Der Fluch der bösen Tat
Bild, von dem man aber nur den Nacken erkennen konnte. Es war der Nacken eines jungen Mannes mit hellem kurzgeschnittenem Haar. Per sah Kammarasow an, der sagte: »Das Gesicht gehört Krawtschow. KGB. Ehemals. Ein fauler Apfel.«
»Ah, ihr seid also über ein Nebengleis auf die Geschichte gestoßen.«
Igor nickte. Per wußte, daß noch mehr dahintersteckte, aber man gab nur das Notwendige weiter, ohne die operativen Methoden zu enthüllen. Sie mußten Krawtschow seit langem unter Beobachtung gehabt haben – mit Kameras und Mikrofonen. Vielleicht mit weitreichenden bis in die Umgebungen unter freiem Himmel, wo das Foto gemacht wurde.
»Wo ist es aufgenommen?«
Igor zögerte, aber dann sagte er: »Berlin.«
»Worauf seid ihr aus?«
»Wir haben ihn in Verdacht, ein Mafiamann zu sein. Geldmann. Wir beschatten ihn seit geraumer Zeit. Euer Problem ist eine Nebeneinkunft unsrer Nachforschung. Komm, ich muß ins Büro zurück.«
Sie begannen auf der Mole zurückzugehen. Zwei Freunde im Gespräch.
»Wem gehört der Nacken?« fragte Per.
»Krawtschow hat ihn ein paarmal getroffen. Ich glaube, es ist euer Mann. Sie hatten ein gemeinsames Treffen mit einem Mitarbeiter aus dem Iran. Wir kennen ihn. Rezi, einer ihrer Besten.«
»Und wem gehört also der Nacken, Igor?«
»Das wissen wir nicht.«
»Schlepp Krawtschow nach Moskau. Zu einer kleinen Unterredung.«
»So was geht nicht mehr, Per. Wir glauben, er hat Verbindungen zur Mafia, aber er verwischt seine Spuren gründlich. Er hält sich legal in Deutschland auf. Er ist in eine gute Schule gegangen. Wir haben keine Beweise. Noch nicht. Heutzutage können wir ihn nicht mehr einfach so einbuchten. Wir sind eine Demokratie.«
Per lachte verächtlich. »Und der Mond ist ein grüner Käse.«
Igor blieb stehen und faßte ihn sanft am Arm. »Wer kann hier eigentlich die alten Feindbilder nicht vergessen, hm?«
Per machte sich los. »Hör auf, wie ein Gymnasiast zu reden. Wir beide werden doch nie arbeitslos.«
Kammarasow trat einen Schritt zurück. Per blickte ihm in die Augen. Igor blinzelte nicht, er hielt seinem Blick stand. Die Stimmung zwischen ihnen wurde ein wenig frostig, aber Igor sah als erster weg und sagte: »Wir sind ziemlich sicher, daß er bereits in Dänemark ist. Der Attentäter.«
»Damit der Auftrag ausgeführt wird.«
»Wie abgemacht. Wir sind uns ziemlich sicher.«
»Es ist ein bißchen mager«, sagte Per, obwohl es nach wie vor nicht sein Ernst war. Es war eine aufrichtige Warnung, und es gab keinen Zweifel, daß Igor viel mehr wußte, als er erzählte, aber er erzählte so viel, daß Dänemark seine Vorkehrungen treffen konnte.
»Das ist alles, was wir wissen«, sagte Igor.
»Okay«, sagte Per.
Sie gingen. Kammarasow war in einem blauen Ford Escort mit dem blauen Diplomatenkennzeichen gekommen, er hatte nichts dagegen, daß sein Auto am Hafen gesehen wurde. Es war kein Geheimtreffen, sondern ein Treffen, über das der Botschafter unterrichtet werden würde. Daß Dänemark von Rußland rechtzeitig gewarnt worden war, falls später Schwierigkeiten aufträten. Bei der neuen sensationslüsternen russischen Presse wußte man nie.
Per begleitete Igor zu dessen Auto und reichte ihm die Hand.
»Danke, Igor.«
»Schon gut. Vielleicht stehen wir bei bestimmten Dingen immer noch auf verschiedenen Seiten des Zauns, aber heutzutage sind wir auch Partner. Und es ist unsere Pflicht, einen Partner vor Terror zu warnen.«
»Ja, nun mach mal halblang, Igor. Grüß die Gattin und die Kinder.«
»Auf bald, Per«, sagte der Russe mit einem Lächeln, zog die Autotür zu und fuhr los.
»Darauf kannst du Gift nehmen. So leicht kommst du mir nicht davon«, sagte Per zu sich selbst. Er zog sein Handy hervor, um seine Chefin anzurufen und einen Termin in ihrem überfüllten Kalender durchzusetzen.
Er bekam ihn auf der Stelle, als er andeutete, worum es ging.
Er fuhr nach Bellahøj und ging direkt zu Jytte Vuldom, die hinter ihrem Schreibtisch saß und telefonierte. Sie nickte ihm freundlich zu, und er setzte sich und wartete. Als sie aufgelegt hatte, berichtete er von seinem Gespräch mit Kammarasow. Jytte Vuldom lauschte, ohne ihn zu unterbrechen.
»Er weiß natürlich mehr«, sagte Toftlund.
»Das tut der gute Igor mit Sicherheit«, sagte Vuldom und zündete sich eine Zigarette an.
»Ich brauche noch mehr Leute. Die Bereitschaftspolizei muß mitmachen und sich in der Szene durchfragen. Der Heckenschütze ist bestimmt in irgendeinem Hotel in der
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