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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Dampfboot anbellte.
    »Der Dackel! » rief Jack fast unwillkürlich laut aus, und im Nu hatte er die alten Kameraden, hatte er seinen alten Kapitän erkannt.
    »Hallo, das Boot!« rief er vom Vorderdeck jubelnd aus, und Poleridge, der das Hinterteil seines Fahrzeugs eben mit aller Kraft herumgeschoben und sich die Passage an dem Dampfer vorüber freigemacht hatte, drehte sich rasch nach dem Ruf um.
    »Hallo, wie geht's an Bord?« rief ihnen da Jack, auf die niedere Brüstung springend, hinüber. »Alle wohl?«
    »Jack! Soll mich der Teufel holen! » schrie Bill.
    »Jack! » jubelte aber auch der Alte, der ihn ebenfalls erkannt, seine Mütze nach ihm hinüberschwenkend. »Hurra, Junge, alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung!« schrie Jack zurück, während das Boot rasch vorübertrieb.
    »Das ist brav - das ist brav«, nickte der alte Mann, und es war fast, als ob Bill in ein »Hurra« ausbrechen wolle. Wenn das aber wirklich der Fall gewesen, besann er sich zur rechten Zeit, und alle schwenkten die Hüte dem Dampfer zu. Der Alte hatte aber indessen etwas unter Deck hineingerufen, und plötzlich erschien auch die würdige Mrs. Poleridge mit dem halben Körper über Deck. Zum Rufen waren sie schon zu weit, aber zum Grüßen schwenkte sie ein altes, in der Eile aufgegriffenes baumwollenes Tuch und ruhte nicht und wedelte damit, bis der Dampfer anbrauste. - In wenigen Minuten waren die Boote außer Sicht. Ein paar der Bootsleute hatten zugesehen, wie die Mannschaft des Flatboots den Passagier so jubelnd grüßte. Das aber kam alle Tage vor. Alle diese Burschen schwimmen auf solchen Fahrzeugen den Fluß mit der Strömung nieder und kehren dann mit dem nächsten Dampfer stromauf in ihre Heimat zurück. Daß sich da alte Bekannte, die sich zufällig solcherart wiederfinden, begrüßen, ist natürlich. Jack aber war in mehr als einer Hinsicht über das Begegnen froh. Einmal freute es ihn, den alten Kameraden noch ein letztes Lebewohl zurufen zu können; dann aber gab ihm die Sicherheit des Boots auch die Gewißheit, daß es nicht weiter verfolgt oder, wenn verfolgt, nicht entdeckt war. So konnte es also auch nicht über den Schutz zur Rechenschaft gezogen worden sein, den es der flüchtigen Sklavin an jenem Abend, wenn auch nur für kurze Zeit, gewährte.
    Um ganz sicherzugehen, hatte der alte Poleridge übrigens seine Flagge eingezogen und um sein ganzes Boot den weißen Streifen gemalt. Ein Wiedererkennen unter den hundert ähnlichen, die überall den Fluß befuhren, war also fast unmöglich, wenigstens entsetzlich schwierig. Er schien sich übrigens trotzdem dort oben nicht lange aufgehalten zu haben und machte jedenfalls, daß er aus dem Bereich der dortigen Pflanzung kam. Weiter unten hatte er für sich nichts mehr zu fürchten; wußten doch die Verfolger, daß die Negerin das Boot wieder verlassen hatte.
Rasch kehrte Jack jetzt ins Zwischendeck zurück, dem Mädchen dort die Kunde mitzuteilen, daß er das ihnen so wohlbekannte Boot gesehen, und sorgte dann auf das Freundlichste für seinen Schützling, um es ihm so bequem als irgend möglich zu machen.
    Mit dem Leben an Bord eines solchen Boots schon seit langer Zeit vertraut, da er auf dem Ohio und oberen Mississippi manche Dampfbootfahrt gemacht, hatte er auch in Natchez an Geschirr und Proviant alles eingekauft, was sie in einer Woche etwa wohl brauchten. Frischer Proviant war übrigens auch weiter oben in den kleinen und größeren Städten, die sie gelegentlich anliefen, überall wieder zu bekommen. Jack hatte es dabei übernommen, das Mittagsmahl zu kochen, etwas, was in Amerika, besonders an Bord der Boote, sehr häufig geschieht und deshalb nicht auffällt, und Sally konnte dabei viel unbeachteter in ihrer Ecke bleiben. Übrigens bestand das Mahl nur in Kaffee und kalter Küche, war also auch leicht hergestellt, und Jack behielt Zeit genug dabei, dann und wann hinauszugehen, um sich im Strom etwas zurechtzufinden. Näherten sie sich doch der Stelle wieder, an der sie gestern durch den Sumpf die Blockhütte erreicht und Schutz an Bord des Dampfers gefunden hatten.
    Das Boot hielt indessen wieder an einer der Plantagen, um irgendeinen Passagier an Land zu setzen oder aufzunehmen; aber Jack zeigte sich hier absichtlich nicht draußen, um keinem bekannten Gesicht mehr in dieser gefährlichen Gegend in den Weg zu treten.
    Der Aufenthalt dauerte übrigens auch gar nicht lange, und die ›Queen of the West‹ hielt jetzt ziemlich dicht an der linken Seite des Stroms

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