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Der Flammenengel

Der Flammenengel

Titel: Der Flammenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und leuchteten das dichte Buschwerk an, in das vom Wasser her auch sperriges Schilf hineinwuchs. Die Enden der schmalen, hellen Lichtlanzen tanzten wie winzige, geisterhafte Geschöpfe über das Buschwerk hinweg, und wir entdeckten auch so etwas wie einen schmalen Pfad, über den jemand gegangen war.
    Wieder ein Hinweis darauf, dass die Insel nicht unbewohnt war. Suko hatte sich gebückt. Er untersuchte die Spur genauer. Nickend kam er in die Höhe.
    »Die Insel hatte vor nicht allzu langer Zeit Besuch«, meldete er. »Das Gras hat sich noch nicht wieder aufgerichtet.«
    »Und?« fragte ich.
    »Ich glaube, sie lauern in den Büschen.«
    Bill und Sheila hatten die Worte des Chinesen ebenfalls vernommen.
    »Dann lasst uns nachschauen.«
    »Abwarten«, sagte ich. Eile war nicht gut. Jeder Schritt musste überlegt sein, und ich schlug vor, dass uns Bill Conolly und Sheila den Rücken deckten. Sie waren einverstanden.
    Ich blieb stehen, während Suko die Vorhut markierte und den dichten Wall der sperrigen Zweige durchbrach. Er nahm dabei die Hände und die Füße zu Hilfe, beugte den Oberkörper vor, um einen besseren Blick zu haben, und wir hörten ihn durch die Zähne pfeifen.
    »Was ist denn?«
    »Verdammt, John, wir haben Glück.«
    »Wieso?«
    »Komm.«
    »Wir auch?« fragte Sheila.
    »Ja.«
    Suko hatte uns den Weg schon präpariert. Über die zerknickten Zweige gingen wir hinweg, spürten unter unseren Füßen die härtere Erde und sahen den Chinesen auf einer kleinen Lichtung stehen, die sich inmitten des Ufergebüschs befand. Die Lichtung war von Menschenhand erstellt worden. Man hatte den Bewuchs weggerodet, so dass wir freie Sicht auf eine kleine Hütte bekamen, die jemand gebaut hatte. Sie war aus rohen Brettern zusammengenagelt worden und besaß sogar eine Tür. Suko stand schon davor. Er schaute noch einmal zurück und erwartete praktisch von uns das Einverständnis, die Tür aufzuziehen. Ich nickte ihm zu.
    »Okay denn«, sagte er, zog die Tür auf, und wir hörten das Ächzen der Angeln. Zudem schabte sie mit dem unteren Ende über den Boden und hatte bereits einen Halbkreis im weichen Boden hinterlassen. Er bewies uns, dass die Hüttentür schon mehr als einmal aufgezogen worden war. Wir befanden uns noch hinter dem Inspektor, der als erster einen Blick in die primitive Hütte warf. Wir hörten sein Staunen.
    »Was ist?« fragte ich und drängte mich näher an ihn heran, Suko gab keine Antwort. Er trat einen Schritt vor, so dass auch ich die Schwelle überschreiten konnte. Meine Augen wurden groß. Der Rabbi Moshe Lerner hatte wirklich sein Bestes gegeben und uns nicht angelogen. Auf diese Insel mussten sich die drei Abtrünnigen zurückgezogen haben, um ihrem finsteren Kult zu frönen, denn ich sah in der Hüttenmitte eine Statue. Sie war dem Höllenfürsten geweiht!
    Ohne es eigentlich bewusst wahrzunehmen, schritt ich vor, so dass auch Sheila und Bill die Hütte betreten konnten. Wir hatten die Köpfe einziehen müssen, um nicht gegen die niedrige Decke zu stoßen, und unsere Blicke saugten sich an dem fest, das den Mittelpunkt bildete. Es war Luzifer.
    Nicht in voller Gestalt, nur mehr sein Schädel, den wir übergroß zu sehen bekamen. Obwohl es sich bei ihm um eine Nachbildung handelte, bekam ich dennoch ein leichtes Magendrücken, denn ich kannte das Original, und wer es so nachbilden konnte, der musste irgendwann einmal Kontakt mit dem Fürsten der Finsternis gehabt haben. Aus welch einem Material der Schädel bestand, wusste ich nicht. Er trug die gleiche Farbe wie der Originalkopf. Das stellten wir fest, als wir ihn anleuchteten. Die Enden der Lichtbalken glitten lautlos über das Gesicht, und wir konnten erkennen, dass er eine kalte, blaugraue Farbe zeigte, die genau die Ablehnung und den Hochmut wiedergaben, den auch das Originalgesicht zeigte.
    Hier waren Meister am Werk gewesen, die es geschafft hatten, den gefallenen Engel so zu modellieren, dass man ihn vom Original kaum unterscheiden konnte.
    Ich hatte den Atem angehalten, weil mich dieses ›Werk‹ doch irgendwie betroffen gemacht hatte. Nun strömte die Luft allmählich über meine Lippen, und ich vernahm auch das schwere Atmen meiner Freunde.
    »Ist er das?« Sheila hatte als erste die Sprache wiedergefunden.
    »Ja, das ist Luzifer.«
    »Ich habe noch nie einen Dämon gesehen, der eine so große Grausamkeit zeigt«, fuhr Sheila fort, »obwohl er aussieht wie ein Mensch.«
    Obwohl er aussieht wie ein Mensch! In Gedanken wiederholte ich

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