Der Flammenengel
zu fettiger Asche verbrannte. Dass der Engel über ihn hinwegschritt, als hätte es ihn nie gegeben, sah er nicht mehr…
***
Suko hatte mich von der kleinen Grube weggestoßen, denn was sich in deren Innern abspielte, konnte man mit dem Wort unglaublich bezeichnen. Die Kräfte Schwarzer Magie bewiesen uns in den folgenden Augenblicken, wozu sie fähig waren.
Aus der Asche entstand eine Gestalt. Die Feuerleiche kam! Mumienhaft stieg sie aus der Grube. Sie besaß kein Gesicht, keine Geschlechtsmerkmale, nur die Umrisse eines menschlichen Körpers waren zu erkennen. Kopf, Schultern, Hüfte, Arme und Beine. Das war alles.
Die Gestalt überwand mit einem letzten Schritt den Rand der Grube und ging auf uns zu. Wir waren bis auf eine gewisse Distanz zurückgewichen, da wir nicht wussten, wie sie reagieren würde. In meinem Magen spürte ich das berühmte Klumpengefühl, während ich noch mit einem Auge auf mein Kreuz schielte, wo der Buchstabe U in Flammen stand.
Und wir sahen noch etwas. Auf der Vorderseite des Körpers entstand plötzlich ein Flammenbogen, der zitterte, sich heftig bewegte und sich so formte dass er ein U bildete. Das U für Uriel!
Ich stand da wie angewachsen. Der unheimlichen Gestalt starrte ich entgegen, ließ mich von dem großen U auf der Brust blenden und spürte, dass so etwas wie Beklemmung in mir hoch kroch. Ich konnte mich einfach nicht von der Tatsache lösen, dass mein Kreuz und dieses Asche-Monstrum in einem ursächlichen Zusammenhang standen. Das war unbegreiflich.
Es kam näher…
Einen Schritt setzte es, dann den zweiten, und mit jeder Verkürzung der Distanz spürte ich, wie auch mein Kreuz reagierte. Es wurde wesentlich heißer. Die Silberkette leitete die Hitze, so dass ich mir fast die Finger verbrannte.
Ich verzog das Gesicht, und Suko ahnte, was bei mir vorging. »Schmeiß das verdammte Kreuz weg!« schrie er. Sollte ich das wirklich tun? Als ich noch überlegte, griff Suko ein. Er riss es mir aus der Hand und schleuderte es fort. Einen glühenden Bogen beschrieb das Kreuz, bevor es zwischen den Ascheresten landete und liegen blieb. Ich erwachte in diesem Augenblick wie aus einem tranceähnlichen Zustand und konnte mich wieder auf das dämonische Wesen vor mir konzentrieren. Das tat auch Suko. Nur anders als ich. Er hatte seine Beretta gezogen und zielte auf die näherkommende Feuerleiche. Ich war einfach nicht in der Lage zu schießen. Zu sehr wurde ich abgelenkt, da ich weiterhin über mein Kreuz nachdachte, das so schlimm manipuliert worden war.
Und Suko schoss. Der dünne, peitschende Berettaknall erreichte meine Ohren, und ich sah, wie das geweihte Silbergeschoss in die schwarze Gestalt vor uns in Brusthöhe einschlug. Es war ein wahrer Hammerschlag, der die Gestalt getroffen hatte, ein regelrechtes Loch riss, aus dem im gleichen Moment ein langer Flammenarm direkt auf uns zufauchte.
Er hätte Suko erwischt, wenn dieser sich nicht mit einem gewaltigen Sprung in Sicherheit gebracht hätte. So huschte er vorbei, und ich, der nicht weit entfernt stand, spürte ebenfalls die Hitze des Feuers. Es wurde verdammt gefährlich, denn das Monstrum war nicht zu stoppen. Als brennendes Wesen ging es weiter. Aus dem Loch im Körper loderte die lange Flammenbahn, so dass es uns nicht gelang, bis in die Nähe zu kommen.
»John, schlag einen Bogen!« hörte ich meinen Freund schreien. Da befand ich mich bereits auf dem Weg und umging das Flammenmonstrum. Ich wollte an mein Kreuz. Von der rückwärtigen Seite lief ich darauf zu, schaute hin und sah, dass es wieder normal geworden war.
Ich nahm das Kreuz an mich und behielt es in der Hand. Suko stand nicht weit entfernt. Er hatte die Dämonenpeitsche gezogen und die drei magischen Riemen ausgefahren.
»Was willst du machen?« rief er.
»Ich aktiviere das Kreuz!«
Dagegen hatte mein Freund, der die Feuerleiche nicht aus den Augen ließ, nichts. Obwohl aus dem Körper der tanzende Flammenstrahl geschossen war, verbrannte das Wesen nicht. Ich wollte näher heran. Innerlich zitterte ich.
Hoffentlich war das Kreuz nicht auch von den anderen Kräften so manipuliert worden, dass es beim Aufsagen der Formel versagte. Ich drückte mir selbst die Daumen, bevor ich die Worte laut und deutlich aussprach.
»Terra pestum teneto - Salus hic maneto!« Das war die Formel, und der Erfolg stellte sich postwendend ein…
***
Die Flammen waren noch nicht aus dem Dach geschlagen, als die ersten Feuerwehrwagen anrückten. Jedes Theater besitzt
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