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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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für ihn, Sir .«
    McCormack hatte sich erhoben und seine Wanderung über die wenigen freien Meter begonnen. Er erinnerte Harry an den alten fetten Leoparden, den er als kleiner Junge im Tierpark gesehen hatte. Der Käfig war so klein gewesen, daß der Oberkörper sich immer schon wieder zu drehen begann, bevor das Hinterteil die vorhergehende Kurve abgeschlossen hatte. Hin und her, vor und zurück.
    »Was, wenn er Sex will, bevor er überhaupt etwas gesagt hat oder sonst etwas geschehen ist?«
    »Sie wird sich weigern. Sagen, daß sie es sich anders überlegt hat, daß sie das nur gesagt habe, damit er ihr das Morphium besorgt.«
    »Und dann lassen wir ihn einfach gehen?«
    »Wir machen keine Wellen, wenn wir nicht sicher sind, daß wir ihn auch wirklich kriegen, Sir .«
    McCormack schob seine Unterlippe über die Oberlippe.
    »Warum tut sie das alles?«
    Es wurde still.
    »Weil sie keine Mörder und Vergewaltiger mag«, sagte Harry nach einer langen Pause. »Insbesondere wenn sie Menschen töten, die sie kannte.«
    »Und abgesehen davon?«
    Es entstand eine noch längere Pause.
    »Weil ich sie darum gebeten habe«, sagte Harry schließlich.
     
    »Kann ich dich einen Augenblick stören, Yong?« Yong Sue schaute lächelnd von seinem PC auf.
    » Sure, mate! «
    Harry sank auf einen Stuhl. Der eifrige Chinese hastete weiter über seine Tastatur, wobei er mit einem Auge den Bildschirm und mit dem anderen Harry beobachtete.
    »Es wäre gut, wenn das zwischen uns bliebe, Yong, aber ich glaube nicht mehr daran.«
    Yong Sue ließ die Tastatur ruhen.
    »Ich glaube, bei Evans White handelt es sich um eine Sackgasse«, fuhr Harry fort.
    Yong sah verwirrt aus.
    »Warum das denn?«
    »Das ist nicht leicht zu erklären, aber es gibt ein paar Sachen, die mir nicht aus dem Kopf gehen. Andrew hat versucht, mir damals im Krankenhaus etwas zu sagen. Und auch schon vorher.«
    Harry hielt inne. Yong nickte, um zu signalisieren, daß er weiterreden solle.
    »Er versuchte mir klarzumachen, daß die Lösung viel näher lag, als ich glaubte. Ich glaube, bei dem Täter handelt es sich um eine Person, die Andrew aus irgendeinem Grund nicht selber stellen konnte. Daß er einen Außenstehenden brauchte. Mich, zum Beispiel – einen Norweger, der einfach hereingeschneit kommt und mit dem nächsten Flugzeug wieder zurückfliegt. Das war mit ein Grund, warum ich auf Otto Rechtnagel gekommen bin. Denn wenn et, ein enger Freund von Andrew, der Mörder gewesen wäre, hätte Andrew sich gewünscht, daß ein anderer ihn außer Gefecht setzt. Aber innerlich kam mir das Ganze schon ein bißchen komisch vor. Mittlerweile begreife ich aber, daß nicht er es war, den Andrew durch mich am Weitermachen hindern wollte, sondern ein anderer.«
    Yong räusperte sich:
    »Ich habe das bist jetzt noch nie erwähnt, aber mir ist es schon merkwürdig vorgekommen, als Andrew plötzlich mit diesem Zeugen auftauchte, der Evans White am Mordtag in Nimbin gesehen haben wollte. Jetzt, im nachhinein ist mir klar geworden, daß Andrew noch ein anderes Motiv gehabt haben könnte, Evans White aus dem Fokus zu bekommen. Nämlich die Tatsache, daß Evans White etwas gegen ihn inder Hand hatte. Er wußte, daß Andrew heroinabhängig war, und wenn das herausgekommen wäre, hätte das für Andrew das Ende bei der Polizei und eine Zeitlang Gefängnis bedeutet. Ich mag diesen Gedanken nicht, aber hast du mal über die Möglichkeit nachgedacht, daß Andrew und White ein kleines Abkommen getroffen haben, mit dem Ziel, daß Andrew uns von White fernhält?«
    »Es fängt langsam an, kompliziert zu werden, Yong, aber – ja, ich habe an diese Möglichkeit gedacht. Und sie verworfen. Denk doch nur daran, daß es Andrew war, der dafür gesorgt hat, daß wir Evans White anhand dieses Bildes identifizieren konnten.«
    »Tja«, Yong kratzte sich mit einem Bleistift am Kinn. »Wir hätten das auch ohne ihn geschafft, aber das hätte dann sicher länger gedauert. Weißt du, wie groß bei einem Mordfall die prozentuale Chance ist, daß der Täter der jeweils andere Partner der Beziehung ist? Fünfundachtzig Prozent. Nachdem du den Brief übersetzt hattest, wußte Andrew, daß wir alle verfügbaren Kräfte daransetzen würden, Inger Holters heimlichen Freund zu finden. Wenn er White also wirklich beschützen wollte, ohne sich dabei zu verraten, konnte er ebensogut mithelfen. Nur zum Schein. Hast du es nicht merkwürdig gefunden, daß er diesen Ort nur anhand von ein paar Hauswänden wiedererkannt

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