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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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hat, die er irgendwann vor hundert Jahren im Marihuanarausch gesehen hatte?«
    »Vielleicht hast du recht, Yong, ich weiß es nicht. Ich glaube ohnehin, daß es keinen Sinn hat, jetzt, wo alle wissen, was sie zu tun haben, allzuviel Zweifel zu säen. Vielleicht ist Evans White ja doch unser Mann. Aber wenn ich wirklich daran geglaubt hätte, dann hätte ich Birgitta niemals gebeten, dieses Spiel mitzumachen.«
    »Also wer, glaubst du, ist unser Mann?«
    »Du willst wohl sagen, wer, glaubst du, ist dieses Mal unser Mann?«
    Yong lächelte.
    »Oder so.«
    Harry rieb sich das Kinn.
    »Ich hab schon zweimal die Alarmglocken geläutet, Yong. Wenn man zu oft ›Hilfe‹ ruft, kommt schließlich keiner mehr. Deshalb muß ich diesmal wirklich sicher sein!«
    »Warum erzählst du mir das Ganze, Harry? Warum nicht einem von unseren Chefs?«
    »Weil du ein paar Sachen für mich erledigen kannst, ein paar diskrete Fragen stellen und ein paar Daten besorgen, ohne daß die anderen hier im Hause es mitkriegen.«
    »Es soll sonst niemand davon erfahren?«
    »Ich weiß, das hört sich ein bißchen fishy an. Und ich weiß, daß du hier mehr zu verlieren hast als die meisten anderen. Aber du bist der einzige, der mir helfen kann, Yong, was meinst du?«
    Yong schaute Harry lange an.
    »Wird dir das helfen, den Mörder zu stellen, Harry?« fragte er.
    »Das hoffe ich.«

 
    18 Der Plan und ein
    Spaziergang im Park
     
     
    B ravo, komm herein.«
    Es knackte in den Lautsprechern des Funkempfängers.
    »Ich kann alles gut hören«, rief Lebie. »Wie läuft's bei euch da drinnen?«
    »Gut«, antwortete Harry.
    Er saß auf dem frischgemachten Bett und betrachtete das Bild von Birgitta auf dem Nachtschränkchen. Es war ein Konfirmationsfoto. Sie sah mit all den Locken und ohne Sommersprossen, die man auf dem überbelichteten Bild nicht erkennen konnte, jung, ernst und fremd aus. Es schien ihr nicht gutzugehen. Birgitta hatte behauptet, das Bild stehe als Aufmunterung für schlechte Zeiten dort, als eine Art Beweis, daß alles trotz allem irgendwie weitergegangen war.
    »Wie sieht der Zeitplan aus?« rief Lebie aus der Küche.
    »Sie ist in einer Viertelstunde mit der Arbeit fertig. Jemand ist gerade bei ihr, um bei ihr den Sender und das Mikrophon anzubringen.«
    »Fährt man sie dann in die Darlinghurst Road?«
    »Nee. Wir wissen ja nicht, wo dieser White sich aufhält, und er darf sie ja nicht aus einem Auto steigen sehen und mißtrauisch werden. Sie geht vom Albury aus zu Fuß.«
    Wadkins kam vom Flur herein.
    »Es sieht gut aus. Ich kann im Eingangsbereich hinter dem Mauervorsprung stehen und ihnen hier bis nach oben folgen, ohne bemerkt zu werden. Wir werden dein Mädchen die ganze Zeit über im Auge haben, Holy. Holy, wo steckst du?«
    »Hier drinnen, Sir. Ich hab es gehört, das ist gut zu wissen, Sir.«
    »Der Funk? Lebie?«
    »Ich hab Kontakt, Sir. Alle sind auf ihren Plätzen. Es kann losgehen.«
     
    Harry war noch einmal alles durchgegangen. Vorwärts und rückwärts. Er hatte mit sich selbst eine Diskussion geführt und versucht, die Sache wirklich aus allen Blickwinkeln zu betrachten und sich schließlich entschlossen, daß es ihm egal war, ob sie das als hoffnungsloses Klischee, als kindische Art, etwas zu sagen, oder als zu einfachen Ausweg betrachten würde. Er packte die rote Wildrose, die er gekauft hatte, aus und stellte sie in ein Wasserglas, das neben dem Bild auf dem Nachtschränkchen stand.
    Er zögerte etwas. Vielleicht würde sie die ablenken? Vielleicht würde Evans White beginnen, Fragen zu stellen, wenn er eine Rose neben ihrem Bett sah? Er fuhr mit dem Zeigefinger vorsichtig über eine der Dornen. Nein, Birgitta würde die Aufmunterung verstehen, der Anblick der Rose würde ihr im Gegenteil Kraft geben.
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war acht Uhr. »Los, laßt uns die Sache hinter uns bringen!« rief er in das Wohnzimmer.
     
    Etwas stimmte nicht. Harry konnte nicht hören, was es war, aber er hörte im Wohnzimmer das Knacken in den Lautsprechern. Zu viel Knacken. Alle wußten genau, was sie tun mußten, wenn also alles nach Plan lief, gab es keinen Grund, so viel über Funk durchzugeben.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, fluchte Wadkins. Lebie nahm den Kopfhörer ab und drehte sich zu Harry um.
    »Sie ist nicht gekommen«, sagte er.
    »Was sagst du da?«
    »Sie ist genau um Viertel nach acht im Albury losgegangen. Es sollte von dort nicht mehr als zehn Minuten dauern bis King's Cross. Das ist

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