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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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lieber nicht machen. Ihre Überlegungen hatten gerade eben die Oberfläche dieses Problems gestreift, als ihr auf der letzten Seite einer Tageszeitung, die jemand anderem gehörte, eine Meldung über schreckliche Stürme auf der Nordsee ins Auge sprang. Ihr fiel ein, daß sich Vanderdecker in genau diesem Moment irgendwo auf der Nordsee befinden und seine Fahrt zu dem Ziel fortsetzen müßte, das er bei der Begegnung mit der Erdenkrieger gehabt hatte (wahrscheinlich Holland; schließlich war das Vanderdeckers Heimat). Wahrscheinlich war er also auch in diesen Sturm geraten. Mit ungewöhnlich flegelhafter Attitüde beugte sich Jane vor und las aufmerksam in der fremden Zeitung. Sie entnahm dem Artikel, daß der Sturm (der schlimmste seit fünfzig Jahren, so schätzte man) vor der holländischen Küste getobt hatte. Na schön, dachte Jane, Vanderdeckers Schiff ist sehr alt und wahrscheinlich ziemlich anfällig. Wenn er in den Sturm geraten ist, wird sein Schiff wohl einige Reparaturen nötig haben. Und wohin wird er fahren, um das Schiff überholen zu lassen? Natürlich nach Bridport. Ein gewagter Versuch. Eine dunkle Ahnung. Eine saublöde Idee. Nun, wir werden ja sehen.
     
    »Entschuldigung«, sagte der Tontechniker. »Ich hab Sie nicht gesehen.«
    Danny Bennett blickte erst auf den Ärmel seiner Wildlederjacke, dann auf den Tontechniker und murmelte schließlich sehr leise etwas vor sich hin, das niemand hören sollte. Sein Debüt auf dem Gebiet der Sportberichterstattung verlief nicht allzugut, hauptsächlich deshalb, weil er nicht die leiseste Ahnung hatte, worum es überhaupt ging.
    Draußen regnete es immer noch, und vor diesem Hintergrund ließ es sich im Innern des Ü-Wagens auch nicht schlechter aushalten als woanders. Hier war es wenigstens trocken, es gab eine Thermoskanne mit zumindest lauwarmem Kaffee und keinen Kameramann. Das waren dann aber auch schon sämtliche Attraktionen, die der Austragungsort der Regatta zu bieten hatte. Natürlich existierten noch die Monitore, aber die konnte Danny überhaupt nicht ausstehen.
    Soweit er aus der Sache schlau würde, bestand seine Aufgabe darin, das Unternehmen so zu koordinieren, daß der Zuschauer zu Hause die bestmöglichen Bilder der Ereignisse aus den optimalen Blickwinkeln erhielt. Um das zustande zu bringen, mußte Danny dafür sorgen, daß die kleinen Motorboote mit den Kameraleuten zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Da er jedoch keinen blassen Schimmer von ihren derzeitigen Positionen hatte, war ihm das natürlich nicht möglich; schließlich sah er nichts weiter als die Bilder auf den Monitoren. Zudem mußte er noch einer zweiten geringfügigen Schwierigkeit ins Auge blicken: Er hatte absolut keine Ahnung von den Regeln, die bei Wettfahrten für alte Segelschiffe galten, das heißt, er besaß keinen Anhaltspunkt, wie die Bilder auf den Monitoren überhaupt aussehen sollten. Soweit er das verstand, bedeutete eine Wettfahrt, daß eine gewisse Anzahl Teilnehmer versuchte, schneller zu sein als der jeweilige Gegner. Aber diese alten Schiffe kamen allesamt außergewöhnlich langsam von der Stelle. Das war fast so verwirrend wie ein Boxkampf zwischen zwei Pazifisten. Leider hatte Danny keine Möglichkeit herauszufinden, ob er seinen Job nun richtig machte oder nicht.
    Normalerweise war es in solchen Situationen das klügste, alles den Kameraleuten zu überlassen und ihnen nicht im Weg zu stehen. Kameraleute haben nämlich unweigerlich alles vorher schon einmal gemacht und wissen ganz genau, was sie zu tun haben. Ihre Objektive müssen die ganze Zeit über direkt auf den Mittelpunkt des Geschehens gerichtet sein, und der Produzent braucht nichts weiter zu tun, als im Ü-Wagen zu sitzen und wachsam zu bleiben. Unglücklicherweise hatte sich die BBC in diesem Jahr zum erstenmal für die Übertragung dieses bewegenden Regattaspektakels entschieden, so daß sich alle Beteiligten ebensowenig auskannten wie Danny. Zum erstenmal während seiner gesamten Laufbahn beim Fernsehen kamen ihm die Kameraleute mit Fragen anstatt mit Erklärungen. Eigentlich hätte das für einen so erfahrenen Produzenten wie Danny ein Moment zum Auskosten sein müssen, das war es aber nicht.
    Wenigstens hatte er noch die Funkgeräte zur Verfügung, in die er hineinbrüllen konnte. Dadurch wurde die Lage zwar nicht besser – sie schien sich im Gegenteil nur noch zu verschlimmern –, aber zumindest fühlte er sich selbst besser.
    »Chris!« schrie er. »Kannst du mich hören?

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