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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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ins Fernsehen zu kommen. Aber das Schiff sah nicht so aus, als ob es die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken versuchte. Sofern ein Schiff überhaupt einen Ausdruck haben kann, wirkte es noch am ehesten verlegen, so als ob es auf einer Party im falschen Aufzug erschienen wäre – was hier ja auch der Fall war.
    »Phil, geh noch näher ran«, befahl Danny.
     
    »Also schön!« brüllte Vanderdecker. »Wenn einer von euch verdammten Klugscheißern meint, er kann’s besser, dann soll er’s ruhig versuchen! Na, kommt schon! Wer will als erster?« Totenstille. »Na gut. Dann will ich ab jetzt nichts mehr davon hören!«
    Gerechter Zorn hat auch seine guten Seiten. Durch ihn legte Vanderdecker in untypischer Bestimmtheit eine Autorität an den Tag, ohne die er sich, wäre es allein nach ihm gegangen, in seine Kabine verkrochen und alles zum Teufel gewünscht hätte. Allein dadurch, daß er mit seinem zertrümmerten Schiff überhaupt so weit gekommen war, hatte er bereits eine aufsehenerregende seemännische Meisterleistung vollbracht. Trotzdem nörgelte die ganze Besatzung über ihn und beschimpfte ihn sogar hinter seinem Rücken. Aber gerade deshalb hielt er durch und gab sein Bestes, obwohl wahrscheinlich selbst das nicht reichen würde. Das war dann eben Pech.
    Direkt vor der Isle of Wight hatte das Schiff ein böses Leck bekommen, und schon kurz darauf war Vanderdecker klargewesen, daß er großes Geschick und noch größeres Glück benötigen würde, um diese kläglichen Überreste eines Segelschiffs als Ganzes bis nach Bridport zu bringen. Ihnen blieb keine Zeit, unterzutauchen und sich im Schutz der Dunkelheit heimlich in ihre normalerweise geschützte und verschwiegene Bucht zu schleichen, sondern sie mußten wohl oder übel bei hellem Tageslicht einlaufen; daran ließ sich nicht rütteln. Das heißt, falls sie überhaupt so weit kamen. Die letzten sechs Stunden waren nämlich ziemlich heikel verlaufen, und über seinen Einfallsreichtum und das Geschick bei der Bewältigung der Schwierigkeiten mußte Vanderdecker selbst staunen. Außer ihm war natürlich niemand an Bord sonderlich beeindruckt. Nach allgemeiner Überzeugung war sowieso alles in erster Linie Vanderdeckers Schuld. Aber daran ließ sich nun mal nichts ändern.
    Beim Anblick der vielen Schiffe in der West Bay war allerdings selbst Vanderdecker nicht viel mehr als ein lautes Stöhnen eingefallen. Jetzt bestand wirklich keine Möglichkeit mehr, sich klein zu machen. Bisher hatte man die Verdomde zwar noch nicht aufgehalten, aber das konnte sich jeden Augenblick ändern. Eigentlich hatte Vanderdecker vorgehabt, auf die deodorierende Wirkung des Wassers von Dounreay zu verzichten, damit die ungewollten Augenzeugen durch den Geruch in Schach gehalten werden konnten. Doch er sah ein, daß sich dadurch eher neue Probleme ergeben als alte gelöst hätten. Es war wohl am besten, die Sache endlich hinter sich zu bringen.
     
    Danny Bennett erhob sich von seinem Platz vor den Monitoren. Er hatte dieses ganz bestimmte Kribbeln im Nacken, das ›Story‹ bedeutete.
    »Julian«, sagte er, »ich geh mal ’ne Minute raus. Nimm du in der Zwischenzeit die Regatta auf, ja?«
    Julian antwortete irgend etwas, doch Danny zog es vor, nichts zu hören. Zeitweilige Taubheit lag in der Familie. Der Mann von der Brauerei stand ebenfalls auf.
    »Wollen Sie einen Blick auf dieses Schiff werfen?« fragte er.
    »Ja«, erwiderte Danny. »Wollen Sie mit?«
    Der Mann nickte. »Die stehen jedenfalls nicht auf der Startliste«, argwöhnte er. »Meine Firma geht mit solchen Dingen äußerst penibel um. Immerhin könnten das Demonstranten oder so was sein. Woher soll man das schon wissen?«
    Danny sprang aus dem Ü-Wagen und rief einen Kameramann zu sich, der zeitungslesend auf einer Kiste saß. Sie mieteten ein Boot und fuhren los, um das Schiff genauer unter die Lupe zu nehmen.
    Julian zeichnete derweil die Wettfahrt für die spätere Sendung auf, und das machte er sehr gut. Sogar außergewöhnlich gut, wenn man bedachte, daß er eigentlich nur hereingeschaut hatte, um Pizzabestellungen entgegenzunehmen. Aber selbst D.W. Griffith hatte ja mal klein angefangen.
     
    »Okay!« rief der Fliegende Holländer. »Kommt mal alle her, damit ich ein paar Dinge klarstellen kann, bevor wir einlaufen und an Land gehen.«
    Es war keine besonders glänzende Rede – sie hatte nicht das gleiche Format wie König Heinrichs Ansprache in Harfleur und erinnerte nicht einmal entfernt an Churchill –, und

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