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Der Flammenengel

Der Flammenengel

Titel: Der Flammenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Wind treibt das Feuer auf den Hafen zu…«
    ***
    Od Stratton war sein Leben lang von zwei Düften begleitet worden. Dem Geruch des Hafens, eine Mischung aus Brackwasser, Öl, Rauch, Fäkalien, aber auch Frische, die der Westwind vom Atlantik mitbrachte. Der zweite Geruch war der seines Gemüses. Sein Vater hatte schon Gemüse verkauft, und als der alte Stratton starb, war es für Od Ehrensache gewesen, den Laden, beziehungsweise das Schiff, zu übernehmen.
    Mit ihm kurvte er durch den Hafen. Es lagen noch genug Boote vor Anker, die ebenfalls auf eine gewisse Tradition schauen konnten, und so hatten auch die neuen Besitzer die alten Angewohnheiten nicht gewechselt und kauften weiter bei Stratton ein.
    Reich konnte er dabei nicht werden, aber es reichte, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren und um sich hin und wieder eine Freundin zu halten, auch wenn er diese bezahlen musste, denn eine Frau fürs Leben hatte Stratton noch nicht gefunden. Den meisten Mädchen war er zu hässlich, und auf einem Schiff wollte heutzutage auch niemand mehr wohnen. Zudem musste man da noch hart arbeiten. Jeden Morgen fuhr Stratton zum Großmarkt und kaufte ein. Er besaß einen alten Lieferwagen, der an einer bestimmten Stelle des Hafens stand und auch nicht gestohlen wurde, denn diese verrostete Karre nahm nicht einmal ein Penner. Zudem wusste man, wem der Wagen gehörte. Stratton war halt im Hafen eine bekannte Größe. Dass er an diesem Tag gegen Nachmittag noch einmal zu den Markthallen fuhr, hätte er sich nicht träumen lassen, aber ein lukratives Geschäft winkte. Der Zahlmeister eines Großschiffes wollte seine Provianträume auffüllen und hatte das Obst bei Od Stratton bestellt. Deshalb der Rutsch zum Markt.
    Da die Ladefläche mit übereinandergestapelten Kisten vollgetürmt war, ließ er die Rückfahrt langsamer angehen. Er hatte einmal erlebt, dass ihm das ganze Zeug vom Wagen gerutscht war, und die anschließende Arbeit hatte ihm gereicht. Behutsam ging er mit dem Lenkrad um und rollte mit seiner Fracht durch die engen Gassen dem Ziel zu. Da wo die Überseeschiffe anlegten, herrschte noch emsiger Betrieb. Es wurde be-und entladen. Kräne reckten ihre gewaltigen Stahlarme wie gespenstische Gebilde in die Luft, und das bläuliche Licht der Halogenscheinwerfer schuf helle Inseln innerhalb der allmählich hereinbrechenden Dämmerung.
    Od rollte vorbei. Schon bald erreichte er eine ruhigere Gegend. Hier standen die Baracken und Lagerhäuser, die gewaltigen Containerhallen, die in Fertigbauweise zusammengeschustert worden waren, und auch Gleise kreuzten sich an manchen Stellen in einer verwirrenden Vielfalt. Stratton kannte sich aus. Jeder Fleck, jeder Quadratzoll im Hafen war ihm bekannt, auch die unbeschränkten Übergänge, über die er hinweg musste. Sein Schiff dümpelte in einem Nebenbecken des Hafens. Man konnte es auch als toten Wasserarm der Themse bezeichnen. Die Lagerhäuser und großen Hallen blieben hinter ihm zurück. Einen Teil des Wegs fuhr er noch parallel zu einem Bahngleis, das auf einem Damm entlang lief und schon vor Jahren stillgelegt worden war. Die Schienen hatten längst dicken Rost angesetzt und waren von Unkraut überwuchert.
    Um direkt an das Ufer des toten Themsearms zu gelangen, musste Od Stratton einen kleinen Abhang hinabfahren. Es führten schmale Pfade nach unten, die in Kurven ausliefen.
    Strattons Boot war eines von vielen. Zu dieser Jahreszeit lagen sie wie kompakte Schatten über der düsteren Wasserfläche. Die Strecke zum Ufer glich einer Hindernisfahrt mit höchstem Schwierigkeitsgrad. Sogar Stratton kam ins Schwitzen, denn so hoch war sein Wagen selten beladen gewesen. Er vernahm das Scheuern und Rutschen der Kisten, wenn sie gegeneinander stießen und verzog dabei das Gesicht, als hätte ihn die Ladung persönlich berührt.
    Der rechte Scheinwerfer brachte auch nicht mehr viel Licht, der blasse Strahl hüpfte einmal nach oben, fiel wieder auf den Weg und riss zusammen mit dem anderen die bleichen, blattlosen Büsche aus der Finsternis.
    Vor der letzten Linkskurve musste Od stoppen. Dabei bewegte sich die Ladung noch weiter nach vom. Sie hatte den Bremsvorgang nicht mehr richtig überstanden, bekam einen Drall nach links, und Od hörte nur, dass einige Kisten sich selbständig machten, neben dem Wagen zu Boden fielen und dort zerbrachen.
    Sein Fluch stammte aus der Seemannskiste. Dennoch fuhr er weiter. Er wollte das Zeug später wieder aufheben.
    Direkt auf sein Boot führte ein

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