Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
Vom Netzwerk:
Aussicht war schön: grüne Felder und in der Ferne der Westwald. Per hatte die Wohnung nur gemietet. Er wolle nicht an Dinge gebunden sein, sagte er. Das war er nun in der Tat nicht. Die Wände waren weiß und leer bis auf zwei schmucke Samuraischwerter, die über Kreuz an der einen Wand hingen, und ein Stierkampfplakat von Las Ventas in Madrid an der anderen. Erst dachte sie, es sei eines dieser kitschigen Dinger, auf die Touristen den eigenen Namen drucken lassen konnten, aber es war ein Original mit Paco Camino als Hauptkämpfer. Auch die Schwerter wirkten echt und waren wahrscheinlich in Japan gekauft worden. Sie hatte mitbekommen, daß Per den größten Teil seines Geldes für Reisen ausgab. Oder es jedenfalls getan hatte. Auf dem Regal standen nur wenige Bücher: ein paar Kriminalromane und etliche Sachbücher auf englisch über Polizeiarbeit und Geheimdienstfälle. Sie hielt ein Glas Rotwein in der Hand und schaute sich um. Draußen in der Küche hörte sie Per. Er pfiff. Im Wohnzimmer stand ein CD-Spieler mit Kassettendeck. Zu ihrer Überraschung bestand seine Sammlung zumeist aus klassischen Sachen wie Mozart, Beethoven, Bartók und Vivaldi, außerdem Opern und etwas spanischer Gitarrenmusik. Die Möbel sahen aus, als wären sie in einem anständigen, aber nicht übertrieben teuren Möbelhaus gekauft worden. Er besaß einen 20-Zoll-Fernseher mit Videorekorder. Einen ovalen hellen Eßtisch mit sechs Stühlen. Ein Ledersofa und zwei Ledersessel um einen hellen Couchtisch machten die Einrichtung komplett. Auf dem Parkettboden lag lediglich ein farbenprächtiger Perser. Sie fand den Raum reichlich kühl, hatte aber sofort bemerkt, daß die Wohnung peinlich sauber und aufgeräumt war. Er hatte sie kurz herumgeführt. Im Schlafzimmer stand ein normales Doppelbett und am Fenster ein Schreibtisch mit einem tragbaren Computer und einem dieser kleinen Drucker. Das Bett war gemacht, und alles war ordentlich und nett und sehr männlich. »Gibst du mir die Adresse deiner Putzfrau«, hatte sie ironisch gefragt, aber er hatte es für bare Münze genommen und geantwortet, er habe keine. »Ach so, und deine Hemden bügelst du wohl auch selber, was?«
    »Natürlich«, hatte er gesagt, »ich war vier Jahre Berufssoldat«, als erklärte das alles.
    Sogar die Küche war wie geleckt, immerhin sah es hier ein wenig danach aus, als investierte er sein Gehalt auch in die Einrichtung, denn über dem Küchentisch hingen glänzende Kupfertöpfe und Pfannen, die im Kaufhaus Illum ein Heidengeld kosteten. Daneben hing ein Zopf Knoblauch, der auch benutzt wurde, und auf den Schränken lagen Flaschen mit Rot- und Weißwein in Regalen. Einfach und praktisch wie alles in dieser Wohnung. So würden sie und Ole sich nie einrichten. Hätten sie sich nie eingerichtet, korrigierte sie sich gleich. Sie kauften nur das Beste und waren sich der Wirkung und Adresse ihrer Wohnung sehr bewußt. Es wäre für sie undenkbar, woanders als in einem der Kopenhagener Brückenviertel zu wohnen oder eventuell noch im Norden in einem interessanten, individuell entworfenen Haus. Es fiele ihnen nicht im Traum ein, nach Albertslund oder in den Westen zu ziehen. Das ging einfach nicht. Sie hatten sich von der Bürgerlichkeit ihrer Eltern verabschiedet, aber irgendwie hatte Oles und ihre Generation eine Werteskala geschaffen, die genauso bürgerlich wie die ihrer Eltern war. Gewisse Dinge tat man einfach nicht. Irgendwie war sie ein bißchen neidisch auf Per. Hier wohnte ein Mensch, der genau das besaß, was er brauchte, und von heute auf morgen packen und abreisen konnte. Sie und Ole dagegen hatten an materiellen Werten so viel zusammengeschleppt, daß ihr ein Aufbruch völlig unüberschaubar vorkam. Oder eine Scheidung, dachte sie und verdrängte den Gedanken schnell wieder. Sie stellte sich ans Fenster und schaute über den grünen Wald. Was sollte sie bloß tun? Sie fühlte sich fremd, überhaupt nicht wie die Male, als sie zusammen in der konspirativen Wohnung waren. Das war anders und etwas frech, es paßte zu einer heimlichen Affäre und war, als machte man es in einem Hotel. Aber hier in seiner Wohnung empfand sie es anders. Für ihn war es ein Heimspiel, für sie nicht. Was sollte sie machen, wenn Sara Santandas Besuch überstanden war? So ginge es jedenfalls nicht weiter. Oder etwa doch? Lag das nicht in dem Wort »Affäre«? Daß sie eine Weile dauerte, und dann war Schluß? Aber wenn es nun, für sie und für ihn, mehr als eine Affäre war? Was sollte

Weitere Kostenlose Bücher