte, stieg es in die Höhe und wischte in den grauen Himmel. Ich starrte ihm nach. Meine Augen hatten einen ungläubigen Ausdruck angenommen. Dann schaute ich auf meine Hände und stellte fest, dass ich keinem Irrtum erlegen war. Man hatte mir das Kreuz genommen. Ich verfolgte den Weg meines geweihten silbernen Talismans mit den Blicken, versuchte herauszufinden, wo es vielleicht landen konnte und sah ihn hoch über den Trümmern der Leichenhalle.
Dort blieb es. Mit dem bloßen Auge wäre es normalerweise nicht zu erkennen gewesen, wenn es nicht so feuerrot an seinem unteren Ende geleuchtet hätte. Dieser Farbton war für mich ein Sichtweiser.
»John, die Leiche!« Suko machte mich wieder auf unseren Feind aufmerksam, der sich jetzt mir zuwandte. Wahrscheinlich war das
›Wesen‹ sauer auf mich, weil ich es mit dem Kreuz attackieren wollte. Ich ließ es kommen und rührte mich nicht vom Fleck. Mit der Beretta zu schießen, hatte keinen Sinn, mein Kreuz war verschwunden, und den Bumerang trug ich nicht bei mir. Die einzige Hoffnung war Sukos Dämonenpeitsche.
Mein Partner schlich sich im Rücken der Feuerleiche an. Vorsichtig und dennoch mit großen Schritten stieg er über die Trümmer hinweg und versuchte auch, so gut wie kein Geräusch zu machen, das den anderen aufmerksam werden ließ.
Ich ging langsam zurück. Schon einmal hatte ich gesehen, dass dieses Wesen in seinem Innern lodernde Feuer kontrollieren konnte, und wenn die Flamme plötzlich vorschoss, wusste ich nicht, ob ich rechtzeitig wegkam.
In der Nähe standen die Grabsteine. Sie waren von unterschiedlicher Größe, und ich hatte vor, hinter einem von ihnen eine Deckung zu finden. Es war zu riskant, meinem Gegner den Rücken zuzuwenden, deshalb lief ich schräg auf mein Ziel zu.
Die Feuerleiche ging jetzt. Wahrscheinlich ahnte sie, was ich vorhatte. Ich beeilte mich noch mehr, und innerhalb von Sekunden verdichtete sich plötzlich die Gefahr.
Dann geschah es. Aus dem Körper löste sich ein fauchender, heranwirbelnder Feuerstrahl, der direkt auf mich zuzuckte. Er wurde fast kometenschnell,
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