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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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hinauf - dieselbe, an der die Holzfällerhütte lag, von der sie in jener Nacht geflüchtet waren. Allerdings hatte der junge Mann den Platz nur in der wilden Beleuchtung der hohen, flackernden Feuer gesehen, trotzdem erkannte er aber die Gegend wieder, und das Herz pochte ihm stärker, als er die bekannte Stelle aufs neue und nun in ganz geringer Entfernung vor sich auftauchen sah.
    Gern hätte er auch Sally herausgerufen, um ihr den Platz zu zeigen, der für sie beide an Erinnerung so reich war, aber ein großer Teil der Zwischendeckspassagiere hatte sich an dem heißen Tag, wo unter Deck noch dazu der Kochofen in Glut gehalten wurde, hier draußen im Schatten des überragenden Decks einen kühlen Platz gesucht, und er wünschte alles zu vermeiden, was sie unnötigerweise den Augen der Menge zeigen konnte.
    Diesmal fuhren sie jedoch vorbei; das Boot hatte noch Holz genug an Bord, um bis gegen Abend auszureichen, und legte jetzt in kurzer Zeit die Strecke zurück, die es den Flüchtigen gestern so entsetzliche Mühe gekostet, zu durchbrechen. Deutlich konnte Jack dabei von Bord aus den ziemlich offenen Sumpf erkennen, den er, Sally in den Armen, in jener Nacht durchwatet - und suchten nicht vielleicht in diesem Augenblick sogar die Verfolger dort drüben nach seinen Fährten? Er lachte bei dem Gedanken trotzig vor sich hin, bis das Ufer selber seine Aufmerksamkeit wieder mehr in Anspruch nahm.
    Sie liefen jetzt ziemlich dicht am Waldesrand hinauf, und über ihnen ließ sich schon die Insel erkennen, von der ab sie ihre Flucht in dem Kanu begonnen. Da war der Schilfbruch schon, durch den sie sich mühselig die schwere Bahn gesucht - hier begann die Sandbank, und gleich darüber, wo vom steileren Uferrand das Wasser einzelne Wurzeln unterwühlt und in den Strom hinabgeworfen, dort hatten sie Schutz gefunden. Der vorragende Baum dort mit seinem breiten, von der gelben Flut durchwühlten Wipfel mußte die Stelle sein, wo das Boot damals, ihrer harrend, auf der Wacht gelegen und...
    »Da war es, Massa«, flüsterte plötzlich eine leise Stimme an seiner Seite, und als er sich erschreckt danach umschaute, sah er einen alten Neger neben sich, der ihm nur mit den Augen winkte, ihm zu folgen.
    Jack war es, als ob all sein Blut zu Eis geworden wäre, und wie ein lähmender Schlag zuckte es ihm durch alle Glieder. Der alte Neger aber, ohne ihn weiter zu beachten, schritt langsam von ihm hinweg der andern Seite des Boots zu, dessen heißer Gang jetzt in der glühenden Mittagssonne von den Passagieren gemieden schien. Niemand befand sich dort draußen, und als Jack dem Schwarzen, nur mechanisch und kaum eines Gedankens fähig, folgte, wandte sich dieser wieder gegen ihn.
    »Ihr seid von Massa Poleridges Boot, nicht wahr? Pst«, warnte er aber, als Jack, keines Wortes mächtig, schwieg, »ich weiß alles - ich war in dem Boot, in dem Ihr Massa Hoof so hübsch die Kugel in die Stirn schosset, daß er nur noch ein bißchen mit Armen und Beinen strampelte. Schlechterer Buckra hat nie gelebt, und arme Schwarze danken Gott auf ihren Knien, daß ihn Teufel geholt hat. - Salomo verrät Euch nicht...«
    »Aber wo kommst du her?« hauchte Jack, noch immer keines weiteren Gedankens fähig.
    »Sollte Euch eher fragen«, lachte der Neger still vor sich hin, »wo Ihr herkommt - müßt es unmenschlich schlau angefangen haben, daß Ihr schon wieder hier vorbeifahrt, als ob Ihr von New Orleans heraufkämt. Ich bin hier mit unserem Boot, und beide Niggertreiber und Scipio sitzen vorn am Bug und schlafen in der Sonne - sind müde wie die Hunde, alle miteinander, und das Beste - Master ist ebenfalls an Bord.
    »Dein Herr?«
    Salomo nickte mit einem breiten Grinsen, das beide Reihen Zähne sichtbar werden ließ. »Würde sich erschrecklich freuen, wenn er wüßte, wie nah er...« Salomo sah sich erst vorsichtig um, ob niemand hinter ihn getreten sei, und flüsterte dann leise: »... Sally hat.«
    »Du hast sie gesehen?« fragte Jack erschreckt.
    Der Neger blinzelte lachend mit den Augen.
    »Salomo ist nicht dumm - wenn sie auch ein feines Kleid und Bonnet trägt und Handschuhe an den Fingern hat, wie eine feine Lady. Aber Gott segne das Kind - sie haben sie behandelt, daß es einen Stein hätte erbarmen mögen. Massa Hoof und die beiden Missusses, und Salomo will eher bei lebendigem Leib verderben, ehe er sie verriete.«
    »Aber wenn einer der anderen, einer der Negertreiber, das Mädchen sähe...«
    »Pst«, schüttelte Salomo lachend den Kopf,

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