Der fliegende Holländer
rechte,
Das uns widerfuhr.
Wissen, daß zu allen Zeiten
Eins des Andern denkt
Und für alle Ewigkeiten
Sich ihm hat geschenkt.
Angehören sich in Treuen,
Ruhig sich zu Zwei'n
Sicheren Besitzes freuen,
Das ist Glück allein.
Sie hatten drüben sich am Strande
Ein lauschig Plätzchen ausgewählt,
Da hatt' er ihr im Dünensande
Von seinen Fahrten oft erzählt.
Da saßen manche Stunde beide
Und blickten auf das Meer hinaus
Bis zu des Horizontes Scheide
Und horchten auf der Wogen Braus.
Und so auch eines Abends wieder;
Die See war mäßig nur belebt,
Die Sonne neigte schon sich nieder,
Von wechselndem Gewölk umschwebt.
Bald stand sie feurig da, bald tauchte
Sie unter in verhüllten Raum,
Durchblitzend nur, und bald umhauchte
Gleich wie mit einem Flammensaum
Sie das Gewölk; hochmächtig schossen
Dann ihre Strahlen draus hervor
Gleich ausgespreizten Fächersprossen,
Bis sich's im Aetherduft verlor.
Beim Wellenbiegen gab's ein Schimmern,
Durchsichtig hell smaragdengrün,
Und dann beim Uebersturz ein Flimmern
Und goldig glitzernd Funkensprühn.
Purpurn in immer tiefern Gluthen
Stieg jetzt hinab der Sonnenball, –
Jetzt halb versenkt schon in die Fluthen –
Und jetzt verschwunden überall.
Sie hatten schweigend dagesessen
Und in dem linden Abendwehn
Wie traumverloren und vergessen
Dem großen Schauspiel zugesehn,
Als Ingborg, schmerzlich hingerissen,
Ausrief: »Versunken und verglüht!
Und nun zu denken und zu wissen,
Daß einmal Alles so verblüht!
Ich trüg' es, wenn auf immer schwände
Die Sonne meinem Angesicht,
Doch unsrer Liebe letztes Ende,
Das, Edzard, überlebt' ich nicht.
Ging' unser Glück einmal in Scherben,
Und nähmst Du Deine Liebe mir,
So gäb's für mich nur Eines, – sterben,
Denn leben will ich nur mit Dir!«
Edzard, ins Herz getroffen, wollte
Sein Weib umfahn in Schmerz und Hast,
Daß sie nicht sehn und merken sollte,
Wie furchtbar ihn ihr Wort erfaßt.
Sie merkt' es aber an dem Beben
Der Stimme und an dem Gewicht,
Mit dem er sprach: »Ingborg, wir leben
Zusammen oder leben nicht!«
Sie schaut' ihn an und lag dann lange
Getrost und still an ihn geschmiegt,
Vom leise rauschenden Gesange
Der Wellen wie in Schlaf gewiegt.
Die ausgestreuten Wolkenrosen
Am Himmelszelt verblaßten sacht,
Und auf dem Meer, dem uferlosen,
Ward's dunkel, und es kam die Nacht.
VII.
Heiko.
Auf Sylt, in der Heide, in Schlick und Moor,
Am Strand, in den Dünen, in Schilf und Rohr
Hausten unzählige Vogelschaaren,
Merkwürdig und eigen in ihrem Gebahren
Beim Fliegen, beim Flattern, beim Laufen und Stehn,
Beim Nisten und nach der Nahrung Gehn.
Da brüteten Möven jeglicher Art,
Seeschwalben schwirrten, schlank und zart,
Wildenten strichen in langem Zug,
Der Kibitz schwang sich im Zickzackflug,
Strandläufer liefen im Haschen und Flieh'n,
Die Regenpfeifer saßen und schrie'n,
Die Austernfischer auf einem Bein
Standen und stierten ins Wasser hinein,
Und über der Heide gleich einer Wolke
Schwebte Gewimmel vom Staarenvolke.
Manchmal auch kam mit lieblicher Last
Bei Nacht und Nebel ein hoher Gast
Vom Festland herüber aus seinem Nest
Mit breiten Schwingen geflogen gen West.
Rothbeinig war er, und klappern that er,
War jungen Frauen ein Freund und Berather,
Und wenn er dagewesen war,
Dankt' ihm ein glückliches Ehepaar.
So in den ersten Septembertagen
Kam wieder einmal wie herverschlagen
Der liebe, kluge Klapperstorch,
Stand auf dem Dach von Ingeborg
Und hatte – Gott weiß woher! – bei Nacht
Ein rosiges Knäblein ihr gebracht.
Wie sie das hielt auf ihrem Schoß,
Da war im Haus die Freude groß,
War's selbstverständlich und wie gebührlich
Der ganze Vater doch natürlich.
Die Augen, ja! – die blonde Mähne,
Der Bart und die gesunden Zähne,
Die freilich fehlten noch, allein
Sie stellten sich schon mit den Jahren ein,
Wenn erst der Jung' in den Marsen saß
Und Topp und Takelung enternd maß.
Ingborg, als ob das Herz ihr springe,
War selig; von Edzards Lieb' ein Pfand,
Das däuchte sie ein viel stärkeres Band,
Als goldgeschmiedete Eheringe.
Hatte den Knaben sie an der Brust
Und ließ am ergiebigen Born ihn saugen,
So blickte sie, strahlend von Mutterlust,
Zu Edzard empor mit leuchtenden Augen.
Lag schlummernd das Kind in Kissen und Bändchen,
So winkte sie ihm, wie prall und gepaust
Die rothen Bäckchen, wie zierlich die Händchen,
Und wies auf seine gewaltige Faust.
Manchmal auch gab sie's ihm zu halten
Und lachte dann seiner Verlegenheit,
Als sorglicher Vater damit zu schalten,
Daß ihm nicht zerbrach die Kleinigkeit.
Ihr
Weitere Kostenlose Bücher