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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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geschehen, und das allein aufgrund seiner Anwesenheit. Nun, dagegen ist man machtlos, und auch ich kann nichts dagegen unternehmen, aber ich will verdammt sein, wenn ich es mit Absicht tu. Das war schlimm genug damals, mit Napoleon …«
    »Napoleon?« fragte Jane.
    Vanderdecker blickte sie finster an. »Wer, glauben Sie, war wohl der Idiot, der 1815 auf Elba einen Passagier an Bord genommen hat? Ich hab diesen Mann in einer kleinen Hafenkneipe kennengelernt. ›Wohin fahren Sie?‹ fragt er. ›Nach Frankreich‹, sage ich ihm. ›Was für ein Zufall‹, sagt er, ›da will ich auch hin.‹ Woran liegt es eigentlich, daß die immer alle nach diesem verfluchten Frankreich wollen? Das war jetzt gelogen. Garibaldi wollte nämlich nach Italien. Jedenfalls muß ich der Tatsache ins Auge blicken, daß die Geschichte für mich nicht viel mehr als eine grausame Erinnerung an meine eigene, stets versehentliche Einmischung ist. Sogar heute noch kann ich dieses ›Steuermann, laß die Wacht!‹ nicht hören, ohne daß mir dabei schlecht wird.«
    Mag sein, daß Janes Augenbrauen noch einmal einen knappen Zentimeter höherzuckten, doch sie sagte lieber nichts. Sie hielt ihre Geste für eine passende Randbemerkung, und mehr Einzelheiten wollte sie sowieso nicht wissen. »Sie sollten Ihre Autobiographie schreiben«, schlug sie statt dessen vor.
    »Das hab ich schon mal getan«, klärte Vanderdecker sie umgehend auf. »Die war sehr langweilig, wirklich sehr langweilig. Viele langatmige Beschreibungen von Seereisen, mit diversen Kommentaren zum Handel und Wandel mit alkoholischen Getränken im Lauf der Jahrhunderte. Ach, zum Teufel damit! Es tut mir leid, aber ich glaube, ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Trotzdem war es nett, Sie kennengelernt zu haben«, sagte Jane.
    »Und was, wenn ich fragen darf, haben Sie nun vor?« erkundigte sich Vanderdecker.
    »Was ich vorhab?« Jane runzelte die Stirn. »Das weiß ich selbst nicht. Spielt das noch eine Rolle?«
    »Für mich ja«, antwortete Vanderdecker. »Sie sind hoffentlich kein nachtragender Mensch, oder? Ich meine, Sie wissen jetzt eine Menge über mich, was ich mache, wo ich mein Schiff reparieren lasse und so weiter.«
    »Ich versteh, was Sie meinen. Sie brauchen sich deshalb wirklich keine Sorgen zu machen, Mister Vanderdecker«, versicherte ihm Jane.
    »Ich glaube Ihnen. Und was werden Sie nun als nächstes tun?«
    »Gute Frage. Die Aussicht, meinem Chef erzählen zu müssen, daß ich es letztendlich doch nicht geschafft hab, behagt mir überhaupt nicht.«
    Vanderdecker dachte nach. »Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie keinen Geruchssinn haben?«
    »Na ja, auf jeden Fall einen miserablen Geruchssinn«, bestätigte Jane.
    »Was halten Sie dann davon, wenn ich Sie irgendwohin mitnehme?« schlug der Fliegende Holländer vor.
    »Mich irgendwohin mitnehmen? Wohin?«
    »Irgendwohin«, antwortete Vanderdecker. »Ich kann Ihnen versichern, daß es auf meinem Schiff keine einzige Briefmarkensammlung gibt.«
    »Keine einzige Briefmarkensammlung?« wiederholte Jane verdutzt und fügte rasch hinzu: »Ach so, ich verstehe«, wobei sie Briefmarkensammlungen durchaus reizvoll fand. »Aber ich weiß nicht«, druckste sie verlegen herum. »Ich … ich meine, Sie haben selbst gesagt, daß es ziemlich langweilig ist, sieben Jahre lang am Stück auf See zu sein.«
    Vanderdecker lächelte. »Sicher, aber ist das auch so langweilig wie Buchhalterin zu sein?«
    Jane dachte angestrengt nach und traf eine epochale Feststellung. »Nichts auf der Welt könnte auch nur annähernd so langweilig wie das Leben einer Buchhalterin sein. Wie war er?«
    »Wer?«
    »Der schöne Prinz Charlie.«
    »Ach, der … na, wie alle anderen auch«, antwortete Vanderdecker. »Wirklich.«
    Er stand auf und ging an den Tresen, um noch etwas zum Trinken zu holen, doch im selben Augenblick hängte die Wirtin die Handtücher über die Zapfhähne.
     
    Nicht zum erstenmal fehlten Danny die richtigen Worte. Infolgedessen war er frustriert und packte den Telefonhörer so fest, bis er leicht knackte.
    »Du mußt das global betrachten«, wiederholte er.
    »Was soll ich?«
    »Du mußt eine globale Sichtweise annehmen«, drängte Danny. »Die Dinge im richtigen Verhältnis sehen.«
    »Ist dir eigentlich klar, daß ich nicht die leiseste Ahnung hab, wovon du überhaupt redest?«
    Die dünne Nabelschnur riß, die Danny mit seiner Selbstbeherrschung verband. »Das, wovon ich rede«, brüllte er, »ist die größte Story seit Westlands.

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