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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Affäre gezogen hatte. Und das war die Hauptsache. Am selben Nachmittag suchte Bang Johannes Jørgensen in der Wandelhalle des Folketings auf. Der Verteidigungsausschuß tagte, und am nächsten Tag sollte sich der Außenpolitische Ausschuß treffen, in Christiansborg herrschte also reges Leben, und es war ganz natürlich, daß sie ein paar Worte wechselten. Sie gingen nebeneinander her und rauchten, während sie sich leise unterhielten, wie es Usus war. Sie sprachen ein wenig über den Haushalt, machten auf dem Absatz kehrt und promenierten langsam zurück. Wie so oft leitete Bang das eigentliche Gespräch mit der rituellen Formel ein, das nun Folgende sei streng vertraulich, worauf Johannes Jørgensen ebenso rituell antwortete, daß das selbstverständlich sei; freilich merkte er schnell, daß da gute Neuigkeiten auf ihn warteten, so daß er ohnehin keinen Grund sah, sie weiterzugeben.
    »Kein Regierungsmitglied empfängt … sie«, sagte Bang.
    »Es wird ein ganz und gar privater Besuch. Arrangiert von einer Tageszeitung. Ich dachte mir, du könntest vielleicht dafür sorgen, daß kein – wie soll ich sagen – Prominenter von der Opposition Zeit abzweigen kann … für ein Treffen.«
    Jørgensen sah den Staatsminister anerkennend an. Er war dafür bekannt, ein großer Taktiker zu sein. Das mußte man in der dänischen Politik auch sein, wenn man in einer Minderheitsregierung überleben wollte. Das hier war gutes Handwerk. Er stand mit seiner Entscheidung nicht allein, sondern hatte den maßgeblichen Teil der Opposition in die Verantwortung genommen. Jørgensens Partei duldete die Regierung jetzt nur noch, aber in der letzten Legislaturperiode hatte sie mit zur Koalition gehört, und Bang wußte, daß er dort noch seine Kontakte hatte. In der dänischen Politik kann man hervorragend im einen Jahr zur Regierung gehören und im nächsten zur Opposition. Das war keine politische Frage, sondern eine der praktischen Notwendigkeit.
    »Das wird sich schon machen lassen«, sagte Jørgensen. »Aber es gibt ja immer ein paar Hinterbänkler, die gern in die Medien wollen.«
    »Das wär nicht so schlimm. Soweit ich informiert bin.«
    Jørgensen blieb einen Augenblick stehen, dann schloß er wieder zu ihm auf. »Das heißt, ihr habt Kontakt mit …?«
    Bang unterbrach ihn sofort. »Unter der Hand wurde uns zu verstehen gegeben, solange die Betreffende nicht von offiziellen Vertretern empfangen wird, würde die Beziehung zwischen unseren Nationen keinen Schaden nehmen.«
    »Daß die Vernunft siegt, finde ich mehr als löblich«, sagte Jørgensen mit zufriedener Miene. Staatsminister Carl Bang hingegen lächelte nicht; er verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken, als wollte er das Gespräch so schnell wie möglich von sich abschütteln.
    Im Auto machte Lise Carlsen ihrer Empörung Luft, und Per mußte dafür herhalten, aber schließlich hatte sie sich Wut und Frustration aus dem Körper geschrien und wurde statt dessen sehr hungrig. Eigentlich ihre übliche Reaktion, wenn sie erregt oder traurig war. Dann kriegte sie Lust zu essen.
    »Sie müssen einen guten Stoffwechsel haben«, sagte Per und lächelte auf eine Art, die sie reizend fand.
    »Er hat ein schönes Lächeln, aber Zähne aus Stahl«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Das ist ein Zitat. Ich weiß nicht mehr, von wem.«
    »Gromyko«, sagte er. »Als er Gorbatschow zum neuen Generalsekretär der KPdSU nominierte. In der guten alten Zeit.«
    »So kann man sie wohl kaum nennen«, sagte sie und dachte an die langweiligen Bürokraten, die sie im Osten getroffen hatte, und die vorsichtigen Autoren, die auf des Messers Schneide balancierten, um die Zensur zu täuschen, und schließlich die Verfolgten, die außer Landes getrieben wurden, falls sie nicht sogar im Gulag endeten. »Gut« würde sie diese Zeit wirklich nicht nennen.
    »Damals war es einfacher, den Unterschied zwischen Freund und Feind zu erkennen«, sagte er.
    »Ich giere nach Pasta.« Sie hatte plötzlich absolut keine Lust mehr, noch irgendeine Debatte zu führen. Und zwar nicht nur wegen des bevorstehenden Besuchs, sondern auch wegen ihrer Beziehung zu Ole. Warum benutzte sie das Wort nicht? Die Ehe. Sie war nicht in Ordnung. Ständig dachte sie daran, sie müßten miteinander sprechen, aber im Grunde wollte sie gar nicht. Ihre Ehe war am Ende, aber das wagte sie nicht laut zu sagen, weder sich noch Ole gegenüber. Sie befand sich in einer unsäglichen Lage, alles kam jetzt zusammen: ihre größte Story, ihre

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