Der Flammenengel
so dass Bill bis gegen die Zimmerwand fiel. »Lass sie!« gellte Sukos Stimme.
Und Uriel gehorchte. Sein Arm mit dem Flammenschwert sank nach unten. Er winkelte ihn gleichzeitig an, so dass er uns mit der Klinge nicht treffen konnte, und ich sah es für den Bruchteil einer Sekunde auf seiner Brust kreuzförmig aufleuchten.
Sheila aber streckte ihm die Hände entgegen. »Willst du mich mitnehmen? Soll ich an deiner Seite bleiben?«
Uriel schüttelte den Kopf. Er öffnete den Mund, Worte verstanden wir nicht. Wahrscheinlich hatte er Sheila etwas sagen wollen, nun hielt er es für besser zu schweigen. Er drehte uns den Rücken zu und ging.
Als letzten Gesichtsausdruck hatte ich noch die Qual gesehen, die seine Züge zeichnete.
Dann ging er den gleichen Weg und nahm das Feuer mit. Wieder gehorchten ihm die Flammen. Wir sahen sie zusammensinken, und wir sahen auch, wie sie draußen ineinander fielen. Dann waren sie verschwunden. Und mit ihnen der Engel!
Zurück aber blieb sein Erbe. Eine alptraumhafte Landschaft innerhalb des Gartengeländes. Verbrannte Bäume, geschwärzte Stellen, ein zerstörtes Haus und entsetzte Menschen.
Sheila drehte sich wieder um. »Ich glaube, er hat auf mich gehört«, flüsterte sie…
***
Der Rabbi hatte Wasser geholt und es Sheila zu trinken gegeben. Er sprach kein Wort mehr, auch wir redeten nicht, denn wir mussten diesen Schock erst verdauen.
Bill stand neben mir. Wie auch ich, so rauchte er ebenfalls eine Zigarette. Ich hatte mich vor Sekunden noch mit Sir James telefonisch kurzgeschlossen und ihm mitgeteilt, dass momentan keine Gefahr bestand. Es brauchte niemand einzugreifen. Die Spuren des Brandes waren nicht zu übersehen. Im Garten hätte man einen SF-Film drehen können, so brach vernichtet und auch kalt lag das Gelände vor unseren Blicken.
Ein paar Mal schon hatte ich mir die verkohlten Bäume angeschaut. Von ihnen waren nur mehr Stümpfe zu sehen. Die Zweige und Äste waren ebenso verglüht wie der winterlich braune Rasen. Zurück blieb verbrannte Erde…
Ich trat zu den anderen. Sheila hatte sich ein wenig erholt. Das Glas war leer. Bill nahm es ihr aus der Hand und stellte es auf einen kleinen Tisch ab.
Durch die zerstörten Fenster pfiff der Wind. Einige Regale mit Büchern waren ebenfalls ein Opfer des vernichtenden Feuers geworden, auch Blumenkübel sowie ein Sessel. Sonst war nichts geschehen.
»Er hat auf mich gehört, John!« hauchte Sheila. »Hast du gesehen, wie es an seiner Brust silbern leuchtete?«
»Ja, das habe ich.«
»Es ist dein Kreuz gewesen. Er hat es bei sich getragen. Nur konnte er Luzifer damit nicht abschütteln. Es ist schlimm, denn der oberste Höllenfürst greift zu immer neuen Tricks. Er will dein Kreuz vernichtet sehen. Aber er hat es nicht geschafft. Noch nicht…«
»Weshalb hast du die Aktivierungsformel nicht gesprochen?« erkundigte sich Bill.
»Eine gute Frage, aber ich traute mich nicht.«
»Wie?«
»Ich wusste nicht, auf welcher Seite Uriel steht, und ich hatte Angst, dass mein Kreuz ihn unter Umständen vernichtet.«
»John, er ist ein Gegner!« Bill schaute mich starr an und breitete die Arme aus.
»Ist er das wirklich, Bill?« fragte Sheila.
Der Reporter drehte den Kopf. »Natürlich. Er hat zerstört, er hat die Flammen geschickt.«
»Aber er hätte mehr zerstören können«, stand Suko Sheila und mir bei.
»Zum Beispiel uns.«
»Glaubt ihr das wirklich?« fragte Bill nach einer kleinen Pause.
»Ja, das glauben wir, wenn er so gewesen wäre, wie du ihn geschildert hast.«
Bill senkte nach meinen Worten den Kopf. »Dann scheine ich als einziger hier nichts zu begreifen.«
»Sieht so aus«, sagte Suko.
Sheila stand auf. Sie blickte auf das Fenster, durch dessen Öffnung der kalte Dezemberwind fuhr. Auf dem Gesicht der Frau breitete sich eine Gänsehaut aus. Es lag wahrscheinlich nicht allein an der Kälte. »Uriel kämpft«, flüsterte sie. »Er kämpft wie ein Wahnsinniger gegen sein Schicksal an. Es ist schlimm. Wirklich schlimm…«
»Wie das?« fragte Bill.
»Ich weiß, dass er sich unter der Kontrolle des obersten Höllenfürsten befindet, aber er will nicht. Er hat zahlreiche lichte Momente, wo er erkennt, was mit ihm geschah. Das ist so furchtbar. Diese seelische Zwickmühle wird er kaum überwinden können. Ich spürte es, als ich ihn ansprach. Es war nicht allein seine Antwort, die mich traf, da existierte auch noch etwas anderes. Ich kann es euch nicht erklären. Zu vergleichen möglicherweise mit
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