Der fliegende Brasilianer - Roman
Ballon noch ein Gleitflieger …
Chapin kommt zu Alberto.
Die Maschine ist fertig.
Dann wollen wir mal.
Alberto lächelt seinen Freunden zu und bekommt von Cristina Penteado einen Kuss. Er geht an Archdeacon vorbei und klopft ihm auf den Bauch. Archdeacon zuckt verwirrt zusammen.
Ich gehe jetzt fliegen.
Es ist fünf vor vier.
Auf meiner Uhr ist es vier.
Ich schicke die Beobachter auf ihre Posten.
Alberto bahnt sich einen Weg durch die Menge zu der 14-Bis, während Archdeacon den Beobachtern des Aéro Club Anweisung gibt, sich auf ihre Posten zu begeben. Alberto steigt in die 14-Bis und gibt ein Zeichen, den Motor anzuwerfen. Angelockt von dem Lärm drängt die Menge zum Flugzeug.
Gehen Sie bitte zurück … ich brauche Platz …
Die 14-Bis setzt sich in Bewegung, und die Menge zieht sich zurück, einige laufen sogar. Das Flugzeug wird schneller, die Menschen halten den Atem an. Als die 14-Bis schon fast die Hälfte der Bahn hinter sich hat, dreht Alberto das Steuer nach hinten.
Die lange Nase hebt sich anmutig an, und die Beobachter des Aéro Club, die neben dem Flugzeug hergelaufen sind, werfen sich auf das nasse Gras. Aber die beiden zerbrechlichen Fahrradräder berühren nicht mehr den Boden. Die Beobachter schreien begeistert los.
Er ist hochgegangen, zehn Zentimeter hoch.
20 Zentimeter hoch.
Jetzt ist er 30 Zentimeter hoch.
Jetzt schon auf 50 …
Über einen Meter, und er steigt immer weiter, nicht zu fassen, er fliegt.
Die weiße, elegante Gestalt des Flugzeugs gewinnt an Höhe und setzt zu einer sanften Linkskurve an.
Unglaublich, er fliegt …
Mein Gott, er hat es geschafft.
Sieh dir das an, wie wunderschön …
Fantastisch, fantastisch …
Aber gleich darauf wird die 14-Bis langsamer und fängt plötzlich an zu sinken. Die Menschen sperren die Münder auf und warten gespannt ab, was geschehen wird. Die 14-Bis setzt mit bereits abgestelltem Motor abrupt auf, die Räder brechen ab, aber das Flugzeug kommt ohne nennenswerte Beschädigung zum Stehen. Stille breitet sich aus, man hört nur noch das Atmen der Menschen, dann macht Chapin einen Freudensprung.
Hoch lebe Santos Dumont!
Alle schreien vor Freude und laufen zu dem nun stehenden Flugzeug. An der Spitze, um Vorsprung vor der Menge bemüht, laufen Archdeacon und seine Beobachter. Gleich hinter ihnen, ebenfalls im Laufschritt, Voisin und Blériot.
Alberto, noch immer an Bord der 14-Bis, sieht Archdeacon kommen.
Ich habe gewonnen, ich habe den Preis gewonnen!
Daran besteht nicht der geringste Zweifel, Alberto. Den Prix Archdeacon haben Sie gewonnen. Aber warum haben Sie so schnell abgebrochen? Sie hätten auch den Preis des Aéro Club gewinnen können.
Ich habe den Bug verloren …
Dann umringt die Menge das Flugzeug, die Szene verwandelt sich in ein großes Fest. Champagnerflaschen werden entkorkt, und Alberto wird im Triumph davongetragen.
Etwas abseits der Feiernden stehen Voisin und Blériot.
Das ist ungerecht, Blériot, Sie verstehen viel mehr als er von Aerodynamik.
Und Sie? Sie wissen zehnmal mehr über Maschinenbau als er.
Dieses Ungetüm hat die Bezeichnung Flugzeug überhaupt nicht verdient.
Er hat den Propeller mit Direktantrieb gebaut, und daran habe ich nie geglaubt.
Mit so einem Motor von 50 PS könnte ich auch einen Konzertflügel abheben lassen …
Der ziemlich mit Motoröl verschmierte Chapin bemerkt, dass die beiden sich von der feiernden Menge fernhalten.
Ihr habt’s gesehen, das ist ein historischer Augenblick. Mit Petitsantôs hat der Mensch den Raum erobert.
Wie’s scheint, sind ja wohl schon irgendwelche Amerikaner geflogen.
Chapin sieht Blériot verächtlich an.
Mag ja sein, Blériot, aber wenn es einen Amerikaner gibt, der vor den Augen einer Menschenmenge geflogen ist, dann heißt dieser Amerikaner Alberto Santos Dumont …
Die kubistische Maschine ist geflogen »Der Mensch hat die Luft erobert.«
»Eine denkwürdige Minute in der Geschichte der Luftfahrt.«
Pathé Baby Am nächsten Tag gönnt Alberto sich keine Ruhe. Er holt die Mechaniker zu sich ins Haus, lädt ein paar engere Freunde dazu ein, lässt Getränke und Häppchen servieren und zeigt ihnen die europäischen Zeitungen, die über das Ereignis berichten. Mit einem Pathé-Projektor führt er auf einer improvisierten Leinwand die Bilder vor, die ein Kameramann vom Flug aufgenommen hat. Er zeigt den Mechanikern, wie die 14-Bis sich verhält, wie sie schlingert und dass der Flug auf dem Platz von Bagatelle nicht
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